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Mathematik: Differentiale in der Algebra
Released by matroid on So. 04. Mai 2014 02:00:20 [Statistics] [Comments]
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Mathematik

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Differentiale in \partialer Algebra

Differentiale und Tangentialvektoren auf Mannigfaltigkeiten gehören meist zum Grundstudium der Mathematik. In diesem Artikel möchte ich kurz eine algebraische Variante davon vorstellen. Hierbei wird die Mannigfaltigkeit durch eine kommutativen Algebra A ersetzt, und Differentiale werden zu Elementen eines gewissen A-Moduls \Omega^1_A. Mit Hilfe von Modulgarben werden schließlich die beiden Welten (Geometrie - Algebra) miteinander vereint.


1. Derivationen

Derivationen algebraisieren das Konzept einer Ableitung. Im folgenden sei stets k ein fixierter kommutativer Grundring. Ferner sei A eine kommutative k-Algebra. Derivationen. Es sei M ein A-Modul. Eine k-Derivation von A nach M ist eine k-lineare Abbildung d : A \to M, die der Leibnizregel d(ab)=a \, d(b) + b \, d(a) für alle a,b \in A genügt. Aus der Leibnizregel folgt leicht d(1)=0 und damit d|_k = 0. Ein typisches Beispiel ist die gewöhnliche Ableitung von Polynomen d : k[x] \to k[x], f \mapsto \frac{\partial f}{\partial X}. Die Menge der k-Derivationen von A nach M wird mit \mathrm{Der}_k(A,M) bezeichnet. Tatsächlich ist dies sogar ein A-Modul. Alternative Beschreibung. Dazu machen wir den A-Modul A \oplus M zu einer A-Algebra, in der 1 \in A die Eins wird und M * M = 0 wird. Das heißt (a + m) * (b + n) = ab + (an+bm). Dann ist die Projektion p : A \oplus M \to A ein Homomorphismus von Algebren. Für eine Derivation d : A \to M ist nun die Leibnizregel äquivalent zu (ab + d(ab))=(a + d(a))(b + d(b)) in A \oplus M. Das bedeutet aber, dass f : A \to A \oplus M, f(a)=a + d(a) ein Homomorphismus von k-Algebren ist. Tatsächlich sehen wir: Die k-Derivationen d : A \to M entsprechen 1:1 den Homomorphismen von k-Algebren f : A \to A \oplus M mit p f = \mathrm{id}, d.h. den Schnitten von p. Polynome. Ein wichtiges Beispiel ist der Fall, dass A=k[X_1,\dotsc,X_n] eine Polynomalgebra ist. Eine Derivation d : A \to M entspricht einem Homomorphismus von k-Algebren f : A \to A \oplus M mit p f = \mathrm{id}. Die universelle Eigenschaft der Polynomalgebra sagt uns, dass f vollständig durch die Bilder f(X_i)=a_i + m_i bestimmt ist. Weil aber a_i=X_i vorgegeben ist, kommt es nur auf die m_i an. Mit anderen Worten: Für jede Wahl von m_i \in M gibt es genau eine k-Derivation d : k[X_1,\dotsc,X_n] \to M mit d(X_i)=m_i. Die Abbildung \mathrm{Der}_k(k[X_1,\dotsc,X_n],M) \to M^n, d \mapsto (d(X_i))_i ist also bijektiv. Für jedes m \in M und i \in \{1,\dotsc,n\} ist zum Beispiel f \mapsto \frac{\partial f}{\partial X_i} m eine k-Derivation, welche X_i auf m und alle anderen X_j auf 0 abbildet. Es folgt daher für eine beliebige k-Derivation d auf der Polynomalgebra, dass d(f) = \sum_{i=1}^{n} \frac{\partial f}{\partial X_i} d(X_i). Quotienten. Es sei I ein Ideal von A, M ein A/I-Modul und d : A \to M eine k-Derivation. Nach dem Homomorphiesatz lässt sich d zu einer k-linearen Abbildung \overline{d} : A/I \to M fortsetzen genau dann, wenn d|_I = 0. In diesem Fall ist offenbar \overline{d} selbst eine k-Derivation. Wir folgern daraus, dass 0 \to \mathrm{Der}_k(A/I,M) \to \mathrm{Der}_k(A,M) \to \mathrm{Hom}_k(I,M) eine exakte Sequenz von A/I-Moduln ist. Arithmetik. Weil in der Leibniz-Regel nicht wirklich die Subtraktion in den Ringen oder Moduln benutzt wird, und auch nicht die Addition der Ringe, kann man die Theorie genauso gut für kommutative Monoide und Moduln darüber aufziehen - was dann Anwendungen in der Zahlentheorie und der "Geometrie über \mathds{F}_1" findet. Ein bedeutendes Beispiel ist die arithmetische Ableitung d : \mathds{N} \to \mathds{N}, die durch die Eigenschaft d(p)=1 für Primzahlen p und die Leibniz-Regel d(ab)=a \, d(b) + b \, d(a) bestimmt ist.

