Mathematik: Algebraische Topologie 3
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Mathematik

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Algebraische Topologie 3 - Anwendungen der Homologie

Wir haben im letzten Artikel einen Satz von Axiomen für eine Homologietheorie eingeführt und mittels dieser Axiome bereits einen klassischen Satz bewiesen, der mit zu den allerersten Aussagen gehört, die mit Hilfe der algebraischen Topologie bewiesen wurden und mit zu ihrem großen Erfolg beigetragen haben: Der Satz von der Invarianz der Dimension. Wir werden in diesem Artikel drei weitere solcher klassischen Sätze kennenlernen und beweisen: Den Fixpunktsatz von Brouwer, den Trennungssatz von Jordan und Brouwer sowie den Gebietsinvarianzsatz.


Inhalt



Reduzierte Homologien

Wir haben im letzten Artikel bereits festgestellt, dass das Dimensionsaxiom eine Art "Normalisierung" der Eilenberg-Steenrod-Axiome darstellt, von der aber eigentlich nicht viel abhängig ist. Die so genannte reduzierte Homologie ist eine Abwandlung der Homologie, die in der Regel ohne Zuhilfenahme des Dimensionsaxioms schon sehr gut berechnet werden kann und so von der konkret gewählten "Normalisierung" unabhängig ist.
Definition: Reduzierte Homologie
Sei P ein Einpunktraum und X\neq\emptyset. Dann gibt es genau eine Abbildung X\to\ P \(die automatisch auch stetig ist\). Der Kern der induzierten Abbildung H_\*(X)\to\ H_\*(P) sei mit H^~_\*(X) bezeichnet und wird array(reduzierte Homologie)____ von X genannt. Ein Raum, der H^~_\*(X)=0 erfüllt, heißt azyklisch____.
Einige Autoren definieren die reduzierte Homologie auch für den leeren Raum, indem sie z.B. H^~_n(\emptyset):=cases(R,n=-1;0,sonst) setzen. Die reduzierte Homologie des leeren Raums wird aber selten bis gar nicht gebraucht. Die Definition dient nur der Vollständigkeit und wir werden sie nicht brauchen. Die erste Frage ist natürlich, ob das Ganze überhaupt wohldefiniert ist, d.h. ob die Wahl von P eine Rolle spielt. Wir überlegen uns das gleich zusammen mit der Tatsache, dass die reduzierte Homologie funktoriell in X ist: define(labelA,X) define(labelB,Y) define(labelC,P) define(labelD,Q) define(labelHA,H_\*(X)) define(labelHB,H_\*(Y)) define(labelHC,H_\*(P)) define(labelHD,H_\*(Q)) define(labelf,\small\ f) define(labelexcl,\small\!) define(iso,\small\ opimg(~=)) define(labelfast,\small\ f_\*) define(labelexclast,\small\!_\*) \geo makro(point, konst(%3.x,%1) konst(%3.y,%2) punkt(%3.x,%3.y,%3) ) konst(dx,0.2) konst(dy,0.15) makro(node,\ point(%1-dx,%2+dy,%3.NW) point(%1,%2+dy,%3.N) point(%1+dx,%2+dy,%3.NE)\ point(%1-dx,%2 ,%3.W) point(%1,%2 ,%3) point(%1+dx,%2 ,%3.E) \ point(%1-dx,%2-dy,%3.SW) point(%1,%2-dy,%3.S) point(%1+dx,%2-dy,%3.SE)\ ) makro(arrow,\ punktform(of) pfeil(%1,%2,%3) punktform(.) \ node(0.5*(%1.x+%2.x),0.5*(%1.y+%2.y),%3.mid) \ ) x(-0.25,3.25) y(-0.25,1.25) noaxis() ebene(350,150) nolabel() punktform(.) konst(dx,0.1) node(0,1,A) node(1,1,B) node(0,0,C) node(1,0,D) konst(dx,0.25) node(2,1,HA) node(3,1,HB) node(2,0,HC) node(3,0,HD) replace() arrow(A.E,B.W,ar) arrow(HA.E,HB.W,ar) arrow(C.E,D.W,ar) arrow(HC.E,HD.W,ar) arrow(A.S,C.N,ar) arrow(HA.S,HC.N,ar) arrow(B.S,D.N,ar) arrow(HB.S,HD.N,ar) print(\labelA,-0.05,1.075) print(\labelB, 0.95,1.075) print(\labelC,-0.05,0.075) print(\labelD, 0.95,0.075) print(\labelHA, 1.80,1.075) print(\labelHB, 2.80,1.075) print(\labelHC, 1.80,0.075) print(\labelHD, 2.80,0.075) print(\labelf, 0.5,1.2) print(\labelexcl,0.1,0.6) print(\labelexcl,1.1,0.6) print(\labelexcl,0.5,0.2) print(\iso, 0.5,-0.1) print(\labelfast, 2.4,1.2) print(\labelexclast,2.1,0.6) print(\labelexclast,3.1,0.6) print(\labelexclast,2.4,0.2) print(\iso, 2.4,-0.1) \geooff Betrachte zwei nichtleere Räume X,Y und zwei Einpunkträume P,Q sowie eine stetige Abbildung f:X\to\ Y. Da es immer nur genau eine Abbildung in einen Einpunktraum \(im Diagramm mit \! bezeichnet\) gibt, kommutiert dann das linke Diagramm: geoprint() Also kommutiert auch das rechte Diagramm. Nun ist P\to\ Q natürlich ein Homöomorphismus, d.h. der untere Pfeil auch der Homologieseite ist ein Isomorphismus. Daher sind die Kerne von H_\*(X)\to\ H_\*(Q)=H_\*(X)\to\ H_\*(P)\to\ H_\*(Q) und H_\*(X)\to\ H_\*(P) gleich. Das zeigt die Wohldefiniertheit von H^~_\*(X). Außerdem sagt die Kommutativität des Diagramms, dass der Kern von H_\*(X)\to\ H_\*(P) durch f_\* in den Kern von H_\*(Y)\to\ H_\*(Q) abgebildet werden muss, d.h. f_\* schränkt sich zu einer Abbildung H^~_\*(X)\to\ H^~_\*(Y) ein. Damit ist H^~_\* ein Funktor. Die reduzierte Homologie hat weitere nützliche Eigenschaften:
Sei X\neq\emptyset, x_0\in\ X fest und P:=menge(x_0). Dann gilt: \ll(a)H_\*(X)~=H^~_\*(X)\oplus\ H_\*(P) \ll(b)H^~_\*(X)~=H_\*(X,P)
define(labeldots,\cdots) define(labelA1,H_n(P)) define(labelB1,H_n(X)) define(labelC1,H_n\.\(X\,P\)) define(labelD1,H_n\-1\.\(P\)) define(labelA0,H_n(P)) define(labelB0,H_n(P)) define(labelC0,H_n\.\(P\,P\)) define(labelD0,H_n\-1\.\(P\)) define(labeli,\small\ i_\*) define(labelj,\small\ j_\*) define(labelpi,\small\pi_\*) define(labelid,\small\ id) define(labelpd,\small\partial_\*) define(label0,\small\ 0) \geo makro(point, konst(%3.x,%1) konst(%3.y,%2) punkt(%3.x,%3.y,%3) ) konst(dx,0.2) konst(dy,0.15) makro(node,\ point(%1-dx,%2+dy,%3.NW) point(%1,%2+dy,%3.N) point(%1+dx,%2+dy,%3.NE)\ point(%1-dx,%2 ,%3.W) point(%1,%2 ,%3) point(%1+dx,%2 ,%3.E) \ point(%1-dx,%2-dy,%3.SW) point(%1,%2-dy,%3.S) point(%1+dx,%2-dy,%3.SE)\ ) makro(arrow,\ punktform(of) pfeil(%1,%2,%3) punktform(.) \ node(0.5*(%1.x+%2.x),0.5*(%1.y+%2.y),%3.mid) \ ) x(0.25,4.75) y(-0.25,1.25) noaxis() ebene(500,150) nolabel() punktform(.) konst(dx,0.15) node(0.3,1,dotss1) node(4.7,1,dotse1) node(0.3,0,dotss0) node(4.7,0,dotse0) konst(dx,0.25) node(1,1,A1) node(2,1,B1) node(1,0,A0) node(2,0,B0) konst(dx,0.30) node(3,1,C1) node(4,1,D1) node(3,0,C0) node(4,0,D0) replace() arrow(dotss1.E,A1.W,ar) arrow(A1.E,B1.W,ar) arrow(B1.E,C1.W,ar) arrow(C1.E,D1.W,ar) arrow(D1.E,dotse1.W,ar) arrow(dotss0.E,A0.W,ar) arrow(A0.E,B0.W,ar) arrow(B0.E,C0.W,ar) arrow(C0.E,D0.W,ar) arrow(D0.E,dotse0.W,ar) arrow(A1.S,A0.N,ar) arrow(B1.S,B0.N,ar) arrow(C1.S,C0.N,ar) arrow(D1.S,D0.N,ar) print(\labeldots,0.2,0.075) print(\labelA0, 0.80,0.075) print(\labelB0, 1.80,0.075) print(\labelC0, 2.75,0.075) print(\labelD0, 3.75,0.075) print(\labeldots,4.6,0.075) print(\labeldots,0.2,1.075) print(\labelA1, 0.80,1.075) print(\labelB1, 1.80,1.075) print(\labelC1, 2.75,1.075) print(\labelD1, 3.75,1.075) print(\labeldots,4.6,1.075) print(\labeli, 1.40,1.2) print(\labelj, 2.40,1.2) print(\labelpd,3.40,1.2) print(\labelid,1.40,0.2) print(\label0, 2.45,0.2) print(\label0, 3.45,0.2) print(\labelid,1.10,0.6) print(\labelpi,2.10,0.6) print(\label0, 3.10,0.6) print(\labelid,4.10,0.6) \geooff \blue\ Beweis: Man betrachte das kommutative Diagramm, das aus den beiden langen, exakten Sequenzen für die Raumpaare (X,P) und (P,P) entsteht. Wir führen für die dabei auftretenden Inklusionen die Bezeichnungen i:(P,\emptyset)\to\ (X,\emptyset), j:(P,\emptyset)\to(X,P) ein. Die Abbildung (X,\emptyset)\to(P,\emptyset) sei mit \pi bezeichnet. geoprint() Nun ist H_n(P,P)=0 und H_n(P)\to\ H_n(P) die Identität. Wegen der Kommutativität ist \pi_\*\circ\ i_\*=id, d.h. die Sequenz 0\to H^~_n(X)\to H_n(X)\to H_n(P)\to 0 spaltet. Das zeigt a. Daraus folgt u.A., dass im(i_\*) ein Komplement zu H^~_n(X)=ker(\pi_\*) in H_n(X) ist. Die Abbildung j_\*, deren Kern genau im(i_\*) ist aufgrund der Exaktheit, bildet also H^~_n(X) isomorph auf eine Untergruppe von H_n(X,P) ab. Nun ist erneut wegen der Kommutativität 0\circ\ 0=id\circ\partial_\*, d.h. \partial_\*=0. Also ist H_n(X,P)=ker(\partial_\*)=im(j_\*)~=H^~_n(X). Das zeigt b. \blue\ q.e.d. Wenn man sich den Beweis genau anschaut, sieht man außerdem, dass die Isomorphismen natürlich in (X,x_0) sind. Die beiden Lemmata zeigen uns u.A. auch, dass wir im letzten Artikel schon ohne es zu wissen, die reduzierten Homologien von S^n ausgerechnet haben und dass das Phänomen, dass der Isomorphietyp von H_n(X,\{x\}) gar nicht vom gewählten Punkt x\in\ X abhängig ist, tatsächlich eine allgemein gültige Eigenschaft ist. Wir haben also im letzten Artikel u.A. gezeigt, dass H^~_k(X) = 0 für alle konvexen X, H^~_k(S^n) ~= H_(n-k)(P) \(ohne Verwendung des Dimensionsaxioms\), und daher insbesondere H^~_k(S^n) ~= cases(R,n=k;0,sonst) \(mit Dimensionsaxiom\) gilt. Der Fakt H^~_n(X)~=H_n(X,P) ist für uns auch deshalb besonders nützlich, weil er es erlaubt, lange exakte Sequenzen für H^~ zu benutzen wie die Mayer\-Vietoris\-Sequenz. Das werden wir im Folgenden auch immer wieder tun.

