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Mathematik: Gemeinsames Wissen - oder: "Ich weiss, dass Du weisst, dass ich weiss..."
Released by matroid on Fr. 04. August 2023 06:55:03 [Statistics] [Comments]
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Mathematik

\(\begingroup\)\(\newcommand{\C}{\mathbb{C}} \newcommand{\E}{\mathbb{E}} \newcommand{\N}{\mathbb{N}} \newcommand{\R}{\mathbb{R}} \newcommand{\Z}{\mathbb{Z}} \newcommand{\i}{\mathrm{i}} \newcommand{\d}{\mathrm{d}} \newcommand{F}{F_{\mu\nu} dx^{\mu} \wedge dx^{\nu} = A_{nu} dx^{\mu} \wedge dx^{\nu} + A_{\nu} A^{\mu} + A_{\mu} A^{\nu} - 2A_{\sigma}A^{\sigma}}\)

Agreeing to Disagree?

Sicherlich kennt der ein oder andere Leser den Film "Ich weiss noch immer, was Du letzten Sommer getan hast". Über dessen Unterhaltungswert mag man trefflich streiten; eines jedoch beinhaltet der Titel, um das es auch in diesem Artikel gehen soll: Wissen. Eigenes Wissen, das anderer Akteure, sowie (eigene) Information über das Wissen der anderen. Vielleicht war der ein oder andere Leser schon einmal in einer unfruchtbaren Besprechung, deren einziges Ergebnis von einem (wahrscheinlich in der Betriebswirtschaftslehre bewanderten) Teilnehmer mit "Let's agree to disagree" zusammengefasst wurde. Dies mag lustig erscheinen (oder sogar sein), ist aber keine Lösung eines konkreten Problems. Auch mit dieser Situation beschäftigt sich der Artikel - ein solches Ergebnis sollte (unter bestimmten Bedingungen) unmöglich sein. Es soll ein Resultat (Aumanns Satz, siehe[Qi], sec.3 und [Au]) der Wirtschaftswissenschaften vorgestellt werden, dessen mathematischer Gehalt vielleicht überschaubar sein mag, das aber - zumindest in meinen Augen - einigen Unterhaltungswert besitzt. Grob und anschaulich formuliert besagt der Satz folgendes: "Verfügen alle Teilnehmer einer Besprechung über die gleiche Grundinformation und darüberhinaus gemeinsam über das Wissen der Einschätzungen möglicher Handlungsoptionen der anderen, dann sind die Einschätzungen notwendig gleich". Zum weiteren Lesen benötigt man kaum mehr als ein wenig Menschenverstand, ggf. sollte man einige Begriffe der Spieltheorie kennen oder zumindest nachschlagen. Andererseits mag dieser Artikel andeuten, dass auch Wirtschaftswissenschaftler gelegentlich mit mathematischer Strenge vorgehen können und sogar zu einigermaßen interessanten Ergebnissen gelangen.