2. Modul der Differentiale

Modul der Differentiale. Der A-Modul \Omega^1_{A/k} der Differentiale (1. Ordnung) ist ein A-Modul zusammen mit einer k-Derivation d : A \to \Omega^1_{A/k}, die im folgenden Sinne universell ist: Für jede k-Derivation D : A \to M in einen A-Modul M gibt es genau einen Homomorphismus von A-Moduln f : \Omega^1_{A/k} \to M mit fd = D. Mit anderen Worten, die Abbildung \mathrm{Hom}_A(\Omega^1_{A/k},M) \to \mathrm{Der}_k(A,M), f \mapsto fd sei bijektiv. Aus dem Yoneda-Lemma folgt, dass dies gleichbedeutend damit ist, dass es einen natürlichen Isomorphismus von Funktoren \mathrm{Hom}_A(\Omega^1_{A/k},-) \cong \mathrm{Der}_k(A,-) von A-Moduln nach Mengen (bzw. sogar A-Moduln) gibt. Das bedeutet also, dass \Omega^1_{A/k} zusammen mit d eine Darstellung des Funktors \mathrm{Der}_k(A,-) ist. Existenz. Es gibt mindestens fünf Konstruktionen von \Omega^1_{A/k}. Die wohl einfachste konstruiert diesen A-Modul einfach durch Erzeuger d(a) (was zunächst nur formale Symbole sind) für a \in A und den Relationen d(u)=0 für u \in k sowie d(ab) = a \, d(b) + b \, d(a). Dann ist die Abbildung d : A \to \Omega^1_{A/k} eben nach Konstruktion eine k-Derivation - ebenso folgt die universelle Eigenschaft per Konstruktion. Die folgende alternative Konstruktion habe ich gefunden und noch nirgendwo sonst gelesen: Die k-lineare Abbildung A \otimes_k A \to A \otimes_k A, a \otimes b \mapsto ab \otimes 1 - b \otimes a - a \otimes b setzt sich zu einer A-linearen Abbildung (A \otimes_k A) \otimes_k A \to A \otimes_k A fort, wobei A von rechts wirkt. Es sei \Omega^1_{A/k} der Kokern, und d(a) das Bild von a \otimes 1. Dann folgt die universelle Eigenschaft automatisch. Viel wichtiger als die Konstruktion ist aber die Definition, sprich die universelle Eigenschaft von \Omega^1_{A/k}. Beispiel. Es sei A=k[X_1,\dotsc,X_n] eine Polynomalgebra. Dann wissen wir \mathrm{Der}_k(A,M) \cong M^n \cong \mathrm{Hom}_A(A^n,M). Daraus folgt, dass \Omega^1_{A/k} frei vom Rang n ist mit Basis d(X_1),\dotsc,d(X_n). Übrigens liefert das einen schnellen Beweis für k[X_1,\dotsc,X_n] \cong k[Y_1,\dotsc,Y_m] \Rightarrow n=m (falls k \neq 0). Quotienten. Wir lassen das k in der Notation hier einmal weg. Es sei M ein A/I-Modul. Wir haben bereits eine exakte Sequenz 0 \to \mathrm{Der}(A/I,M) \to \mathrm{Der}(A,M) \to \mathrm{Hom}(I,M) konstruiert. Dabei ist \mathrm{Der}(A/I,M) \cong \mathrm{Hom}_{A/I}(\Omega^1_{A/I},M), \mathrm{Der}(A,M) \cong \mathrm{Hom}_A(\Omega^1_A,M) \cong \mathrm{Hom}_{A/I}(\Omega^1_A \otimes_A A/I,M) sowie \mathrm{Hom}(I,M) \cong \mathrm{Hom}_{A/I}(I \otimes A/I,M). Aus dem Yoneda-Lemma ergibt sich nun eine exakte Sequenz von A/I-Moduln I \otimes A/I \to \Omega^1_A \otimes_A A/I \to \Omega^1_{A/I} \to 0. Dabei geht i \otimes 1 auf d(i) \otimes 1 und d(a) \otimes 1 auf d(a \bmod I). Das lässt sich nun auch als Isomorphismus \Omega^1_{A/I} = \Omega^1_A / (I \Omega^1_A,d(I)) schreiben. Das ermöglicht es, diesen Modul der Differentiale wirklich auszurechnen. Berechnung. Es sei A eine beliebige kommutative k-Algebra. Wir nehmen an, dass A endlich-erzeugt ist (lediglich um die Notation zu vereinfachen, der allgemeine Fall geht exakt genauso). Dann ist also A = k[X_1,\dotsc,X_n]/I für ein n \in \mathds{N} und ein Ideal I. Aus den vorherigen Ergebnissen folgt, dass \Omega^1_{A/k} der freie A-Modul erzeugt von d(X_1),\dotsc,d(X_n) modulo den Relationen d(f)=0 für f \in I ist, wobei wir d(f) für ein Polynom f wie oben durch die d(X_i) ausdrücken. Die Polynome f \in I mit d(f)=0 bilden ohnehin ein Ideal: Weil wir in einem A/I-Modul sind, vereinfacht sich die Leibniz-Regel nämlich zu d(fg)=f d(g) falls g \in I. Wenn also I als Ideal von gewissen Polynomen f erzeugt