Der Brouwer'sche Fixpunktsatz

Die erste Anwendung, die wir in diesem Artikel besprechen wollen, ist der Brouwer'sche Fixpunktsatz:
Brouwer'scher Fixpunktsatz, Version 1
Jede stetige Abbildung f: D^n\to\ D^n hat einen Fixpunkt. Dabei meint D^n die n\-dimensionale Einheitskugel menge(x\in\IR^n | norm(x)_2<=1).
Wir werden für den Beweis folgende Aussage brauchen, die eine äquivalente Umformulierung des Fixpunktssatzes ist, sich aber einfacher beweisen lässt:
Brouwer'scher Fixpunktsatz, Version 2
S^(n-1) ist kein Retrakt von D^n, d.h. es gibt keine stetige Abbildung h:D^n\to\ S^(n-1), sodass h|array(\small\ $ ;\|S^(n-1)\normal)=id|array(\small\ $ ;S^(n-1)).
\geo xy(-2,2) noaxis() nolabel() punktform(.) punkt(0,0,X) kreis(X,2,K) punkt(-1,-1,FX) strahl(FX,X,g) schnittpunkt(g,K,HX,+) kreis(FX,0.04,k1) kreis(X,0.04,k2) kreis(HX,0.04,k3) fill(k1,000000) fill(k2,000000) fill(k3,000000) print(f(x),-0.9,-1) print(x,0.1,0) print(h(x),1.55,1.5) print(t\=0,-1.3,-0.9) print(t\=1,-0.3,0.1) print(t\(x\),1.05,1.5) \geooff \blue\ Beweis der Äquivalenz: In einer Richtung ist das klar, denn gäbe es so eine Retraktion h:D^n\to\ S^(n-1), so müsste -h:x\mapsto\ -h(x) als Abbildung D^n\to\ D^n einen Fixpunkt x_0\in\ D^n haben. Da aber das Bild von -h in S^(n-1) enthalten ist, muss auch x_0\in\ S^(n-1) sein. Nun gilt aber -h(x)=-x!=x für alle Punkte x\in\ S^(n-1), also kann keiner von denen ein Fixpunkt sein. Nehmen wir für die Umkehrung an, es gäbe ein stetiges f:D^n\to\ D^n, das keinen Fixpunkt hat. Dann gilt also f(x)!=x für alle x\in\ D^n. Die Idee ist jetzt, von f(x) ausgehend eine Gerade durch x zu legen. Diese muss in einem eindeutig bestimmten Punkt h(x) den Rand der Kugel, also S^(n-1) schneiden. geoprint() Dieses h ist dann eine Retraktion von D^n auf S^(n-1). Das rechnen wir im Detail nach. Die Punkte auf der Geraden haben die Form tx+(1-t)f(x)=f(x)+t(x-f(x)) mit t\in\IR. Die Punkte, die von f(x) in Richtung x liegen, entsprechen dabei t>=0. Es gilt: 1=norm(f(x)+t(x-f(x)))^2=norm(f(x))^2+2t\+t^2*norm(x-f(x))^2 <=> t=array(-\ +- sqrt(\^2-4*(norm(f(x))^2-1)*norm(x-f(x))^2))/(2*norm(x-f(x))^2) Da wir nur t>=0 betrachten wollen, interessiert uns nur das positive Vorzeichen vor der Wurzel. Diese Lösung nennen wir t(x). t(x) ist dann offenbar eine stetige Abbildung, sodass auch die Abbildung h(x):=f(x)+t(x)*(x-f(x)) stetig ist und nach Wahl von t(x) ist h(x)\in\ S^(n-1) für alle x. Außerdem beobachten wir, dass t=1 eine Lösung ist, falls norm(x)=1 ist. Daher ist h(x)=x für alle x\in\ S^(n-1). Damit haben wir eine Retraktion gefunden. \blue\ q.e.d. Kommen wir nun zum Beweis des Satzes. Die Eigenschaften einer Homologietheorie machen den Beweis der zweiten Version nun sehr einfach: \blue\ Beweis des Fixpunktsatzes: Angenommen, es gäbe eine Retraktion h:D^n\to\ S^(n-1). Ist dann i:S^(n-1)\hookrightarrow\ D^n die Inklusion, so gilt also h\circ\ i=id|array(\small\ $ ;S^(n-1)\normal). Wenden wir darauf die Homologie an, so erhalten wir h_\*\circ\ i_\*=id. Speziell müsste also H^~_(n-1)(S^(n-1))\to\ H^~_(n-1)(D^n)\to\ H^~_(n-1)(S^(n-1)) die Identität sein. Nun ist jedoch D^n konvex, also zusammenziehbar. Die reduzierte Homologie H^~_\*(D^n) ist daher gleich 0. Die Abbildung h_\*\circ\ i_\*, die durch den Nullmodul geht, muss also auch gleich 0 sein. Da aber H^~_(n-1)(S^(n-1))!=0 ist, ist das ein Widerspruch dazu, dass diese Abbildung gleichzeitig die Identität von H^~_(n-1)(S^(n-1)) ist. \blue\ q.e.d. Natürlich ist die Aussage des Satzes auch für jeden Raum richtig, der zu einem D^n homöomorph ist. Das trifft z.B. auf alle kompakten, konvexen Teilmengen von \IR^m zu. Damit hat man den ersten Schritt hin zu einer weitreichenden Verallgemeinerung des Brouwer'schen Fixpunktsatzes getan, dem so genannten Schauder'schen Fixpunktsatz. Diesen habe ich (für den lokalkonvexen Fall, der fast schon der ganz allgemeine ist) bereits einmal im Artikel Lokalkonvexe Räume und Fixpunktsätze bewiesen. Damals habe ich den Brouwer'schen Fixpunktsatz noch ohne Beweis zitiert. Diesen Beweis haben wir nun eben geführt.

