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Festkörperphysik » Halbleiterphysik » Multikristalline Siliziumsolarzellen- Störstellenrekombination- Wasserstoffpassivierung
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Universität/Hochschule J Multikristalline Siliziumsolarzellen- Störstellenrekombination- Wasserstoffpassivierung
Physiker123
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  Themenstart: 2017-07-02

Hallo zusammen, im Rahmen einer Seminararbeit beschäftigt mich derzeit die Störstellenrekombination. Ich konnte bisher folgendes in Erfahrung bringen (bitte korrigiert mich wenn ich etwas falsch aufgefasst habe): Durch Gitterdefekte (Korngrenzen, Fremdatome,...) werden Störstellenniveaus im Halbleiter eingebaut. Tiefe Störtellen sind solche die sich nahe an der Bandlückenmitte befinden. Sie stellen Orte mit hoher Rekombinationsaktivität dar. In der Vergangenheit wurden viele Methoden erforscht um den Einfluss der wirkungsgradsenkenden Störstellen zu minimieren. Insbesondere hat sich neben der Getterung die Wasserstoffpassivierung etabliert. Bei diesem Verfahren wird Wasserstoff in die fertige Solarzelle implantiert. Dieser kann mit Fremdatomen und ungesättigten Siliziumbindungen (sogenannte dangling bonds) neutrale Komplexe bilden. Die störenden Niveaus werden dadurch aus der Energielücke in die Bänder verschoben. $\underline{\textnormal{Hierzu einige Fragen:}}$ - Wieso rekombinieren Elektronen und Löcher nur dann, wenn sie sich innerhalb des gleichen Energieniveaus befinden? - Wie kann die Wasserstoffpassivierung neben dem Absättigen von offenen Bindungen noch zu einem höheren Wirkungsgrad der Solarzelle beitragen? - Ist es richtig, dass die Bildung von Wasserstoffmolekülen die Passivierung hemmt? - Werden neben den tiefen Störstellen nicht auch die flachen Störstellen deaktiviert (Passivierung der Dotierung). Führt dies nicht zu einer Verringerung der Leitfähigkeit des Halbleiters? Wie lässt sich das vermeiden?


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  Beitrag No.1, eingetragen 2017-07-02

\quoteon(2017-07-02 14:09 - Physiker123 im Themenstart) - Wieso rekombinieren Elektronen und Löcher nur dann, wenn sie sich innerhalb des gleichen Energieniveaus befinden? \quoteoff Wie kommst du darauf? Beschreib bitte einmal, was bei dieser Annahme dein Gedanke ist. \quoteon(2017-07-02 14:09 - Physiker123 im Themenstart) - Ist es richtig, dass die Bildung von Wasserstoffmolekülen die Passivierung hemmt? \quoteoff Diese Frage hängt mit der Entstehung von natürlichem SiO2 an der Oberfläche, und je nach Diffusionstiefe auch im Materials selbst, der Solarzelle zusammen. Sauerstoff, mit seiner hohen Elektronegativität, bindet das Wasserstoffatom stärker als das Silizium, so dass dadurch weniger Wasserstoffatome zur Absättigung der freien Bindungen des Siliziums beitragen und der Effekt der Passivierung gehemmt wird. \quoteon(2017-07-02 14:09 - Physiker123 im Themenstart) - Werden neben den tiefen Störstellen nicht auch die flachen Störstellen deaktiviert (Passivierung der Dotierung). Führt dies nicht zu einer Verringerung der Leitfähigkeit des Halbleiters? Wie lässt sich das vermeiden? \quoteoff Ganz auszuschließen ist das nicht. Allerdings wird der Wasserstoff von den freien Bindungen des Siliziums stärker begebunden, als von den Dotieratomen. [Verschoben aus Forum 'Festkörperphysik' in Forum 'Halbleiterphysik' von Berufspenner]


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  Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2017-07-02