wird, so reicht es die Relation d(f)=0 zu betrachten. Beispiel. Es sei A=k[X,Y]/(X^2+Y^2-1). Dann ist \Omega^1_{A/k} frei erzeugt von d(X),d(Y) mit der Relation 2 X d(X) + 2 Y d(Y) = 0. Falls 2=0 in k, ist dies also frei vom Rang 2. Falls 2 \in k^*, vereinfacht sich die Relation aber zu X d(X) + Y d(Y) = 0. Außerdem folgt d(X) = (X^2+Y^2) d(X) = X (X d(X)) + Y^2 d(X) = X (-Y d(Y)) + Y^2 d(X) = Y (Y d(X) - X d(Y)). Analog folgt auch d(Y) = X (Y d(X) - X d(Y)). Das bedeutet aber, dass \Omega^1_{A/k} ein freier A-Modul vom Rang 1 ist, und zwar erzeugt von Y d(X) - X d(Y). Übrigens, ob entsprechend \Omega^1_{k[X,Y,Z]/(X^2+Y^2+Z^2-1)} frei vom Rang 2 ist, hängt noch viel mehr von k ab: Für k=\mathds{R} ist dies nicht der Fall, das hängt damit zusammen, dass die reelle Sphäre S^2 nicht parallelisierbar ist, d.h. das Tangentialbündel nicht trivial ist. Die Komplexifizierung ist es aber. Tatsächächlich ist der Modul für k=\mathds{C} frei vom Rang 2. Das zu sehen ist schon etwas aufwändiger. Mehr dazu gibt es in R. Swans Originalarbeit Vector bundles and projective modules. Glattheit. Das Tangentialbündel einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit ist lokal trivial und besitzt Rang n. Das Analogon in der kommutativen Algebra lautet: Ist A eine kommutative k-Algebra, so ist A glatt über k von relativer Dimension n genau dann, wenn \Omega^1_{A/k} lokalfrei vom Rang n ist. Dafür verweise ich etwa auf das Buch Algebraic Geometry and Commutative Algebra von S. Bosch. Zum Beispiel ist \mathds{R}[X,Y]/(X^2+Y^2-1) glatt von relativer Dimension 1 über \mathds{R} (es entspricht grob dem Kreis S^1) und wir haben schon gesehen, dass \Omega^1 hier frei vom Rang 1 ist. Für drei Variablen \mathds{R}[X,Y,Z]/(X^2+Y^2+Z^2-1) ist \Omega^1 erzeugt von d(X),d(Y),d(Z) mit der Relation X d(X) + Y d(Y) + Z d(Z) = 0. Auf der basis-offenen Menge D(X) wird \Omega^1 also frei von d(Y),d(Z) erzeugt, analoges passiert auf D(Y) und D(Z). Diese drei Mengen überdecken aber das Spektrum. Also ist \Omega^1 lokalfrei vom Rang 2, aber wie schon erwähnt nicht (global) frei. Der lokale Ring A=\mathds{R}[X]/(X^2) ist nicht glatt über \mathds{R}, und tatsächlich ist \Omega^1_{A/\mathds{R}} frei erzeugt von d(X) mit der Relation X d(X)=0, also isomorph zum A-Modul A/(X), welcher nicht frei ist. Ein Spezialfall des Satzes ist übrigens, dass für eine algebraische Körpererweiterung L/K der L-Modul \Omega^1_{L/K} genau dann 0 ist, wenn L/K separabel ist. Differentiale höherer Ordnung. Für n \in \mathds{N} kann man den Modul der Differentiale der Ordnung n einer k-Algebra A durch \Omega^n_{A/k} := \Lambda^n \Omega^1_{A/k} definieren. Hierbei bezeichnet \Lambda^n die n-te äußere Potenz. Es gibt eine algebraische Variante des de Rham Komplexes von k-linearen Abbildungen A=\Omega^0_{A/k} \xrightarrow{d^1} \Omega^1_{A/k} \xrightarrow{d^2} \Omega^2_{A/k} \xrightarrow{d^3} \Omega^3_{A/k} \to \dotsc welcher mit der universellen Derivation d^1=d beginnt und zudem einer graduierten Leibniz-Regel genügen muss. Zum Beispiel ist d^2 durch a \, d(b) \mapsto d(a) \wedge d(b) gegeben. Damit lässt sich nun auch algebraische de Rham Kohomologie H^n_{dR}(A/k) := H^n(\Omega^*_{A/k}) definieren. Für A=\mathds{R}[X,Y,Z]/(X^2+Y^2+Z^2-1) etwa kennen wir schon \Omega^1, es gilt \Omega^3=0 und \Omega^2 wird erzeugt von u = d(X) \wedge d(Y), v = d(Y) \wedge d(Z), w = d(Z) \wedge d(X) mit den Relationen X u = Z v, X w = Y v, Y u = Z w (wie man leicht durch Wedgen der Relation X \, d(X) + Y \, d(Y) + Z \, d(Z)=0 mit d(X),d(Y),d(Z) sieht). Es folgt u = (X^2+Y^2+Z^2)u = XZv + YZw + Z^2 u = Z \omega mit \omega = Xv + Yw + Zu. Daher ist \Omega^2 frei erzeugt von \omega. Wie sieht die de Rham Kohomologie hier aus?