Der Jordan'sche Trennungssatz

Ein klassisches Beispiel für einen Satz, der anschaulich völlig klar, aber notorisch schwer zu beweisen ist, ist der so genannte Jordan'sche Kurvensatz:
Jordan'scher Kurvensatz
Sei K\subseteq\IR^2 eine Jordankurve, d.h. ein homöomorphes Bild von S^1. Dann gilt: \ll(a)\IR^2 \\ K hat genau zwei Zusammenhangskomponenten. \ll(b)Exakt eine von diesen ist beschränkt. Sie wird als das Innere____ der Kurve bezeichnet, die unbeschränkte Komponente heißt entsprechend das Äußere____. \ll(c)K ist der gemeinsame Rand der beiden Komponenten. Besonders interessant ist auch: \ll(d)(Schönflies' Zusatz) Ein Homöomorphismus S^1\to\ K kann zu einem Homöomorphismus \IR^2\to\IR^2 fortgesetzt werden, insbesondere ist das Innere der Kurve zur offenen Kreisscheibe homöomorph.
Der Satz ist anschaulich derart einleuchtend, dass man unter Umständen vielleicht gar nicht auf die Idee kommt, ihn überhaupt beweisen. Man ist versucht, die Aussage ohne Weiteres Nachdenken als "klar" abzutun. Wer aber tatsächlich einmal versucht, einen ad-hoc-Beweis zu finden, wird feststellen, dass der Satz in dieser Hinsicht besonders hartnäckig ist. Dass es genau eine unbeschränkte Komponente gibt, ist noch mit etwas topologischem Grundwissen zu erledigen. Der Haken liegt bei (a) und (b). Dass es genau zwei Komponenten gibt, ist alles andere als trivial, obwohl geometrisch völlig einleuchtend. Es ist nicht einmal ohne Weiteres einzusehen, dass es überhaupt mehr als eine Komponente gibt, dass die Kurve die Ebene also tatsächlich zerlegt. Daher fällt eine Definition, was ein "innerer Punkt" einer Kurve ist, oftmals auch so schwer. Man kann zwar für spezielle Kurven (etwa für stückweise lineare oder einmal stetig diffbare) schnell einfache Definitionen hinschreiben und die Aussage dann auch elementar beweisen, der allgemeine Fall erweist sich aber als erstaunlich widerspenstig. Der Satz von Schönflies wartet noch mit einer zusätzlichen Gemeinheit auf: Während die Aussagen (a), (b), (c) bei geeigneter Formulierung eins zu eins in n-dimensionale übertragbar sind, ist (d) eine Eigenheit der reellen Ebene. Die so genannte Alexander'sche Sphäre liefert ein Gegenbeispiel im Dreidimensionalen. Die allgemeine Formulierung des Jordan'schen Kurvensatzes verallgemeinert die Situation auf den n\-dimensionalen Raum. Bettet man den \IR^n per stereographischer Projektion in S^n ein, so ergibt sich ein symmetrischeres Bild, in dem nicht mehr zwischen den beiden Komponenten unterschieden werden muss:
Jordan-Brouwer Trennungssatz
Sei \Sigma\subseteq\ S^n ein zu S^(n-1) homöomorpher Teilraum. Dann hat S^n \\ \Sigma genau zwei Zusammenhangkomponenten, deren gemeinsamer Rand \Sigma ist.
Diesen Satz wollen wir nun beweisen. Dazu brauchen wir etwas Vorarbeit.