Vielen Dank für deine Nachricht. Ich habe in einer Diplomarbeit zum Thema der Wasserstofffpassivierung gelesen (Susanne Fritz , H- Passivierung von Korngrenzen in multikristallinem Si, 2012): "Die Rekombination an einem solchen Defekt kann auf zwei Arten ablaufen. Zum einen können ein Elektron und ein Loch vom Defektniveau eingefangen werden und dort miteinander rekombinieren." Außerdem (Bergmann Scheafer, Festkörperphysik, Störstellenleitung): "Gleichzeitig erkennt man, dass bei etwa $10^{15}$ Phosphoratomen pro $cm^3$ und etwa $10^{23}$ Si- Atomen pro $cm^3$ nur etwa jedes 500ste Si- Atom in jeder Dimension durch ein Phosphoratom ersetzt wurde. Damit haben im Mittel zwei benachbarte Phosphoratome einen Abstand von $100~\textnormal{nm}$, so dass ein Ladungstransport von Phosphoratom zu Phosphoratom, also längs [des Defektniveaus] nicht möglich ist." Wegen dieser beiden Abschnitte habe ich mir die Frage gestellt ob eine Rekombination nur möglich ist, wenn beide Ladungsträger die gleiche Energie besitzen. Deshalb wirken sich tiefe Störstellenniveaus (die ja vom Leitungsband und dem Valenzband, also im Grunde für Elektronen und Löcher gleichermaßen gut erreichbar sind) besonders mindernd auf den Wirkungsgrad einer Solarzelle aus. Oder nicht? Grüße Florian


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  Beitrag No.3, eingetragen 2017-07-02

Moin Das zweite Zitat hat hier keine besondere Bedeutung. Die Textstelle sagt lediglich aus, dass, auf Grund des großen Abstands von ideal gleichverteilten Dotiernieveaus, kein elektrischer Transport über diese Niveaus möglich ist. Es sagt noch gar nichts über die Energie von Ladungsträgern aus. Das erste Zitat ist verwirrend. Nichtstrahlende Defektzentren können, meines Wissens nach, nur einen Ladungsträgertypen binden, da sie entweder selber positiv oder negativ geladen sind und entsprechend der Coulomb-Wirkung aggieren. Es sei denn, sie liegen direkt in der Bandlückenmitte. Solche Niveaus entstehen aber weniger durch ungesättigte Bindungen, als eher durch Fremdatome. Betrachten wir einmal das Funktionsprinzip einer Solarzelle. Kern des ganzen ist ein pn-Übergang mit entsprechender Verarmungszone. Diese sollte groß genug sein, um effizient die breitbandige Strahlung des Sonnenlichts zu absorbieren. Wird ein Photon absorbiert, wird in der Raumladungszone ein Elektron-Loch-Paar erzeugt. Im Bändermodell, Energie über Ort E(x), wird ein Elektron ins Leitungsband angebhoben und ein Loch bleibt im Valenzband zurück. Im Idealfall werden beide Ladungsträger, Elektron und Loch, durch die Sperrschichtspannung zur jeweils anderen Elektrode geleitet. Es fließt über die äußeren Kontakte ein Strom. Liegt nun aber in der Bandlücke ein Defektzustand vor, dann kann beispielsweise das Elektron in diesen Zustand fallen und von dort aus weiter ins Leitungsband und dort mit einem Loch rekombinieren. Aus Gründen der Energieerhaltung wird dabei mindestens ein Phonon erzeugt. Die Energie geht also ins Kristallgitter. Dieser Rekombinationsprozess durch Defektzustände wird als Shockley-Read-Hall-Rekombination bezeichnet. Oberflächendefektzustände durch "dangling bonds" sind allerdings örtlich stark an der Oberfläche des Halbleiters lokalisiert. Der Vorgang ist ähnlich der SRH-Rekombination, allerdings ist die Defektdichte viel größer, so dass es viele energetisch kleinere Phononen erzeugt werden, weil der Fall des Elektrons vom Leitungs- ins Valenzband über viele Zustände stattfindet.


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Physiker123 hat die Antworten auf ihre/seine Frage gesehen.
Physiker123 hat selbst das Ok-Häkchen gesetzt.

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