3. Modulgarbe der Differentiale

Nun übertragen wir Derivationen und Differentiale in die algebraische Geometrie - die ich an dieser Stelle voraussetze. Globale Derivationen. Es sei f : X \to S ein Morphismus von geringten Räumen. Für einen \mathcal{O}_X-Modul M nennen wir einen Homomorphismus d : \mathcal{O}_X \to M von abelschen Garben eine \mathcal{O}_S-Derivation, wenn für alle offenen Mengen W \subseteq S und alle offenen Mengen U \subseteq f^{-1}(W) der Homomorphismus d(U) : \mathcal{O}_X(U) \to M(U) eine Derivation bezüglich f^\# : \mathcal{O}_S(W) \to \mathcal{O}_X(U) ist. Die Menge der \mathcal{O}_S-Derivationen bezeichnen wir mit \mathrm{Der}_{\mathcal{O}_S}(\mathcal{O}_X,M). Wir erhalten einen Funktor \mathrm{Der}_{\mathcal{O}_S}(\mathcal{O}_X,-). Eine Darstellung dieses Funktors bezeichnen wir mit \Omega^1_{X/S}. Beachte dass diese Definitionen mit den vorherigen für Ringen übereinstimmen, wenn wir uns auf geringte Räume auf einelementigen Räumen einschränken. Existenz. Tatsächlich existiert \Omega^1_{X/S}. Man betrachte den Kolimes \Omega'^1_{X/S}(U) := \mathrm{colim}_{\,\substack{ W \subseteq S \text{~offen~} \\ U \subseteq f^{-1}(W) }} \Omega^1_{\mathcal{O}_X(U) / \mathcal{O}_S(W)}. Dies definiert eine \mathcal{O}_X-Modul-Prägarbe \Omega'^1_{X/S}. Nun sei \Omega^1_{X/S} die assoziierte \mathcal{O}_X-Modulgarbe. Dann ist die universelle Eigenschaft offenbar erfüllt. Quasikohärenz. Falls f : X \to S sogar ein Morphismus von Schemata ist, so ist \Omega^1_{X/S} sogar quasikohärent: Wir können uns auf den affinen Fall X=\mathrm{Spec}(A), S=\mathrm{Spec}(k) einschränken und müssen zeigen, dass \widetilde{\Omega^1_{A/k}} = \Omega^1_{\mathrm{Spec}(A)/\mathrm{Spec}(k)} für kommutative k-Algebren A. Für einen \mathcal{O}_{X}-Modul M gilt nun aber \mathrm{Hom}_{\mathcal{O}_{X}}(\widetilde{\Omega^1_{A/k}},M) \cong \mathrm{Hom}_A(\Omega^1_{A/k},M(X)) \cong \mathrm{Der}_k(A,M(X)) sowie \mathrm{Hom}(\Omega^1_{\mathrm{Spec}(A)/\mathrm{Spec}(k)},M) \cong \mathrm{Der}_{\mathcal{O}_S}(\mathcal{O}_X,M). Wir müssen also zeigen, dass sich jede k-Derivation d : A \to M(X) eindeutig zu einer \mathcal{O}_S-Derivation \delta : \mathcal{O}_X \to M ausdehnt (d.h. d=\delta(X)). Für f \in A haben wir eine k-Derivation d|_{D(f)} : A \to M(D(f)). Dabei ist M(D(f)) eigentlich ein A_f-Modul. Nach der "Quotientenregel" setzt sich diese Derivation eindeutig fort zu einer k-Derivation A_f \to M(D(f)). Dies dient