Gruppen, Ringe, Körper

Lüneburg, Heinz

Buchcover
In diesem Buch geht es vor allem um Fragen der Körpertheorie. Galoissche Theorie, Auflösbarkeit von algebraischen Gleichungen, Transzendenzbasen von Körpern und der algebraische Abschluß eines Körpers, das sind seine Themen. Das, was über Gruppen gesagt wird, dient dazu, die galoissche Theorie mit Leben zu erfüllen. Unter anderem wird die Einfachheit der alternierenden Gruppe bewiesen, so daß man in den symmetrischen Gruppen nicht auflösbare Gruppen erhält, wenn nur ihr Grad mindestens fünf ist. Um die einschlägigen Sätze über Transzendenzbasen zu beweisen und um den algebraischen Abschluß eines Körpers zu konstruieren, bedarf es transfiniter Methoden, die zu Beginn bereitgestellt werden. Die Stichworte hier sind das Auswahlaxiom, das Zornsche Lemma, das Lemma von Teichmüller-Tukey und der Zermelosche Wohlordnungssatz sowie die transfinite Form des Heiratssatzes. Für alles braucht man die Polynomringe in einer und mehreren Unbestimmten, die mit aller Sorgfalt definiert werden. Auch die symmetrischen Polynome finden ihren Platz und ihre Anwendung. Schließlich findet der Leser am Ende jeden Abschnitts eine bewußte Auswahl lohnender Aufgaben, die den Text ergänzen und vertiefen. So schreibt Lüneburg auf der Rückseite seines Algebra-Werkes, was er auf seiner Homepage weiter vertieft, siehe hier. Die feine Unterteilung der Kapitel finde ich besonders gut, weil man so einen besseren Überblick behält:
1. Relationen und Abbildungen 2. Das Auswahlaxiom 3. Weiteres Werkzeug aus der Mengenlehre 4. Unabhängigkeitsstrukturen 5. Gruppen 6. Homomorphismen 7. Operatorgruppen 8. Die symmetrische Gruppe 9. Ringe 10. Die Sylowgruppen der symmetrischen Gruppe 11. Die Einfachheit der alternierenden Gruppen 12. Nilpotente Gruppen 13. Auflösbare Gruppen 14. Polynomringe 15. Symmetrische Polynome 16. Erweiterungskörper 17. Der Zerfällungskörper eines Polynoms18. Galoisfelder 19. Separable und inseparable Erweiterungen 20. Der Satz vom primitiven Element 21. Die Galoisgruppe 22. Der Hauptsatz der Galoistheorie 23. Der Fundamentalsatz der Algebra 24. Gleichungen 2., 3. und 4. Grades 25. Die Kreisteilungspolynome 26. Endliche abelsche Gruppen 27. Noethersche Gleichungen 28. Kummersche Erweiterungen 29. Der Translationssatz 30. Auflösbarkeit durch Radikale 31. Irreduzible Gleichungen von Primzahlgrad 32. ggT-Bereiche 33. Transzendenzbasen 34. Der algebraische Abschluß eines Körpers
Das macht dann ziemlich genau 200 Seiten Algebra. Ich möchte noch einiges zum Stil dieses Buches loswerden, der wohl typisch für den Autor ist, den man aufgrund dessen, seiner Mails und anderer Texte als selbstherrlich und linientreu charakterisieren kann. Der Stil entspricht dem des später verfassten LA-Buches von Lüneburg, das ich hier rezensiert habe. Es ist schon richtig, daß die erwähnten Themen mit großer Sorgfalt behandelt werden. Jedoch wird wenig Wert auf die Veranschaulichung der Beweise gelegt. Die besten Formulierungen und Formel-Ungetüme nützen nichts, wenn nicht einmal ansatzweise darauf hingewiesen wird, was der Ansatz, die Grundidee, der Kern eines Beweises ist. Manchmal ist das wirklich unmöglich, aber beim Lesen merkt man immer wieder, daß man hier und da noch einige Bemerkungen zum besseren Verständnis des Inhaltes einstreuen hätte können. Entsprechend sind die Übungsaufgaben ziemlich anspruchsvoll. Dabei werden in den Beweisen selber schon viele Übungsaufgaben verteilt, da der Autor nicht jedes kleinste Details ausführen möchte, und das dann z.B. mit einer am Ende des Kapitels gegeben Übungsaufgabe aufräumt: "Kommen sie allen im Text verstreuten Aufforderungen "Dies sei dem Leser als Übungsaufgabe überlassen." nach." Die Frage, ob man dieses Buch als Anfänger lesen sollte, kann ich nicht ganz eindeutig beantworten: Einerseits wird wirklich beim Urschleim des Studiums angefangen, es werden alle erwähnten Begriffe eingeführt. Andererseits merkt man keinerlei Unterstützung des Autors für den Anfänger. Beispielzitate: " Langweilige, aber banale Rechnungen zeigen, daß ... " " Dies hat für K[x] die aus dem Anfängerunterricht bekannten Folgen, daß ... " " Soviel an Vorwarnungen an den Leser, daß ihn nun nicht mehr Alltägliches erwartet. " Vielmehr steht zwischen den Zeilen "Das kennen Sie ja schon alles, da muß ich nicht mehr zu sagen". In den Übungsaufgaben wird aber explizit klar, daß Grundkenntnisse in Linearer Algebra und Graphentheorie erwünscht sind. Graphentheorie ist jedoch nicht erforderlich, um dem roten Faden, der Algebra, folgen zu können. Hinzu kommt die bereits angesprochene fade Beweisstruktur. Ein weiteres Manko ist der zwar theoretisch wertvolle Verallgemeinerungsprozess, der in diesem Buch jedoch so weit gediehen ist, dass das Studium von konkreten algebraischen Strukturen viel zu kurz gekommen ist. Normalerweise wird dies vor allem mit Übungsaufgaben betrieben, diese sind hier jedoch wieder für allgemeine Aussagen gedacht. Was mich letztlich doch zur guten Bewertung geführt hat, ist die Ausführlichkeit, die auch von der angesprochenen Verallgemeinerung von bestimmten Eigenschaften herrüht. Da wirkt der Untertitel "Die grundlegenden Strukturen der Algebra" doch viel zu bescheiden. Lüneburg untersucht diese Strukturen sehr, sehr genau, und versteht es, sie mit anderen Teilgebieten der Mathematik, besonders der Linearen Algebra, der Graphentheorie und der Mengenlehre, in eine schöne Verbindung zu bringen. Auch werden immer wieder Ansatzpunkte für nicht im Buch behandelte Theorien gegeben, für die jeweils weiterführende Literatur angegeben ist.