Einführung

Wie modelliert man Wissen oder Information? Die Wahrscheinlichkeitstheorie, die Spieltheorie (und darauf aufbauen die Wirtschaftswissenschaften), die Physik und die Informatik haben darauf leicht unterschiedliche Antworten gegeben. Wir werden hier formal das stochastische Konzept verwenden (Information ist eine Sub-$\sigma$-Algebra), im Falle endlicher Grundmengen in der spieltheoretischen Variante, die sich auf spezielle Erzeuger konzentriert. Folgendes Standardbeispiel wollen wir durchgängig in diesem Artikel betrachten: Zwei Spieler ("Ich" und "Du") spielen das folgende, einfache Spiel: Beide Spieler werfen einen fairen Würfel, verbergen aber das Resultat vor dem jeweils anderen. Dann schreiben beide eine Schätzung für die Summe der Augen beider Würfel auf ein Blatt Papier und decken diese Schätzung gleichzeitig auf. In einer zweiten Spielrunde können die Spieler nun ihre Schätzung noch einmal ändern (natürlich wieder gleichzeitig und geheim) und schliesslich gewinnt der Spieler, der die korrekte Augensumme getroffen hat (Für das folgende uninteressant, aber um das Spiel spielbar zu gestalten: Trifft kein Spieler die Augensumme oder gar beide, so gewinnt kein Spieler). Ist $\Omega$ eine nichtleere Menge von abstrakten Zuständen eines Systems - im Standardbeispiel z.B. die Augensumme beider Würfel - so kann man jede Sigma-Algebra $\mathcal{A}$ über $\Omega$ als Information auffassen. $A\in\mathcal{A}$ ist dann so zu interpretieren, dass man zwar nicht den "wahren" Zustand $\omega\in\Omega$ des Systems kennen mag, aber zumindest weiss, ob $\omega\in A$ gilt. Habe ich im Standardbeispiel etwa eine $1$ geworfen, so könnte man die von $\{2, \ldots, 7\}$ erzeugte Sigma-Algebra als meine Information auffassen. Ich weiss nämlich, dass die Augensumme in diesem Bereich liegen muss (und weiterhin weiss ich, dass sie nicht in $\{8, \ldots, 12\}$ liegt, sowie dass es eine Augensumme gibt und dass diese zwischen $2$ und $12$ liegt).

Grundlagen

Sei im Folgenden $\Omega=\{1,2, \ldots, S\}$ eine endliche Menge. Die Elemente nennen wir Zustände und identifizieren sie kurzerhand mit natürlichen Zahlen. In der Spieltheorie und den Wirtschaftswissenschaften ist es üblich, statt der $\sigma$-Algebra einen speziellen Erzeuger anzugeben, eine Partition, d.i. eine Teilmenge der Potenzmenge von $\Omega$, deren Elemente nichtleer, paarweise disjunkt sind und deren Vereinigung $\Omega$ ergibt. Im Folgenden schreiben wir $\mathbb{P}(E|B)=\mathbb{P}(E|\sigma(B))$ für eine Partition $B$, ein Ereignis $E\in \mathcal{A}$ und einen Wahrscheinlichkeitsraum $(\Omega,\mathcal{A},\mathbb{P})$. Wir betrachten im Folgenden formal ein Bayes-Spiel. Allerdings ist der volle Umfang dieses Begriffes nicht notwendig, es reicht sich die folgende Situation vorzustellen:
  • Wir haben eine endliche Menge $N$ von $n=|N|$ Akteuren oder Spielern;
  • Es gibt eine endliche Menge $\Omega$, die die möglichen Zustände eines Systems oder des Spiels beschreibt;
  • Durch ein Wahrschewinlichkeitsmaß $\mathbb{P}:\mathcal{P}(\Omega)\rightarrow [0,1]$ wird diese Menge zu einem Wahrscheinlichkeitsraum (mit der Potenzmenge als $\sigma$-Algebra). Dieses Maß heisst auch a-priori-Verteilung, die Wahrscheinlichkeiten $\mathbb{P}(\{\omega\})$ heissen a-priori-Wahrscheinlichkeiten;
  • Die Information eines Akteurs $j$ sei durch eine Partition $B_j$ beschrieben;
  • Die a-posteriori-Wahrscheinlichkeiten $\mathbb{P}(E|B_j)$ heissen im Rahmen der Spieltheorie auch beliefs
Definition Sind $B_1$ und $B_2$ Partitionen, so heisst $B_1$ feiner als $B_2$, falls es zu allen $b_1 \in B_1$ ein $b_2 \in B_2$ mit $b_1\subset b_2$ gibt. Entsprechend heisst $B_1$ gröber als $B_2$, falls $B_2$ feiner als $B_1$ ist. Definition Sind $B_1$ und $B_2$ Partitionen, so heisst die gröbste Partition, die eine Verfeinerung von sowohl $B_1$ als auch $B_2$ darstellt, gemeinsame Verfeinerung, in Zeichen $B_1 \vee B_2$. Die feinste Partition, die eine Vergröberung von sowohl $B_1$ als auch $B_2$ darstellt, nennen wir gemeinsame Vergröberung und schreiben $B_1\wedge B_2$. Bemerkung. $(\Omega, \land, \lor)$ bildet damit einen (wie sich zeigen lässt: vollständigen) Verband. Die Ordnungsrelation ist gegeben durch: $A\leq B$, falls $A$ gröber als $B$ ist. Das Relationszeichen mag ungewöhnlich ausgerichtet sein und ist in der Theorie der Partionen üblicherweise auch umgekehrt. Wir sprechen hier aber über Information und das Zeichen ist so ausgerichtet, dass die "grössere" Partition mehr Information enthält. Definition Eine A-posteriori-Wahrscheinlichkeit $y=\mathbb{P}(E|B_k)$ heisst gemeinsames Wissen, wenn für alle $A\in\bigwedge_{j=1}^n B_j$ gilt: $\mathbb{P}(E|A)=y$.

