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Mathematik: Endliche Summen
Released by matroid on Sa. 18. Oktober 2003 20:48:12 [Statistics] [Comments]
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Mathematik

\(\begingroup\)\(\usepackage{setspace}\)


Die Geschichte des neunjährigen Gauß und seiner cleveren Addition
der Zahlen von 1 bis 100 hat, glaube ich, jeden jungen Mathematik\-
interessierten (wenigstens heimlich) animiert, auf diesem
Feld, also der Addition von (relativ) einfachen Funktionen
natürlicher Zahlen, z.B. die Summe der Quadrate oder Kuben,
ebenfalls nach Tricks zu suchen.

\stress\Addition von Potenzen

Eine erste Verallgemeinerung der Gaußschen Summenformel lautet:

\lr(1) sum(k^i,k=1,N)=int((k-B)^i,k,0,N)=1/(i+1) ((N-B)^(i+1)-(-B)^(i+1))



wobei die Gleichheitszeichen nur gelten, wenn alle Klammern, die B enthalten, nach der folgenden Vorschrift aufgelöst werden \- das B ist praktisch ein Hinweis zur Einführung der Bernoulli\-Zahlen:

Regel: Werden Ausdrücke, die B enthalten, in herkömmlicher Weise derart aufgelöst, dass die Auflösung Potenzen von B enthalten würden, so ist die Zahl, die als Exponent zu setzen wäre, stattdessen als Index zu setzen.

Beispiele:
\- die Def. der Bernoulli\-Zahlen:
x/(e^x-1)=e^Bx=1+B_1 x+B_2/2! x^2+...

\- Polynome: (x+-B)^n=sum((+-)^i (n;i) x^(n-i) B_i,i=0,n)

Ein Koeffizientenvergleich in der Definition der Bernoulli\-Zahlen führt zu folgender Bildungsvorschrift (siehe Bronstein):

B_0=1
(1+B)^k=B_k, für k>1


Ich bevorzuge allerdings folgende Bildungsvorschrift:

(1-B)^k=k+(-1)^k*B_k, für alle k aus \IN \lr(2)

Der Vorteil liegt auf der Hand, die im Bronstein angegebene Vorschrift erzeugt für k=1 einen Widerspruch, daher muss dieser Falle explizit ausgeschlossen werden, dass ist bei mir nicht der Fall, vielmehr lädt meine Vorschrift dazu ein, zu überprüfen, was passiert, wenn man für k negative ganze Zahlen einsetzt \- aber weiter.

Die ersten Bernoulli\-Zahlen lauten:
array(\ ,B_0,=,1, ,B_1,=,-1/2;\ ,B_2,=,1/6, ,B_3,=,0;\ ,B_4,=,-1/30, ,B_5,=,0;\ ,B_6,=,1/42, ,B_7,=,0,usw.)
Nun kann (bzw. muss) man \ref(1) auflösen und erhält:

sum(k^i,k=1,N)=1/(i+1) ((N-B)^(i+1)-(-1)^(i+1) B_(i+1))
=1/(i+1) (sum((-1)^j (i+1;j) B_j N^(i+1-j),j=0,i+1)+(-1)^i B_(i+1))
=1/(i+1) sum((-1)^j (i+1;j) B_j N^(i+1-j),j=0,i) \lr(1a)
=1/(i+1) N^(i+1)+1/2 N^i+i/12 N^(i-1)-(i(i-1)(i-2))/(4!30) N^(i-3)+...

Der Beweis kann mit vollständiger Induktion erbracht werden. Die ersten Summen dieser Art lauten also:

sum(k^1,k=1,N)=1/2 N^2+1/2 N
sum(k^2,k=1,N)=1/3 N^3+1/2 N^2+1/6 N
sum(k^3,k=1,N)=1/4 N^4+1/2 N^3+1/4 N^2
sum(k^4,k=1,N)=1/5 N^5+1/2 N^4+1/3 N^3-1/30 N
sum(k^5,k=1,N)=1/6 N^6+1/2 N^5+5/12 N^4-1/12 N^2


\stress\Addition allgemeiner Funktionen

Die nächste Verallgemeinerung betrifft die unendlich oft differenzierbaren Funktionen, da die geforderte Auflösung von Ausdrücken, die B enthalten, auch mit der Taylorentwicklung vorgenommen werden kann, genauer:

sum(f(k),k=N_1,N_2)=int(f(k-B),k,N_1-1,N_2) \lr(3)

Man beachte, dass sich die unteren Grenzen der Summe und des Integrals um 1 unterscheiden! Dies ist deshalb so, weil ja

sum(a_k,k=n,n)=a_n, aber
int(f(k),k,n,n)=0 ist.

Um die Integrationsgrenzen mit den Summationsgrenzen gleich zu setzen, muss einfach der erste Summand aus der Summe geholt werden:

sum(f(k),k=N_1,N_2)=f(N_1)+sum(f(k),k=N_1+1,N_2)
=f(N_1)+int(f(k-B),k,N_1,N_2) \lr(3a)

Bei der "Taylorentwicklung" eines Funktionsausdrucks f(x-B) wird sozusagen um x entwickelt oder ein "Polynom" in B gebildet:

f(x-B)=f(x)-B_1 f'(x)+B_2/2! f"(x)-...=e^(-Bd_x) f(x)


Auf \ref(3a) angewandt, ergibt dies die sogenannte Eulersche Summenformel:

sum(f(k),k=N_1,N_2)=f(N_1)+e^(-Bd_k) int(f(k),k,N_1,N_2) \lr(3b)
=int(f(k),k,N_1,N_2)+1/2 (f(N_2)+f(N_1))+sum(B_2i/(2i)! (f^((2i-1))(N_2)-f^((2i-1))(N_1)),i=1,\inf)

Hier ist also eine endliche Summe durch eine unendliche ersetzt! Man beachte, dass f^((2i-1))(N_m) die (2i-1)te Ableitung von f(x) an der Stelle N_m ist. Diese Formel wird meist zur näherungsweisen Berechnung bestimmter Summen eingesetzt, wobei im rechten Teil von \ref(3b) nur bis zu einem bestimmten i summiert und der Rest mit einem Restglied abgeschätzt wird. Dies kann man dann natürlich auch für Funktionen machen, die \nue\-mal differenzierbar sind. Auf diese Weise wurde die Stirlingsche Näherung für die Berechnung von N! ermittelt, nämlich über den Trick:

lnN! =ln1+ln2+ln3+...+lnN=sum(lnk,k=1,N) usw.