Hinzugefügt am: 2004-12-23
Kritiker: Martin_Infinite
Bewertung

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Gelesen: 10930




Durchschnittsbewertung: 7 Bewertungen

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Weitere Kommentare:
Gruppen, Ringe, Körper
Bewertung von Buri am 23.12.2004

Buri schreibt:

Wer ein Buch über dieses Thema haben möchte, das auch schwierigen Fragen nicht ausweicht, sondern im Zweifelsfall immer nach der allgemeineren und nicht nach einer speziellen Antwort sucht, ist mit diesem Buch sehr gut bedient.

Der Verfasser geht allerdings hier und da gänzlich eigene Wege, die man als revolutionär bezeichnen könnte, er versucht also an manchen Stellen, mit der Tradition zu brechen, die von Generationen von Mathematikern aufgebaut wurde.

Der Feststellung meines Vor-Rezensenten, daß der Leser dieses Buches häufig "offensichtlichen" Aussagen ins Auge schaut, die gar nicht offensichtlich sind - ich formulierte es mit meinen Worten, aber ich denke, das hat Martin gemeint - , kann ich mich anschließen.

Diese Wertung rührt daher, daß ich dieses Buch für eine begrenzte Zeit ansehen konnte, daher könnte mein Eindruck oberflächlich oder gar unzutreffend sein.
Buri


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Gruppen, Ringe, Körper
Bewertung von riemann05 am 28.04.2005

riemann05 schreibt:

Nicht geeignet für anfänger der Algebra.


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Gruppen, Ringe, Körper
Bewertung von Martin_Infinite am 29.04.2005

Martin_Infinite schreibt:

@Riemann: Bücher, die nicht für Anfänger geschrieben sind, können nicht gut sein?
@Buri: Hast du dir das Buch noch einmal angesehen? ;)



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Gruppen, Ringe, Körper
Bewertung Keine Wertung von DaMenge am 29.04.2005

DaMenge schreibt:

@MI : riemann hat doch nicht behauptet, dass es nicht gut sei - ihm scheint es nur nicht so zu gefallen, wie dir. Ich finde solche Meinungen aber besonders wichtig, denn dies zeigt einem potenziellen Käufer, dass er/sie sich das Buch mal mindestens vorher anschauen sollte, bevor er/sie es (online) kauft.
Die viel wichtigere Frage ist : wieso hat sich deine Bewertung geändert?

