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Autor |
Komplexe Gegeninduktivität M |
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raiden
Ehemals Aktiv  Dabei seit: 05.01.2013 Mitteilungen: 80
 | Themenstart: 2018-06-17
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Hallo,
ich habe mich etwas intensiver mit dem Ersatzschaltbild eines Transformators beschäftigt (siehe Abbildung)
https://www.matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/35668_transformer.png
Üblicherweise ist $M$ eine reele Zahl und beschreibt die magnetische Kopplung zwischen der Induktivität $L_1$ und $L_2$, d.h. man kann eine Kopplungskonstante $k$ mittels $M^2 = k^2 L_1 L_2 $ definieren.
Kirchhoffs Gleichungen lauten:
$$u_1 = i w L_1 i_1 + i w M i_2\\ u_2 = i w L_2 i_2 + i w M i_1$$
Jetzt habe ich in einem Buch über Plasmaphysik eine Randbemerkung gelesen, dass $M$ auch komplex angesetzt werden kann, d.h. $M = Re(M) + i Im(M)$. Dazu habe ich folgende Fragen:
1.) Welche physikalische Bedeutung hat der Imaginärteil?
2.) Ich bin der Meinung, dass dann anstelle von $M$ in der zweiten Spannungsgleichung oben das komplex konjugierte $M^*$ stehen sollte. Ist das so richtig? Falls ja, wie kann man sich klar machen, dass das so sei muss?
3.) Wenn $M$ komplex ist, dann ist nach obiger Definition auch $k$ komplex. Macht das physikalisch Sinn, oder ist es in diesem Fall notwendig, $M^2$ durch das Betragsquadrat zu ersetzen?
Ich bin für jeden Hinweis dankbar, da ich leider auch in der Literatur keine Erklärung für eine komplexe Gegeninduktivität finden konnte.
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jacha2
Senior  Dabei seit: 28.05.2013 Mitteilungen: 1218
Wohnort: Namur
 | Beitrag No.1, eingetragen 2018-06-17
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Salut,
wenn der Ausgangspunkt dafür ...
\quoteon(2018-06-17 08:59 - raiden im Themenstart)... Jetzt habe ich in einem Buch über Plasmaphysik eine Randbemerkung gelesen, dass $M$ auch komplex angesetzt werden kann, d.h. $M = Re(M) + i Im(M)$.
\quoteoff ... die Plasmaphysik ist: Darin ist bspw. die zur näherungsweisen Berechnung elektrotechnischer Gegeninduktivitäten vorgenommene Näherung dünner Leiterquerschnitte nicht mehr anwendbar. Sowohl die Stromdichte als auch die Leitfähigkeit weisen eine Verteilung über den Plasmaquerschnitt hinweg auf. Eine RF-Plasmaheizung wird wegen des Skineffekts im Plasma eine frequenzabhängige Eindringtiefe aufweisen und deswegen wird womöglich die Plasmaheizung mit einer komplexwertigen Induktivität modelliert.
\quoteon(2018-06-17 08:59 - raiden im Themenstart)...
Dazu habe ich folgende Fragen:
1.) Welche physikalische Bedeutung hat der Imaginärteil? ...
\quoteoff
Der Imaginärteil der Kopplungsgröße M (die dann auch keine Konstante mehr ist) beschreibt dann die von π/2 abweichende frequenzabhängige Phasenverschiebung zwischen dem Strom und der induzierten Spannung.
Adieu
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rlk
Senior  Dabei seit: 16.03.2007 Mitteilungen: 11598
Wohnort: Wien
 | Beitrag No.2, eingetragen 2018-06-19
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Hallo raiden,
\quoteon(2018-06-17 08:59 - raiden im Themenstart)
1.) Welche physikalische Bedeutung hat der Imaginärteil?
\quoteoff
vergleiche die Gleichungen mit komplexem $M$ mit denen eines Transformators mit Widerständen $R_1$ und $R_2$, die in Serie zu den Wicklungen geschaltet sind.
\quoteon(2018-06-17 08:59 - raiden im Themenstart)
2.) Ich bin der Meinung, dass dann anstelle von $M$ in der zweiten Spannungsgleichung oben das komplex konjugierte $M^*$ stehen sollte. Ist das so richtig? Falls ja, wie kann man sich klar machen, dass das so sei muss?
\quoteoff
Wie kommst Du zu dieser Meinung? Welches Vorzeichen müssen die Ersatzwiderstände $R_1$ und $R_2$ haben?
Servus,
Roland
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raiden
Ehemals Aktiv  Dabei seit: 05.01.2013 Mitteilungen: 80
 | Beitrag No.3, vom Themenstarter, eingetragen 2018-06-20
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Hallo jacha2 und Roland,
erstmal vielen Dank für eure Antworten.
@jacha2:
Der von Dir beschriebene Anwendungsfall eines induktiv gekoppelten Plasmas ist genau was ich modellieren möchte. Allerdings nehme ich die Leitfähigkeit als konstant an. Die Stromdichte hingegen hat eine Verteilung über den Plasmaquerschnitt.