Eine andere nützliche, aber schon ziemlich bekannte Formel ergibt sich aus \- unter direkter Ausnutzung der Definition der Bernoulli\-Zahlen:

sum(q^k,k=0,N)=1+int(e^((k-B)lnq),k,0,N)
=1+e^(-Blnq)/lnq (q^N-1)=1+(q^N-1)/(1-q^(-1))=(q^(N+1)-1)/(q-1)

Ich wollte noch sum(k^k,k=1,N) oder auch sum(1/k^k,k=1,N) wenigstens näherungsweise angeben, scheitere aber an int(k^k,k,0,N) \- die Differentiationen sind dagegen ja machbar.
Vielleicht findet ja jemand eine Lösung.


Ein anderes Problem ist, ob in \ref(2) die Definition auf die negativen ganzen Zahlen ausgedehnt werden kann, man hätte dann:

(1-B)^(-1)=1/(1-B)=1+B_1+B_2+...=sum(B_k,k=0,\inf)=-1-B_(-1)
(1-B)^(-2)=1+2B_1+3B_2+...=sum((k+1)B_k,k,\inf) =-2+B_(-2) \lr(2a)
usw.

und außerdem

sum(k^(-i),k=1,\inf)=((-1)^(1-i))/(i-1) B_(1-i)=\zeta(i),

d.h. die in \ref(2a) angegebenen Summen erfordern, wenn sie z.B. mit Hilfe von \ref(3) berechnet werden sollen, eine Verallgemeinerung der Bernoulli\-Zahlen, die letztlich auf die \zeta\-Funktion hinausläuft. Das ist aber, glaube ich, eine andere Geschichte.

Gruß trunx


 
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: Interessierte Studenten :: Zahlentheorie :: Reine Mathematik :: Mathematik :: Potenzsummen :: Folgen und Reihen :: Polynome :: Bernoulli-Zahlen :
Endliche Summen [von trunx]  
Hier wird eine Verallgemeinerung des Gauss'schen Verfahrens zur Summation der Zahlen von 1 bis n besprochen.
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"Mathematik: Endliche Summen" | 7 Comments
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Re: Endliche Summen
von: SchuBi am: So. 19. Oktober 2003 08:36:26
\(\begingroup\)Hallo, Trunx!
Das ist eine sehr schöne Darstellung. Den Zusammenhang habe ich bisher nicht gewußt.\(\endgroup\)
 

Re: Endliche Summen
von: trunx am: Mo. 20. Oktober 2003 16:28:25
\(\begingroup\)Danke für die wohlwollende Aufnahme :-), trunx\(\endgroup\)
 

Re: Endliche Summen
von: trunx am: Mo. 20. Dezember 2004 00:00:22
\(\begingroup\) Hi, für sum(k^k,k=1,n) habe ich folgende 1. Näherung: sum(k^k,k=1,n)\approx\ n^n/(1-1/en) wobei e eben e ist, die Eulersche Konstante. bye trunx\(\endgroup\)
 

Re: Endliche Summen
von: trunx am: Mi. 16. März 2005 13:54:42
\(\begingroup\) Hi, für sum(1/(k^k),k=n,m) habe ich folgende 1. Näherung: sum(1/(k^k),k=n,m)\approx\ 1/(n^n\.(1-1/(e(n+1)))) wobei e eben e ist, die Eulersche Konstante. Insbesondere ist damit sum(1/(k^k),k=1,\inf)\approx\ 1/(1-1/2e) bye trunx\(\endgroup\)
 

Re: Endliche Summen
von: trunx am: Mi. 08. März 2006 00:01:05
\(\begingroup\)hier gibt es weitere allgemeine Darstellungen und hier ist noch eine Beweisskizze von Dietmar (1/4) für einzelne Potenzsummen zu finden. bye trunx\(\endgroup\)
 

Re: Endliche Summen
von: bansh33 am: Di. 01. Juli 2008 12:07:12
\(\begingroup\)Was ist Rekursion (?) und wie kann man mit diesem (n über k) rechnen? das heißt was führt dazu den term dahingehend umzuformen (und wie umzuformen?!) ? 😮 ganz liebe grüße, ps: ansonsten sehr schöner artikel für mich leider noch fast gänzlich unverständlich\(\endgroup\)
 

Re: Endliche Summen
von: huepfer am: Di. 01. Juli 2008 12:39:51
\(\begingroup\)Hallo bansh, "um Rekursion zu verstehen, muss man Rekursion verstehen." Oder im Ernst: Rekursion bedeutet, dass Du eine Vorschrift hast, wie Du aus einem Eingabeparameter einen Ausgabeparameter erhälst und diese Vorschrift dann immer weiter auf die erahltenen Ausgabeparameter anwendest. Dieses (n über k) nennt sich Binomialkoeffizient. Unter diesem Stichwort solltest Du alles nötige finden. Gruß, Felix\(\endgroup\)
 

 
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