[ich kenne dieses Buch nicht, deshalb keine wertung - falls solche Kommentare bei Büchern nicht erwünscht sind, bitte ich diesen Post zu löschen.]


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Gruppen, Ringe, Körper
Bewertung Keine Wertung von Martin_Infinite am 29.04.2005

Martin_Infinite schreibt:

Meine Wertung hat sich geändert, weil ich vergessen hatte, 'keine Wertung' anzuwählen :( Habe Matroid schon PMt.

Ist es denn diesem Buch eigen, dass man es sich vorher anschauen bzw. wenigstens eine (zB meine) Rezension durchlesen sollte? Wieso sollte man denn einem Buch unterstellen, dass es für alle Zielgruppen geeignet ist? Ich finde es echt schade, dass viele Bewertungen, vor allem die von Inwi, so extrem subjektiv sind, und den Anspruch erheben, dass sich das Buch genau ihrem [Grammatikfehler, aber ihr wisst ja, was gemeint ist] Kenntnisstand anpasst, egal ob es dafür gedacht ist, oder nicht. Jedenfalls ist es im anderen Falle keine gute Bewertung.  

In einer Rezension gehört mE mehr Inhalt, damit man sich das Buch gar nicht erst ausleihen muss, um zu entscheiden, ob es was für einem ist. Mit der Frage, ob dieses Buch hier für Anfänger geeignet ist, habe ich mich kritisch auseinander gesetzt. Ich könnte natürlich meine Antwort darauf geben, bloß mit meiner Analyse kann sich der Leser hoffentlich die Frage selbst beantworten.
 
Vielleicht hätte ich Riemann fragen sollen: Wieso die Butter dafür verantwortlich machen, dass man kein Brot hat?


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Gruppen, Ringe, Körper
Bewertung von Hank am 08.08.2005

Hank schreibt:

Ist wirklich nicht grade für den Anfänger geeignet, aber deswegen ist
es nicht schlecht!


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Gruppen, Ringe, Körper
Bewertung von shadowking am 17.11.2005

shadowking schreibt:

Mein Kommentar zum "Lüneburg": ein sehr anspruchsvolles, gründliches, dabei dennoch zielstrebiges Buch, das alles Wesentliche abdeckt, das einen im Studium der klassischen Algebra erwartet. Die Zielstrebigkeit wird dabei aus der kleinteiligen Unterteilung in Abschnitte deutlich, die sich jeweils einem klar abgegrenzten Ziel widmen und es in einigen Sätzen abschließen.
Demjenigen, der sich zum ersten Mal mit der Thematik beschäftigt, kann man das Buch nicht guten Gewissens empfehlen, da sind die Bücher von Artin bzw. Bosch besser geeignet. Die Übungsaufgaben am Ende jedes Abschnittes sind teilweise zum Verständnis desselben unabdingbar, so dass ein gewisser Zwang besteht, sich mit ihnen zu beschäftigen.
Dass die Herangehensweise Lüneburgs an die Algebra "revolutionär" sei, kann ich nicht beurteilen, dazu kenne ich die klassischen Werke von B.L. van der Waerden zu wenig. Von dem Vorwurf der Arroganz möchte ich den Autor aber freisprechen: ähnliche Formulierungen und Haltungen kann man in vielen Büchern, die sich nicht ausdrücklich an Studienanfänger richten, finden. Alles in allem möchte ich sagen: 9 Punkte, wobei der eine Punkt Abzug dem vergleichsweise harten Stil des Autors gilt: abseits des strengen Schemas Einleitung, Satz, Beweis wird dem Leser wenig Lesestoff gegeben, der zu einer reichhaltigen Einführung in die Algebra m.E. dazugehört.



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Gruppen, Ringe, Körper
Bewertung von Stefan_K am 29.12.2005

Stefan_K schreibt:

Mir gefällt das Buch, weil es so komprimiert ist und trotzdem viel Inhalt hat, weil vom Beginn an axiomatisch vorgegangen wird, und wegen seiner außergewöhnlich feinen Kapitelunterteilung. Je kleiner die Häppchen, desto verdaulicher. Und betrachtbarer.

Im Gegensatz zum ausführlichen Vorwort, das man auch auf der Homepage des Autors findet, sind im Text wenig persönliche Bemerkungen. (wirkt dann aber lustig wie: "Der Beweis des nächsten Satzes ist ein Juwel. Er stammt von James H. McKay. Er fand ihn, als er noch Student war, wie er mir erzählte.")

Kein ausführliches Textbuch, doch dafür gibt es ja andere.

Stefan_K



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