Aumanns Satz

Nach dieser Vorarbeit wollen wir zum Hauptresultat des Artikels kommen: "We can't agree to disagree". Etwas formaler ausgedrückt ergibt sich der folgende Satz Es sei $N=\{1, \ldots ,n\}$ eine Menge von $n$ Akteuren, $n \in \mathbb{N}$. Sei weiterhin $(\Omega, \mathcal{A}, \mathbb{P})$ ein Wahrscheinlichkeitsraum, seien $B_j \subset \mathcal{A}$ Partitionen ($j\in N$), sei $E \in \mathcal{A}$ und seien die Posteriori-Wahrscheinlichkeiten $\mathbb{P}(E|B_j)$ gemeinsames Wissen. Dann gilt bereits $\mathbb{P}(E|B_j)=\mathbb{P}(E|B_k)$ für alle $(j,k)\in N^2$. Beweis. Sei $\omega\in\Omega$ der Zustand des Spiels/Systems. Bezeichnen wir mit $P$ dasjenige Element aus $W=\bigwedge_{k=1}^n B_k$, welches $\omega$ enthält. Fixieren wir nun einen speziellen Spieler/Akteur $j\in N$. Da die Posteriori-Wahrscheinlichkeit $q_j=\mathbb{P}(E|B_j)$ gemeinsames Wissen darstellt, ist bereits $\mathbb{P}(E|\sigma(A))=q_j$ für jedes $A\in P$. Da weiterhin $W$ die gemeinsame Vergröberung der $B_k$ darstellt, können wir $P$ als disjunkte Vereinigung von Elementen aus $B_j$ darstellen, etwa $P=\bigcup_i P_{i}$. Summation über $i$ ergibt mit dem bereits Festgestellten: $\sum_i \mathbb{P}(E\cap P_{i})=\sum_i q_j \mathbb{P}(P_{i})$. Aufgrund der disjunkten Zerlegung gilt dann sogar $q_j=\frac{\mathbb{P}(E\cap P_k)}{\mathbb{P}(P_k)}$ für jedes $k\in N-\{j\}$. Da $j$ beliebig gewählt war, folgt die Behauptung. $\blacksquare$