Eigenschaften der Homologie

Im Gegensatz zu den bisher bewiesenen Sätze kommen wir beim Beweis des Trennungssatzes von Jordan-Brouwer nicht mehr ausschließlich mit den Eilenberg-Steenrod Axiomen aus. Wir werden ein zusätzliches Axiom brauchen, das Axiom vom kompakten Träger, und eine weitere Aussage, die nicht als Axiom zählt. Beides wird von der singulären Homologie mit Leichtigkeit erfüllt, wie wir im nächsten Artikel sehen werden. Andere Homologietheorien erfüllen diese beiden Eigenschaften jedoch u.U. nicht. Das Axiom vom kompakten Träger wird von den meisten Autoren nicht als Eilenberg-Steenrod-Axiomen aufgelistet (obwohl es bei Eilenberg selbst dazugezählt wird). Es kommt wie auch das Homotopie- und das Ausschneidungsaxiom in zwei äquivalenten Varianten daher, von denen die erste einfacher zu beweisen und die zweite angenehmer zu benutzen ist:
Axiom vom kompakten Träger
Sei (X,A) ein topologisches Paar. Ein Paar von Unterräumen (K,L)\subseteq(X,A) heißt array(kompaktes Paar)____, wenn K und L kompakt sind. Man schreibt dafür manchmal auch (K,L) opimg(\subset)||opimg(\subset) (X,A). Eine Homologietheorie H_\* hat array(kompakten Träger)____, falls folgende äquivalente Bedingungen für alle topologischen Paare (X,A) erfüllt sind: \ll(a)Die Inklusionen K\hookrightarrow\ X der kompakten Teilmengen induzieren einen Isomorphismus \ll()lim(array(\textrightarrow;K opimg(\subset)||opimg(\subset) X),H_\*(K)) \to H_\*(X) \ll()$ \ll(b)Sei (X_i, A_i)_(i\in\ I) ein gerichtetes System von Raumpaaren \subseteq(X,A), sodass für alle kompakten Paare (K,L)\subseteq(X,A) ein i\in\ I existiert mit (K,L)\subseteq(X_i, A_i). Dann induzieren die Inklusionen j_i: (X_i, A_i)\hookrightarrow(X,A) einen Isomorphismus \ll()lim(array(\textrightarrow;i),H_\*(X_i, A_i)) \to H_\*(X,A)
define(labeldots,\cdots) define(labelX0,H_n(X)) define(labelA0,H_n(A)) define(labelXA0,H_n(X,A)) define(labelX1,lim(\textrightarrow,H_n\.\(X_i\.\))) define(labelA1,lim(\textrightarrow,H_n\.\(A_i\.\))) define(labelXA1,lim(\textrightarrow,H_n\.\(X_i\,A_i\.\))) define(labelX2,H_n\.\(X_i\.\)) define(labelA2,H_n\.\(A_i\.\)) define(labelXA2,H_n\.\(X_i\,A_i\.\)) define(labelinkl,\small\ opimg(\subseteq)_\*) \geo makro(point, konst(%3.x,%1) konst(%3.y,%2) punkt(%3.x,%3.y,%3) ) konst(dx,0.2) konst(dy,0.15) makro(node,\ point(%1-dx,%2+dy,%3.NW) point(%1,%2+dy,%3.N) point(%1+dx,%2+dy,%3.NE)\ point(%1-dx,%2 ,%3.W) point(%1,%2 ,%3) point(%1+dx,%2 ,%3.E) \ point(%1-dx,%2-dy,%3.SW) point(%1,%2-dy,%3.S) point(%1+dx,%2-dy,%3.SE)\ ) makro(arrow,\ punktform(of) pfeil(%1,%2,%3) punktform(.) \ node(0.5*(%1.x+%2.x),0.5*(%1.y+%2.y),%3.mid) \ ) x(-0.25,5.25) y(-0.25,2.25) noaxis() ebene(550,250) nolabel() punktform(.) konst(dx,0.1) node(0,0,N0a) node(5,0,N0b) node(0,1,N1a) node(5,1,N1b) node(0,2,N2a) node(5,2,N2b) konst(dx,0.25) node(1,0,A0) node(2.5,0,X0) konst(dx,0.35) node(4,0,XA0) konst(dx,0.4) node(1,1,A1) node(2.5,1,X1) konst(dx,0.5) node(4,1,XA1) konst(dx,0.25) node(1,2,A2) node(2.5,2,X2) konst(dx,0.40) node(4,2,XA2) replace() arrow(N0a.E,A0.W,ar) arrow(A0.E,X0.W,ar) arrow(X0.E,XA0.W,ar) arrow(XA0.E,N0b.W,ar) arrow(N1a.E,A1.W,ar) arrow(A1.E,X1.W,ar) arrow(X1.E,XA1.W,ar) arrow(XA1.E,N1b.W,ar) arrow(N2a.E,A2.W,ar) arrow(A2.E,X2.W,ar) arrow(X2.E,XA2.W,ar) arrow(XA2.E,N2b.W,ar) arrow(A1.S,A0.N,ar) arrow(X1.S,X0.N,ar) arrow(XA1.S,XA0.N,ar) print(\labeldots,-0.10,0.075) print(\labeldots, 4.95,0.075) print(\labeldots,-0.10,1.075) print(\labeldots, 4.95,1.075) print(\labeldots,-0.10,2.075) print(\labeldots, 4.95,2.075) print(\labelX0, 0.80,0.075) print(\labelA0, 2.30,0.075) print(\labelXA0,3.70,0.075) print(\labelX1, 0.60,1.075) print(\labelA1, 2.10,1.075) print(\labelXA1,3.50,1.075) print(\labelX2, 0.80,2.075) print(\labelA2, 2.30,2.075) print(\labelXA2,3.65,2.075) print(\labelinkl,1.7, 0.2) print(\labelinkl,3.2, 0.2) print(\labelinkl,1.7, 1.2) print(\labelinkl,3.2, 1.2) print(\labelinkl,1.7, 2.2) print(\labelinkl,3.2, 2.2) print(\labelinkl, 1.1, 0.6) print(\labelinkl, 2.6, 0.6) print(\labelinkl, 4.1, 0.6) \geooff \blue\ Beweis der Äquivalenz: \ref(a) ist offenbar ein Spezialfall von \ref(b), da ist also nicht viel zu zeigen. Umgekehrt folgt aber auch \ref(b) aus \ref(a), da lim(array(\textrightarrow;i), H_\*(X_i)) array(\small\ref(a);\normal\ opimg(~=);\small$\normal) lim(array(\textrightarrow;i),lim(array(\textrightarrow;K opimg(\subset)||opimg(\subset) X_i),H_\*(K)) ~= lim(array(\textrightarrow;K