nun als Definition von \delta(D(f)). Im allgemeinen Fall verkleben wir und nutzen auf den Durchschnitten D(f) \cap D(g) die Eindeutigkeit, um die Kompatibilität zu gewährleisten. Tangentialbündel. Das Tangentialbündel eines Morphismus von Schemata f : X \to S ist durch T(X/S) := \mathrm{Spec}_X(\mathrm{Sym}_{\mathcal{O}_X}(\Omega^1_{X/S})) definiert. Dies ist also ein X-Schema. Wenn X/S glatt von relativer Dimension n ist, dann ist T(X/S) tatsächlich lokal isomorph zu \mathds{A}^n_S. Universelle Eigenschaft. Für alle p : Y \to X gilt \mathrm{Hom}_X(Y,T(X/S)) \cong \mathrm{Hom}_{\mathrm{Alg}(\mathcal{O}_X)}(\mathrm{Sym}_{\mathcal{O}_X}(\Omega^1_{X/S}),p_* \mathcal{O}_Y) \cong \mathrm{Der}_{\mathcal{O}_S}(\mathcal{O}_X,p_* \mathcal{O}_Y). Das kann nun aber mit der Menge der \mathcal{O}_S-Algebren-Homomorphismen \mathcal{O}_X \to p_* \mathcal{O}_Y[\varepsilon]/(\varepsilon^2) identifiziert werden, die modulo \varepsilon gleich p^\# sind. Man erhält daraus leicht für alle q : Y \to S: \mathrm{Hom}_S(Y,T(X/S)) \cong \mathrm{Hom}_S(Y[\varepsilon],X). Dabei ist Y[\varepsilon] := Y \otimes_{\mathds{Z}} \mathds{Z}[\varepsilon]/\varepsilon^2 die Aufdickung von Y. Wir erhalten also eine sehr prägnante kategorielle Charakterisierung des Tangentialbündels: Das Tangentialbündel ist rechtsadjungiert zur Aufdickung. Wenn man hier \mathds{Z}[\varepsilon]/\varepsilon^2 durch andere Algebren ersetzen möchte, kommt man direkt zur Theorie der Weil-Restriktion. Vergleich zu Mannigfaltigkeiten. Interessanterweise funktioniert die obige Definition des Tangentialbündels aber sogar für beliebige lokalgeringte Räume. Wenden wir das nun an auf S=\mathds{R} (als Punkt) und eine reelle Mannigfaltigkeit X (zusammen mit ihrer Garbe \mathcal{O}_X glatter Funktionen), so sollte sich für T(X/\mathds{R}) nach Übergang zu \mathds{R}-wertigen Punkten (also insb. von \mathds{A}^n_{\mathds{R}} nach \mathds{R}^n) das bereits bekannte Tangentialbündel von X ergeben. Dazu muss man i.W. nur einsehen, dass für X=\mathds{R}^n der "algebraische" \mathcal{O}_X-Modul \Omega^1_{X/\mathds{R}} tatsächlich auch frei vom Rang n ist, bzw. dass für jede \mathcal{O}_X-Derivation d : \mathcal{O}_X \to M bereits d(f) = \sum_{i=1}^{n} \frac{\partial f}{\partial x_i} \cdot d(x_i) gilt. Dazu kann man den gewöhnlichen Beweis von \dim T_p( \mathds{R}^n )=n übernehmen (siehe etwa Theorem 1.17 in Warner, Foundations of Differential Manifolds and Lie groups).