Anmerkungen

Drei Bemerkungen sollen das Resultat des vorherigen Abschnitts zum Abschluss ergänzen. Bemerkung 1 Die Voraussetzung des gemeinsamen Wissens ist erforderlich, nur die Posteriori-Wahrscheinlichkeiten aller Mitspieler zu kennen reicht nicht aus. Betrachten wir dazu $\Omega= \{ 1,2,3,4 \}$ mit der Gleichverteilung für die A-priori-Wahrscheinlichkeiten. Nehmen wir als meine Information $B_1=\{ \{1,2\}, \{3,4\}\}$ und als Deine Information $B_2 = \{ \{1,2,3 \} , \{ 4 \} \}$ an. Befindet sich das System im Zustand $1$ und das fragliche Ereignis sei $E=\{1,4\}$. Man überzeuge sich, dass ich eine A-posteriori-Wahrscheinlichkeit von $\frac12$ für $E$ ermittele, Du eine von von $\frac13$ und wir beide jeweils die beliefs des jeweils anderen kennen. Diese sind aber kein gemeinsames Wissen - und sie stimmen auch nicht überein. Bemerkung 2 In [GePo] wird ein Verfahren vorgestellt (und seine Konvergenz bewiesen), wie gemeinsames Wissen hergestellt werden kann. Es ist denkbar einfach: Jeder Spieler nennt reihum seine aktuelle A-posteriori-Wahrscheinlichkeit. Dieses Verfahren konvergiert nach endlich vielen Runden und erzwingt nach dem bewiesenen Satz die Gleichheit der A posteriori Wahrscheinlichkeiten. Betrachten wir das Standardbeispiel, ich habe eine $1$ gewürfelt, Du eine $4$ und das interessierende Ereignis ist $E=\{4,5,6\}$. Meine Information ist also $B_1 = \{ \{ 2,3,4,5,6,7 \}, \{ 8,9,10,11,12 \} \}$, deine $\{ \{2,3,4\}, \{5,6,7,8,9,10,11,12\} \}$. Ich beginne mit meiner A-posteriori-Einschätzung $p_1 = 12/21$. Deine Einschätzung verändert sich durch diese Information von $q_0=12/36$ zu $q_1=12/21$, was Du kommunizierst und wir sind zur gleichen Einschätzung gelangt. Das Verfahren verläuft aber keineswegs immer so geradlinig. Betrachten wir $\Omega= \{1, \ldots, 9 \}$ mit einer A-priori-Gleichverteilung. Ich verfüge über die Information $A=\{ \{ 1,2,3 \}, \{ 4,5,6 \}, \{ 7,8,9 \} \}$ und Du verfügst über die Information $B=.\{ \{ 1,2,3,4 \}, \{ 5,6,7,8 \}, 9 \}$. Das interessierende Ereignis sei $E=\{ 4,5 \}$. Die A-posteriori-Wahrscheinlichkeiten betragen dann $p_0=\frac13$ und $q_0=\frac12$. Man rechnet leicht nach, dass der Informationsaustausch wie folgt abläuft: Ich nenne $p_1=\frac13$ und Deine Information verändert sich nicht. Du nennst also $p_1=\frac12$. Ich erhalte zwar zusätzliche Information, nenne aber weiterhin $p_2=\frac13$. Nun erhältst auch Du zusätzliche Information und Deine Einschätzung ändert sich zu $q_2=\frac13$. Die Übereinstimmung ist erreicht und gemeinsames Wissen. Betrachtet man in der Situation des letzten Beispiels das Ereignis $E=\{ 1,4,9 \}$, so wiederholt sich der Prozess sogar dreimal - Du und ich tauschen jeweils unsere beliefs von $\frac13$ und $\frac14$ aus, ehe gemeinsames Wissen herrscht und die Einschätzungen mit $\frac13$ übereinstimmen. Die Kommunikationsprozesse jeweils nachzuvollziehen ist eine hoffentlich unterhaltsame Aufgabe für den/die Leser:in. Bemerkung 3 Gemeinsames Wissen über die A-posteriori-Wahrscheinlichkeiten heisst nicht, dass tatsächlich vollständige Information vorliegt. Betrachten wir dazu ein denkbar einfaches Experiment. Wir werfen beide eine faire Münze und interessieren uns für das Ereignis, dass beide Münzen die selbe Seite zeigen. Unserer beider beliefs, dass die Münzen die selbe Seite zeigen ist $\frac12$. Und wir wissen beide, dass der jeweils andere unsere Einschätzung kennt. Trotzdem liegt keine vollständige Information vor, denn dann wüssten wir mit Sicherheit (also einem belief von $1$ oder $0$ für das fragliche Ereignis), ob die Münzen die selbe Seite aufweisen.