opimg(\subset)||opimg(\subset) X),H_\*(K)) array(\small\ref(a);\normal\ opimg(~=);\small$\normal) H_\*(X) Wobei die Voraussetzung in der zweiten Isomorphie steckt. Analog gilt auch lim(array(\textrightarrow;i), H_\*(A_i)) ~= H_\*(A) Betrachten wir jetzt die langen, exaktenen Sequenz der Paare (X_i, A_i) geoprint(,,-0.25,1.75,5.25,2.25) und nehmen den direkten Limes. Da (X_i, A_i)_(i\in\ I) ein gerichtetes System ist, ist das Ergebnis wieder eine exakte Sequenz und mit den inklusionsinduzierten Homomorphismen ergibt sich folgendes, kommutatives Diagramm: geoprint(,,-0.25,-0.25,5.25,1.25) Nach obiger Überlegung sind nun jeweils zwei von drei aufeinanderfolgenden senkrechten Pfeilen Isomorphismen. Das Fünfer\-Lemma sagt uns also, dass auch der Pfeil zwischen den relativen Homologien ein Isomorphismus ist. \blue\ q.e.d. Eine nützliche Anwendung des Axioms, die wir im folgenden auch benutzen werden, ist folgendes Lemma:
Lemma
Sei (X,A) ein Raumpaar und (U_\alpha, V_\alpha) ein gerichtetes System von Teilmengen U_\alpha\subseteq\ X, V_\alpha\subseteq\ A, die in X bzw. in A offen sind. Ist nun X=union(U_\alpha,\alpha) und A=union(V_\alpha,\alpha), dann induzieren die Inklusionen einen Isomorphismus lim(\textrightarrow,H_\*(U_\alpha,V_\alpha)) \to H_\*(X,A)
\blue\ Beweis: Das folgt aus \ref(b) im Axiom. Denn sei etwa (K,L)\subseteq(X,A) ein kompaktes Paar. Dann sind K\subseteq\ X=union(U_\alpha) und L\subseteq\ A=union(V_\alpha) offene Überdeckungen. Es gibt also endliche Indexmengen I,J mit: K\subseteq\ union(U_\alpha,\alpha\in\ I) und L\subseteq\ union(V_\alpha,\alpha\in\ J) Nun handelt es sich um ein gerichtetes System und I\union\ J ist endlich, d.h. es gibt ein \alpha_0, sodass (U_\alpha, V_\alpha)\subseteq(U_\alpha_0, V_\alpha_0) für alle \alpha\in\ I\union\ J gilt. Für dieses \alpha_0 ist nun (K,L)\subseteq(U_\alpha_0, V_\alpha_0). Damit liefert uns Aussage \ref(b) im Axiom die gewünschte Aussage. \blue\ q.e.d. Als zweites werden wir folgende Spezialität der singulären Homologie benötigen, die sich aus der Konstruktion der singulären Homologie ohne Aufwand ergeben wird. Der Beweis wird trotzdem auf den nächsten Artikel verschoben, um dann die Definition und die wichtigsten Eigenschaften der singulären Homologie auf einen Streich zu behandeln.
Wegzusammenhangskomponenten in der singulären Homologie
Sei X ein topologischer Raum und W die Menge der Wegzusammenhangskomponenten von X. Dann ist H_0(X) zum freien R\-Modul mit Basis W isomorph: H_0(X)~=R^\(W\) Insbesondere gilt, falls der Koeffizientenring R ein Körper ist \(allgemeiner: Wenn der Rang freier R\-Moduln wohldefiniert ist\): dim H_0(X)=abs(W).
Dieser Satz ist tatsächlich eine Spezialität der singulären Homologie. Die Čech-(Ko)Homologie besitzt z.B. die analoge Eigenschaft für Zusammenhangskomponenten. Wenn man einen Raum betrachtet, in dem die Anzahl der Wegzusammenhangskomponenten größer als die der Zusammenhangskomponenten ist (z.B. die Sinuskurve des Topologen), dann liefern die singuläre und die Čech-(Ko)Homologie unterschiedliche Gruppen. Was man aber aus den Axiomen folgern kann, ist folgende Abschwächung des Satzes:
Lemma: Zahl der Zusammenhangskomponenten
Sei R ein Körper und X!=\emptyset. Es gilt: \ll(a)1<=dim H_0(X) Ist X lokal zusammenhängend oder hat nur endlich viele Zusammenhangskomponenten, so gilt weiter: \ll(b)Anzahl der Zusammenhangskomponenten <= dim H_0(X) \ll(c)Ist X!=\emptyset und H^~_0(X)=0, so hat X genau eine Zusammenhangskomponente. Insbesondere sind azyklische Räume zusammenhängend.
\blue\ Beweis: Wir haben H_0(X)~=H_0(P)\oplus\ H^~_0(X)~=R\oplus\ H^~_0(X), d.h. dim H_0(X)>=dim R=1. Das zeigt \ref(a). Sei für \ref(b) X=union(X_i,i\in\ I,opimg(*)) die Zerlegung in Zusammenhangskomponenten. Die Voraussetzungen sagen, dass die X_i offen sind. Abgeschlossen sind sie sowieso, d.h. X ist die topologische Summe der X_i. Das Additivitätsaxiom sagt nun H_0(X) ~= bigop(\oplus,H_0(X_i),i\in\ I) Da jede Komponente nichtleer ist, ist daher nach \ref(a): dim H_0(X) = sum(dim H_0(X_i),i\in\ I) >= sum(1,i\in\ I) = abs(I) \ref(c) folgt daraus, denn dim H_0(X)=dim R\oplus\ H^~_0(X)=1+0 => höchstens eine Zusammenhangskomponente. \blue\ q.e.d. Auf die Bedingung, dass R ein Körper sein muss, könnte man auch verzichten, wenn man vorsichtig mit dem Dimensionsbegriff umgeht. Das ist aber hier nicht weiter von Bedeutung.