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Differentiale in der Algebra [von Martin_Infinite]  
Differentiale in partialer AlgebraDifferentiale und Tangentialvektoren auf Mannigfaltigkeiten gehören meist zum Grundstudium der Mathematik. In diesem Artikel möchte ich kurz eine algebraische Variante davon vorstellen. Hierbei wird die Mannigfaltigkeit durch eine kommutativen Algebra A ersetzt, und
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"Mathematik: Differentiale in der Algebra" | 5 Comments
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Re: Differentiale in der Algebra
von: PhysikRabe am: So. 04. Mai 2014 21:59:24
\(\begingroup\)Schöner Artikel, Martin, auch wenn ich nicht alles verstanden habe. Vielen Dank dafür! 😄 Wie kommst du bloß auf diese Themen? Da muss man schon einen gewaltigen Überblick haben, Respekt. Grüße, Rabe\(\endgroup\)
 

Re: Differentiale in der Algebra
von: PhysikRabe am: Mo. 05. Mai 2014 09:04:28
\(\begingroup\)Eine Frage die Notation betreffend: In dem Isomorphismus von Funktoren $\mathrm{Hom}_A(\Omega^1_{A/k},-) \cong \mathrm{Der}_k(A,-)$, wie ist die Notation mit dem $-$ zu verstehen? Was für ein Funktor ist etwa $\mathrm{Der}_k(A,-)$ ? Sorry, ist vermutlich eine triviale Frage, aber Kategorientheorie steht noch auf meiner Agenda... 😉 \(\endgroup\)
 