Literatur

  • [Au] Robert Aumann (1976), "Agreeing to Disagree", Annals of Statistics
  • [Qi] Dan Quint, "Some Beautiful Theorems with Beautiful Proofs, Lecture 3: Common Knowledge", 2014, ssc.wisc.edu/~dquint/econ698/lecture%203.pdf
  • [GePo] Geanakoplos und Polemarchakis (1982), "We Can't Diasagree Forever", Journal of Economic Theory

Zum Schluss

Hoffentlich findet der ein oder die andere Leser:in dieses kleine Resultat interessant; gerne freue ich mich dann auf eine vertiefte Diskussionen. Vielen Dank an die Testleser tactac und nzimme10.
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: Wirtschaftswissenschaften :: Spieltheorie :
Gemeinsames Wissen - oder: "Ich weiss, dass Du weisst, dass ich weiss..." [von  
Agreeing to Disagree? Aumanns Satz
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von cramilu am 2023-08-06 19:24
\(\begingroup\)Geschätzte AnnaKath, mit geradezu Verzückung habe ich Deinen Artikel gelesen. Zwar mathematisch noch nicht ganz verstanden, aber was nicht ist, wird hoffentlich noch werden. Beim Abschlusssatz des Einleitungsabschnittes bleibst Du mir zu ungiftig. »[...], dass auch Wirtschaftswissenschaftler gelegentlich mit mathematischer Strenge vorgehen und dann sogar zu einigermaßen interessanten Ergebnissen gelangen könnten fände ich knackiger. 😉 Modelltheoretisch erscheint mir das meiste nachvollziehbar; zumal locker anwendbar auf einschlägige Denksportaufgaben, bei denen etwa verschiedene Gestalten die Farben ihrer Hüte herausfinden müssen und dabei jeweils bloß den- oder dieje- nigen bestimmter Nachbarn tatsächlich sehen können. Hinsichtlich einer letztlichen Übertragbarkeit auf unsere reale, praktische Lebenswelt dürfte einer Klitzekleinigkeit maßgebliche Bedeutung zukommen, welche dem postulierten Hauptresultat »We can't agree to disagree« noch fehlt, nämlich dem einschrän- kenden »[...], if ...«. Also konsequente rationale Aufrichtigkeit. Verschwörungstheoretikern, Winkeldreiteilern etc. diverser Couleur ist erfahrungsgemäß der Verdacht entgegenzubringen, sie wollten von vornherein gewisse A-Posteriori-Wahrscheinlich- keiten esoterisch oder ideologisch erzwingen und seien dazu stets bereit, schon A-Priori-Wahrscheinlichkeiten bewusst gar nicht oder verfälscht wahrzunehmen sowie vor allem solcherart zu kommunizieren. Manche unter jenen Zeitgenossen können sicher nicht anders. Viele jedoch, und da kommen dann häufig auch 'Wirtschaftswissenschaftler' ins Spiel, wollen es nicht. Zum Modalverbendreiklang der Inkompetenz fehlen dann bloß noch diejenigen, die nicht dürfen. Während ich weiter über dem mir als »überschaubar« verkauften mathematischen Gehalt brüte, werde ich mir auch überlegen, wie sich ggf. psychologische Sabotageinteressen in die Modellierung einbinden ließen... 😉\(\endgroup\)
von VThiel am 2023-08-15 09:46