Beweis des Trennungssatzes

Schreiten wir voran zum Beweis des Trennungssatzes. Dafür werden wir in drei Schritten vorgehen:
Schritt 1: Azyklische Komplemente
Sei S ein Hausdorffraum und Y ein kompakter Raum, sodass für jede Einbettung f:Y\to\ S das Komplement S \\ f(Y) azyklisch ist, d.h. H^~_\*(S \\ f(Y))=0. Dann hat Y\times\ I diesselbe Eigenschaft.
\blue\ Beweis: Sei f:Y\times\ I\to\ S eine Einbettung. Angenommen, es ist H^~_\*(S \\ f(Y\times\ I))!=0. Wir konstruieren rekursiv I_k, U_k, h_k mit folgenden Eigenschaften: (i) Die I_k sind eine absteigende Folge kompakter Intervall \subseteq\ I und I_k hat die Länge 2^(-k). (ii) U_k = S \\ f(Y\times\ I_k), d.h. U_k sind eine aufsteigende Folge. (iii) h_k\in\ H^~_\*(U_k) ist ein Element !=0 und h_k wird durch die inklusionsinduzierte Abbildung auf h_(k-1) abgebildet. Wir beginnen mit I_0:=I. Da nach Annahme H^~_\*(U_0)=H^~_\*(S \\ f(Y\times\ I)) ungleich 0 ist, gibt es einen Index n\in\IZ und ein Element 0!=h_0\in\ H^~_n(U_0). Ist I_k=[](a,b) gegeben, so setze c:=(a+b)/2, J_\-:=[](a,c), J_\+:=[](c,b) sowie V_opimg(+-):=S \\ f(Y\times\ J_opimg(+-)). Dann ist I_k=J_\+ \union J_\- und J_\+\cut\ J_\-=\{c\} => V_\+ \cut V_\- = S^n \\ (f(Y\times\ J_\+) \union f(Y\times\ J_\-)) = S \\ f(Y\times\ I_k) = U_k V_\+ \union V_\- = S^n \\ (f(Y\times\ J_\+) \cut f(Y\times\ J_\-)) = S \\ f(Y\times\{c\}) Y\times\ J_opimg(+-) ist kompakt, das Bild also auch. Daher sind V_opimg(+-) in S^n offen und wir können Mayer\-Vietoris anwenden. Wir erhalten die exakte Sequenz H^~_(n+1)(V_\+\union\ V_\-) \to H^~_n(V_\+ \cut V_\-) \to\ H^~_n(V_\+)\oplus\ H^~_n(V_\-) \to H^~_n(V_\+\union\ V_\-) Da nun aber die reduzierten Homologien von V_\+\union\ V_\-= S \\ f(Y\times\{c\}) alle 0 sind, sind die beiden mittleren Terme also isomorph. Die Isomorphie H^~_n(U_k)=H^~_n(V_\+ \cut V_\-) \to\ H^~_n(V_\+)\oplus\ H^~_n(V_\-) ist in beiden Komponenten von der jeweiligen Inklusion induziert. Nun ist h_k ein Element ungleich 0 auf der rechten Seite. Das entsprechende Elemente (x_\+, x_\-) auf der rechten Seite muss also auch !=0 sein. Je nachdem, ob x_\+!=0 oder x_\-!=0 ist, setzen wir nun I_(k+1):=J_opimg(+-) und h_(k+1):=x_opimg(+-). Nun haben wir eine Intervallschachtelung I_0\supseteq\ I_1\supseteq... mit gegen 0 gehendem Durchmesser. Es gibt also genau ein Element x im Durchschnitt: \{x\}=cut(I_k,k\in\IN). Damit ist U:=union(U_k,k\in\IN)=S \\ f(cut(Y\times\ I_k,k\in\IN))=S \\ f(Y\times\{x\}) azyklisch. Wir benutzen nun das obige Lemma: Die Inklusionen U_k\hookrightarrow\ U induzieren einen Isomorphismus lim(\textrightarrow,H^~_n(U_k)) ~= H^~_n(U)=0 Nun haben wir aber auch eine Kette von Elementen h_k\in\ H^~_n(U_k) h_0 \mapsto h_1 \mapsto h_2 \mapsto ... die alle ungleich 0 sind. Also ist auch das entsprechende Element h\in\ lim(\textrightarrow,H^~_n(U_k)) ungleich 0. Das ist ein Widerspruch. \blue\ q.e.d.
Schritt 2: Kugeln in Sphären
Sei n>0 und D^r die abgeschlossene Einheitskugel und f:D^r\to\ S^n eine Einbettung. Dann ist H^~_\*(S^n \\ f(D^r))=0.
\blue\ Beweis: Der Beweis ist mit obigen Satz trivial, wenn wir uns vor Augen halten, dass D^r zum r\-dimensionalen Würfel I^r homöomorph ist. Für r=0 ist I^r nur ein Punkt und S^n \\ f(I^0) ist zu \IR^n homöomorph, also H^~_\*(S^n \\ f(I^0))~=H^~_\*(\IR^n)=0. Für r>0 folgt die Aussage nun induktiv aus Schritt 1. \blue\ q.e.d.
Schritt 3: Sphären in Sphären
Sei n>0 und f:S^r\to\ S^n eine Einbettung. Dann ist H^~_k(S^n \\ f(S^r))~=cases(R,k=n-r-1;0,sonst)
\blue\ Beweis: Wir induzieren nach r. Für r=0 ist S^0=\{+-1\}, d.h. S^n \\ f(S^0) ist homöomorph zu \IR^n \\ \{a\}, was homotopieäquivalent zu S^(n-1) ist. Also ist H^~_k(S^n - f(S^0))~=H^~_k(S^(n-1)), was die Behauptung für r=0 zeigt. Für r>0 zerlege S^r in U_opimg(+-):=menge(x\in\ S^r | +-x_r>=0). Dann ist U_\+\cut\ U_\- der Äquator S^(r-1) und U_opimg(+-) ist zur abgeschlossenen Kugel D^r homöomorph. Die Mayer\-Vietoris\-Sequenz für die offenen Mengen V_opimg(+-):=S^n \\ f(U_opimg(+-)) liefert nun den Induktionsschritt, da H^~_\*(S^n \\ f(U_opimg(+-)))=0 ist. Es gilt nämlich V_\+\union\ V_\- = S^n \\ f(S^(r-1)) V_\+\cut\ V_\- = S^n \\ f(S^r) und daher: 0=H^~_k(V_\+)\oplus\ H^~_k(V_\-) \to H^~_k(V_\+ \union V_\-) \to H^~_(k-1)(V_\+\cut\ V_\-) \to\ H^~_(k-1)(V_\+)\oplus\ H^~_(k-1)(V_\-)=0 Also ist H^~_k(S^n \\ f(S^(r-1)))=H^~_k(V_\+\union\ V_\-)~=H^~_(k-1)(V_\+\cut\ V_\-)=H^~_(k-1)(S^n \\ f(S^r)) Das zeigt die Behauptung. \blue\ q.e.d. Nun können wir den Trennungssatz in voller Allgemeinheit beweisen:
Jordan-Brouwer Trennungssatz
Sei \Sigma\subseteq\ S^n ein zu S^(n-1) homöomorpher Teilraum. Dann hat S^n \\ \Sigma genau zwei Zusammenhangkomponenten, deren gemeinsamer Rand \Sigma ist.
\blue\ Beweis: Wie eben bewiesen ist H^~_0(S^n \\ \Sigma)=R, d.h. H_0(S^n \\ \Sigma)=R\oplus\ R, d.h. S^n \\ \Sigma hat genau zwei Zusammenhangskomponenten. Sei nun U eine Zusammenhangskomponente von S^n \\ \Sigma, d.h. S^n hat die disjunkte Zerlegung U \union \Sigma \union V. Da S^n lokal zusammenhängend ist, sind alle Zusammenhangskomponenten der offenen Menge S^n \\ \Sigma offen. Insbesondere sind U und V offen. Das heißt, dass U\union\Sigma=S^n \\ V als Komplement der offenen Menge V abgeschlossen ist. => U^- \subseteq\ U\union\Sigma => \partial||U=U^-\\U\subseteq\Sigma. Sei nun f:S^(n-1)\to\Sigma die Einbettung. Angenommen, es gibt ein f(s)\in\Sigma\\\partial||U. Dann gibt es eine offene Umgebung W von f(s), die disjunkt zu U ist. Weil f stetig ist, gibt es eine kleine, offene \eps\-Kugel B\subseteq\ S^(n-1) mit f(B)\subseteq\ W. Nun ist S^(n-1) \\ B ~= D^(n-1), also Y:=S^n \\ f(S^(n-1) \\ B) zusammenhängend wie in Schritt 2 bewiesen. Es gilt jedoch auch: Y = (S^n \\ f(S^(n-1))) \union f(B) = U \union V \union f(B)\subseteq U\union\ V\union\ W. Nun sind U und V\union\ W disjunkte, offene Mengen, deren Schnitt mit Y jeweils nichtleer ist. Das ist ein Widerspruch dazu, dass Y zusammenhängend ist. Also ist die Annahme, es gäbe ein f(s)\in\Sigma\\\partial||U, falsch. Damit ist \Sigma=\partial||U bewiesen. \blue\ q.e.d.