Re: Differentiale in der Algebra
von: Martin_Infinite am: Mo. 05. Mai 2014 09:19:06
\(\begingroup\)Hallo. Das ist der Funktor $\mathrm{Der}_k(A,-) : \mathsf{Mod}(A) \to \mathsf{Set}$, $M \mapsto \mathrm{Der}_k(A,M)$, $f \mapsto (\delta \mapsto f \circ \delta)$.\(\endgroup\)
 

Re: Differentiale in der Algebra
von: PhysikRabe am: Mo. 05. Mai 2014 11:48:41
\(\begingroup\)Und analog für $\mathrm{Hom}_A(\Omega^1_{A/k},-)$. Danke, hätte ich mir fast denken können. 😄 Ich sollte wirklich mal die MP-Artikelreihe zur Kategorientheorie lernen.\(\endgroup\)
 

Re: Differentiale in der Algebra
von: Lavendeltee am: Sa. 10. Dezember 2022 12:27:43
\(\begingroup\)Hallo, ich versuche zu verstehen, weshalb für den $X = \mathbf{R}^n$ mit der Garbe $\mathscr{O}_X$ der glatten Funktionen jede Derivation $d \colon \mathscr{O}_X \to M$ in einen $\mathscr{O}_X$-Modul $M$ die Form $d(f) = \sum \frac{\partial f}{\partial X^i} \cdot d(X^i)$ hat, wie es im letzten Absatz behauptet wird. Mein Ansatz ist wie folgt: Ich habe Abbildungen $\Phi \colon \mathrm{Der}(\mathscr{O}_X,M) \to M(X)^n$, $d \mapsto (d(X^1), \dots, d(X^n))$ sowie $\Psi \colon M(X)^n \to \mathrm{Der}(\mathscr{O}_X, M)$, wobei $(s_1, \dots, s_n)$ auf die Derivation $d$ mit $d(f) = \sum \frac{\partial f}{\partial X^i} s_i|_U$ abgebildet wird (für $f \in \mathscr{O}_X(U)$). Sicherlich gilt $\Phi \circ \Psi = \mathrm{id}$, weswegen es genügt, zu zeigen, dass $\Phi$ injektiv ist. Sei dazu $d \in \mathrm{Der}( \mathscr{O}_X, M)$ mit $d(X^i) = 0$ für $i = 1, \dots, n$. Zu zeigen ist $d(f) = 0$ für alle $f \in \mathscr{O}_X(U)$, wobei $U \subset X$ eine offene Teilmenge ist. Man kann annehmen, dass $U$ ein Ball in $\mathbf{R}^n$ ist. Für jeden Punkt $a \in U$ mit Koordinaten $a^i$ kann man dann nach Hadamard's Lemma $f \equiv f(a) + \sum (X^i - a^i) g_i$ für gewisse glatte Funktionen $g_i \in \mathscr{O}_X(U)$ schreiben. Aus den Eigenschaften einer Deriviation und der Annahme ergibt sich dann $d(f) = \sum g_i d(X^i) + (X^i - a^i) d(g_i) = \sum (X^i - a^i) d(g_i)$. Man sieht also, dass das Bild von $d(f)$ in $M_a / \mathfrak{m}_{X,a} M_a$ verschwindet, und zwar für beliebiges $a \in U$. (Hierbei bezeichnet $M_a$ den Halm von $M$ am Punkt $a$ und $\mathfrak{m}_{X,a} \subset \mathscr{O}_{X,a}$ das Ideal der Funktionskeime, welche an $a$ verschwinden.) Für gewisse $M$, etwa $M = \mathscr{O}_X$ genügt dies, um auf $d(f) = 0$ zu schließen, aber ich denke im Allgemeinen nicht. Benötigt man vielleicht eine stärkere Variante von Hadamard's Lemma? Viele Grüße Lavendeltee\(\endgroup\)
 

 
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