\(\begingroup\)Wie modelliert man Wissen oder Information? Ist Wissen und Information dasselbe und wenn nein, ist die Unterscheidung für dieses Thema relevant ? Die fünf Punkte auf der Oberseite des geworfenen Würfels sind nach meinem Verständnis Information. Die Zeichenkette, mit der die Spielregeln formuliert sind, sind nach meinem Verständnis Information. Information gehört zum Objekt, also zum Würfel oder zur Zeichenkette. Wissen gehört zu "mir" und "Dir", den Subjekten mit menschlichem Bewusstsein. Die Katze versteht den Würfel insoweit, als sie mit ihm spielen kann, aber sie kann kein Wissen erzeugen über die Information, die die fünf Punkte vermitteln. Die Katze versteht das Papier mit der Spielregel-Zeichenkette insoweit, als dass sie das Papier nicht fressen wird, aber sie begreift nicht die Spielregeln. Wie stellen wir sicher, dass die Tat des Intellekts, die aus den objektiven Informationen "mein" Wissen und "Dein" Wissen macht, bei "Dir" und "mir" exakt gleich abläuft ? Haben wir hier einen Grund, warum (fast) alle wirtschaftswissenschaftlichen Theorien an der Realität scheitern ? Aumanns Satz hat zweifellos Unterhaltungswert, und zeigt die verführerische Schönheit der zweiten Seite des Intellekts, der Vernunft. \(\endgroup\)
von haribo am 2023-08-16 07:12
\(\begingroup\)doppelte täuschung, kann die erkannt oder ausgeschlossen werden? ich würfele eine 2 schreibe aber in der ersten runde eine 9 auf den zettel, beim öffnen lege ich den zettel quer und behaupte wahlweise es handele sich um eine 6... jedenfals gebe ich möglicherweise in der ersten runde nicht ansatzweise eine warscheinliche lösung an, und unterstelle dem gegner möglicherweise gleiches???\(\endgroup\)
von AnnaKath am 2023-08-16 09:28
\(\begingroup\)Hallo haribo, \quoteon(2023-08-16 07:12 - haribo in Beitrag No. 3) doppelte täuschung, kann die erkannt oder ausgeschlossen werden? ich würfele eine 2 schreibe aber in der ersten runde eine 9 auf den zettel, beim öffnen lege ich den zettel quer und behaupte wahlweise es handele sich um eine 6... jedenfals gebe ich möglicherweise in der ersten runde nicht ansatzweise eine warscheinliche lösung an, und unterstelle dem gegner möglicherweise gleiches??? \quoteoff der Satz von Aumann beschreibt nur eine grundsätzliche Eigenschaft von Information (im Sinne dieses Artikels) in einem Bayes-Spiel. Er gibt kein konkretes Verfahren an, dieses herzustellen. Das knapp beschriebene einfache Verfahren, gemeinsames Wissen herzustellen, ist absolut nicht gefeit gegen strategisches Verhalten der Spieler. Es könnte Täuschung und gar doppelte Täuschung nicht erkennen und würde zu falschen Ergebnissen führen. Dies ist aber ziemlich irrelevant. Es reicht, irgendein Verfahren anzugeben, dass das gewünschte Ergebnis liefert, um stets* auch von der Existenz eines Verfahrens zu wissen, dass dieses Ergebnis produziert und bei dem die Spieler keinerlei Vorteil daraus ziehen können, wenn sie sich unehrlich Verhalten. Dies ist die Aussage des so genannten Revelation Principle. Wie ein solches Verfahren in der konkreten aussehen kann, hängt auch von der konkreten Inzentivierungsmöglichkeiten der Spieler ab. Sind wir beispielsweise in einer Abteilungsleiterrunde in einem Unternehmen und planen ein gemeinsames Projekt, so ist es etwa zielführend, die planenden Abteilungen am Erfolg und Misserfolg des Projektes zu beteiligen. Ein abstrakter Mechanismus, der dies realisiert (und auch einige quantitative Angaben macht) ist der Vickrey-Clarke-Groves-Mechanismus. [Allerdings ist auch dieser Mechanismus nicht gegen andere Arten von strategischem Verhalten gefeit, etwa der Koalitionsbildung.] lg, AK *) unter der milden Voraussetzung, dass sich die Spieler in irgendeiner Weise rational verhalten. D.h. nicht, dass sie nett sein müssen, absoluter Menschenhass, Zerstörungswille und notorisches Lügen sind in diesem Sinne auch rational. Es ist nur nicht erlaubt, dass Spieler würfeln oder schlicht zu dumm sind, das Wissen, was sie erwerben könnten nicht zu erwerben.\(\endgroup\)