Invarianz des Gebiets

Mit Hilfe des Trennungssatzes von Jordan und Brouwer ist es nun einfach, folgenden klassischen Satz zu beweisen:
Invarianz des Gebiets
Seien N und M zwei n\-dimensionale topologische Mannigfaltigkeiten, U\subseteq\ N und f:U\to\ M stetig und injektiv. Ist U offen in N, so ist auch f(U) offen in M.
\blue\ Beweis: Da U als offene Menge selbst eine n\-dimensionale topologische Mannigfaltigkeit ist, reicht es folgende äquivalente Aussage zu zeigen: Jede stetige, injektive Abbildung f:N\to\ M ist offen. Offenheit ist nun eine lokale Eigenschaft, denn es gilt: f offen <=> f bildet Umgebungen von x auf Umgebungen von f(x) ab. Wir können das also punktweise zeigen. Zunächst beschränken wir uns dabei auf den Fall N=\IR^n, M=S^n. OBdA können wir außerdem x=0 annehmen. Wir zeigen, dass f offene Kugeln um 0 auf offene Mengen abbildet: Der Trennungssatz liefert uns eine Zerlegung von S^n \\ f(S^(n-1)) in die beiden offenen Zusammenhangskomponenten U \union V. Gleichzeitig haben wir die disjunkte Zerlegung S^n \\ f(S^(n-1)) = (S^n \\ f(D^n)) \union f(D^n \\ S^(n-1)) Nun ist H^~_0(S^n \\ f(D^n))=0 wie wir oben festgestellt haben. Also ist S^n \\ f(D^n) zusammenhängend. Es ist jedoch auch f(D^n \\ S^(n-1)) als stetiges Bild der offenen Kugel zusammenhängend. Es muss also U=S^n \\ f(D^n), V=f(D^n \\ S^(n-1)) sein. Insbesondere ist das Bild der offenen Einheitskugel D^n \\ S^(n-1) unter f die offene Menge V. Nun zum allgemeinen Fall: Sei x\in\ N beliebig und V eine offene Umgebung von f(x) in M M ist eine Mannigfaltigkeit, d.h. wir können oBdA annehmen, dass V zu \IR^n homöomorph ist. Da f stetig ist, gibt es eine offene Umgebung U um x, mit f(U)\subseteq\ V. Da auch N eine Mannigfaltigkeit ist, können wir auch U~=\IR^n annehmen. Da wir nun U als \IR^n und V~=\IR^n als offene Teilmenge von S^n berachten können, ist f eine stetige Injektion \IR^n\to\ S^n. Wie wir uns zuvor überlegt haben, ist f(U) daher offen. \blue\ q.e.d.

Abschluss

Die drei hier vorgestellten, klassischen Sätze demonstrieren die Macht, die in den Methoden der algebraischen Topologie steckt. Wir konnten (fast) ausschließlich aus den Axiomen sehr tiefliegende Sätze folgern, die weitreichende Konsequenzen haben. Man könnte damit noch eine ganze Weile fortfahren und weitere wichtige Konzepte einführen und Sätze beweisen. Beispielsweise kann man den Abbildungsgrad diverser stetiger Abbildungen aus den bisherigen Betrachtungen heraus definieren und alleine mit den Axiomen bereits umfassende Berechnungen durchführen. Die Anwendungen des Abbildungsgrades beispielweise in der Fixpunkttheorie oder in der Theorie der Differentialgleichungen sind äußerst vielfältig. Innerhalb der Topologie könnte man damit auch den Satz von Borsuk-Ulam beweisen, der ebenfalls vielfältige Anwendungen in einer ganzen Reihe von mathematischen Disziplinen hat. Der nächste Schritt in dieser Artikelserie wird jedoch sein, die Lücken in den bisherigen Beweisen auszufüllen, indem wir endlich eine konkrete Homologietheorie konstruieren und zumindest skizzenhaft nachweisen, dass sie die Axiome und Sätze erfüllt, die wir bisher benutzt haben. H^~_\*(mfg \\ G(ockel))=0

Die Reihe "Algebraische Topologie"

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: Mathematik :: Algebraische Topologie :: Homologie und Kohomologie :: Fixpunkte :: Topologie :: Reine Mathematik :
Algebraische Topologie 3 [von Gockel]  
Der dritte Teil der Reihe beweist mit Mitteln der algebraischen Topologie den Brouwerschen Fixpunktsatz, den Jordanschen Kurvensatz und den Satz von der Invarianz des Gebiets.
[Die Arbeitsgruppe Alexandria katalogisiert die Artikel auf dem Matheplaneten]

 
 
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"Mathematik: Algebraische Topologie 3" | 2 Comments
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Re: Algebraische Topologie 3
von: Martin_Infinite am: Fr. 29. Januar 2010 01:11:51
\(\begingroup\)gut geschrieben.\(\endgroup\)
 

Re: Algebraische Topologie 3
von: Ex_Mitglied_40174 am: Mi. 12. Juni 2013 17:10:32
\(\begingroup\)Toller Artikel!\(\endgroup\)
 

 
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