Ich verstehe nicht was du meinst, wenn du sagst, dass $M$ dann keine Konstante mehr ist. Wenn ich die Verteilung der Stromdichte kenne kann ich diese über den Querschnitt integrieren und bekomme so einen Plasmastrom. Wenn ich zusätzlich die Leistung als komplexe Größe kenne (via Poynting Satz), dann kann ich mir für feste Frequenz, Geometrie und gegebenem Strom in der Primärwicklung des Trafos die Gegeninduktivität $M$ ausrechnen. Allerdings habe ich nur dann genauso viele Gleichungen wie Unbekannte, wenn ich $M$ als komplexe Größe ansetze.
@Roland:
Ich komme zu keinem Ergebnis, wenn ich $M$ komplex ansetze und das dann mit einem Widerstand jeweils in Serie vergleiche. Es gilt ja z.B. auf der Primärseite:
$$ u_1 = i w L_1 i_1 + i w Re(M) i_2 - w Im(M) i_2 $$
Daher kann ich wenn ich nicht weiss wie sich $i_1$ zu $i_2$ verhält nicht einfach einen Widerstand ins Ersatzschaltbild der Primärwicklung einfügen.
Die Idee, dass $M^*$ in der zweiten Gleichung komplex konjugiert angesetzt werden muss kam mir, als ich versucht habe, ein Ersatzschaltbild aufzustellen, in dem alle Größen auf die Primärseite bezogen sind. Nur wenn ich so ansetze bleibt $L_2$ auch auf der Primärseite eine reine Induktivität, da der Transformationsfaktor $w^2 |M|^2/|Z_s|^2$ dann eine reelle Zahl ist. Mit $Z_s$ bezeichne ich die Ersatzimpedanz aller Größen im Sekundärkreis. Falls ich das noch etwas genauer ausführen soll bitte einfach kurz Bescheid geben.
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rlk
Senior  Dabei seit: 16.03.2007 Mitteilungen: 11598
Wohnort: Wien
 | Beitrag No.4, eingetragen 2018-06-20
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Hallo raiden,
ich habe vergessen zu schreiben, dass $M$ für den Fall mit Serienwiderständen reell sein soll. Es geht um den Vergleich eines Transformators mit komplexem $M$ mit dem eines idealen Transformators ($M$ reell) mir Serienwiderständen. Daraus sollte die physikalische Bedeutung des Imaginärteils von $M$ klar werden.
Über die zweite Frage muss ich noch nachdenken.
Die Kreisfrequenz $\omega$ kannst Du als \omega eingeben.
Servus,
Roland
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jacha2
Senior  Dabei seit: 28.05.2013 Mitteilungen: 1218
Wohnort: Namur
 | Beitrag No.5, eingetragen 2018-06-20
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Salut,
\quoteon(2018-06-20 09:06 - raiden in Beitrag No. 3)...@jacha2:
Der von Dir beschriebene Anwendungsfall eines induktiv gekoppelten Plasmas ist genau was ich modellieren möchte. Allerdings nehme ich die Leitfähigkeit als konstant an. Die Stromdichte hingegen hat eine Verteilung über den Plasmaquerschnitt.
Ich verstehe nicht was du meinst, wenn du sagst, dass $M$ dann keine Konstante mehr ist. Wenn ich die Verteilung der Stromdichte kenne kann ich diese über den Querschnitt integrieren und bekomme so einen Plasmastrom. Wenn ich zusätzlich die Leistung als komplexe Größe kenne (via Poynting Satz), dann kann ich mir für feste Frequenz, Geometrie und gegebenem Strom in der Primärwicklung des Trafos die Gegeninduktivität $M$ ausrechnen. Allerdings habe ich nur dann genauso viele Gleichungen wie Unbekannte, wenn ich $M$ als komplexe Größe ansetze....
\quoteoff
1. Betrachten wir zuerst reale Bauteile. Eine Induktivität L wird, außer wenn supraleitend, stets eine ohmsche Komponente R mitführen und man bildet bei Berechnungen komplexwertige Widerstände Z=R+2πνL aus ihren Materialparametern und ihrer Geometrie. Üblicherweise behandelt man R und L als Konstanten, die eine feste Phasenverschiebung bewirken. Leitfähigkeit, Permeabilität, Windungszahl finden sich dann in dieser einen Größe Z.
2. Bei Plasmen kommt man so nicht durch: Nehmen wir nur mal die Vorgänge während dessen Aufheizung, bei der zur Stabilisierung durch Nachregelung der externen Felder die Rückwirkung miteinbezogen werden muß. Weil sich die Temperatur erhöht - und damit die Ladungsträgerdichte, erhöht sich j und damit die poloidale Induktion, mit der das Plasma an die Heizung und an die Käfigfelder koppelt. Das bewirkt zu dem zuvor für die herkömmliche Induktivität angebbaren Phasenversatz zwischen Spannung und Strom im Plasma einen weiteren Phasenversatz, die man - ich kenne die Details Deiner Rechnung nicht - womöglich (!) in einem weiteren imaginären Summanden packt, der die für die jeweilige Plasmakonstellation charakteristischen Größen enthält.
Dazu kommt, daß in einem Plasma beide Ladungsvorzeichen Ströme bewirken, deren Wechselwirkung untereinander nicht gerade zu linearem Verhalten beiträgt.
Dswegen paßt das zu Deiner Modellierung mit kompexwertigem M. Du mußt also nur überlegen, welche Parameter in dessen Imaginärteil stecken und hast damit die Antwort womöglich.
Adieu
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