von haribo am 2023-08-17 04:40
\(\begingroup\)dann ist doch die frage ob das wissen über die möglichkeit von lugundtrugabsichten oder sogar dummheit (dummheit schützt nicht...) der anderen seite nicht auch zu möglichem wissen über handlungsmöglichkeiten gehören könnte? damit wird es komplizierter aber sollte eventuell nicht per se verboten (nicht erlaubt...) sein?\(\endgroup\)
von VThiel am 2023-08-21 08:47
\(\begingroup\)Ich kann empfehlen, dass Spiel mal live mit einigen "normalen", mathematisch unbedarften Menschen, zu spielen ... In der Realität könnte es z.B. wie folgt ablaufen: Tanja würfelt eine 5 und schätzt die Würfelsumme erstmal aus dem Bauch heraus ("weil sich das gut und stimmig anfühlt") auf acht. Dann erfährt sie, dass Julia als Würfelsumme sieben geschätzt hat. Julia wiederum hat eine 4 gewürfelt und erfährt dann, dass Tanja als Summe acht geschätzt hat. Abschliessend belässt Tanja ihre Schätzung auf dem wert von acht. Julia korrigiert die Schätzung auf zwölf. Begründung: Julia ist Astrologin und hat über Google kurz die Ephemeriden abgerufen und erfahren, dass der Planet Uranus ungünstig steht und dass sie deshalb um jeden Preis vermeiden muss, das Spiel zu gewinnen. Denn ein Gewinn bei der heutigen Sterne-Konstellation bringt Unglück. Tanja ist Zockerin und hält Mathe und Statistik für blanken Humbug. Sie vertraut - wie in der Spielbank - auf ihren untrüglichen Instinkt. Ich weiss, das klingt verrückt und jeder Mathematiker wird sich denken "kein normaler Mensch denkt so einen Unsinn ..." Technisch gesprochen: Tanja und Julia verwenden einen anderen Lösungs-Algorithmus als Aumann unterstellt. Aumanns Modell leidet an dem Grundproblem aller Modelle: Den "vergessenen Variablen". Aumann hat vergessen, den Stand des Planeten Uranus in sein Modell einzubauen. Aus diesem Grund bin ich seit langem skeptisch gegenüber der Prognosefähigkeit (fast) aller Modelle, mit Ausnahme vielleicht des Newtonschen Himmelsmechanik-Modells. Obwohl hier ja wieder Poincare mit seinem Dreikörperproblem ins Spiel kommt ... ---- Da fällt mir die tragische Geschichte von Kurt Friedrich Gödel ein: Als seine Frau erkrankte und seine Mahlzeiten nicht mehr vorkosten konnte, verhungerte er. Der geniale Erfinder des Unvollständigkeitssatzes litt an der Wahnvorstellung, sein Essen würde vergiftet werden. \(\endgroup\)
von AnnaKath am 2023-08-21 09:29
\(\begingroup\)Huhu VThiel, Tanja und Julia dürfen sicherlich tun, was ihnen beliebt. Das macht den Satz auch nicht "unrealistisch", denn er will gar kein konkretes Verhalten von Menschen abbilden. Aus meiner Sicht ist allerdings praktische Konsequenz des Satzes, das Minimum an Informationsaustausch zu benennen, das es in einer Gruppe von Menschen braucht, um für alle faire Voraussetzungen zu schaffen. Und man kann Prozesse ("Mechanismen") entwerfen, die diesem Anspruch genüge tun. Was einzelne Menschen daraus machen und wie sie sich in diesen Prozessen verhalten, ist selbstverständlich Ihnen überlassen. lg, AK\(\endgroup\)

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