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Autor |
Dielektrische Verschiebung: Deutung |
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Wirkungsquantum
Wenig Aktiv  Dabei seit: 10.03.2015 Mitteilungen: 812
 | Themenstart: 2019-03-16
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Hallo,
ich rätsel seid längere Zeit über die (anschauliche) Interpretation der dielektrischen Verschiebungsdichte. Im Demtröder wird sie definiert als
$$D=_{Def}\epsilon_0 \epsilon E_{\text{Diel}}=\epsilon_0 E_{\text{Vak}}=\epsilon_0 E_{\text{Diel}}+P$$ wobei P die Polarisation ist. Hat jemand eine Idee wie man sie anschaulich verstehen kann? Und welcher Sinn ihre Einführung hat?
Danke im Voraus.
Grüße,
h
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Vercassivelaunos
Senior  Dabei seit: 28.02.2019 Mitteilungen: 1267
 | Beitrag No.1, eingetragen 2019-03-16
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\(\begingroup\)\(\newcommand{\N}{\mathbb{N}}
\newcommand{\Z}{\mathbb{Z}}
\newcommand{\Q}{\mathbb{Q}}
\newcommand{\R}{\mathbb{R}}
\newcommand{\C}{\mathbb{C}}\)
Hallo Wirkungsquantum,
die dieleketrische Verschiebungsdichte bräuchte man eigentlich gar nicht, wenn man Materie auf mikroskopischer Ebene betrachtet. Dann gilt nämlich ganz normal das Gaußsche Gesetz $\vec\nabla\cdot\vec E=\frac{\rho}{\epsilon_0}$. Wenn man aber die exakte Ladungsverteilung in einem neutralen Medium nicht jedes mal mit einbeziehen will, sondern einfach nur eine makroskopische Eigenschaft der Materie, die Polarisation, verwenden will, und damit so tut, als wären die Materie an sich ladungsfrei, dann muss man das Gaußsche Gesetz anpassen. Nämlich wird dann das Feld nicht nur von der Ladung erzeugt, sondern zusätzlich durch die Polarisation des Mediums abgeschwächt, und dann muss gelten: $\vec\nabla\cdot\vec E=\frac{1}{\epsilon_r\epsilon_0}(\rho-\vec\nabla P)$. Der erste Term beschreibt das elektrische Feld, das nur von freier Ladung kommt, und der zweite beschreibt das dem entgegengerichtete elektrische Feld, das durch die Polarisation entsteht. Man kann das natürlich umformulieren zu $\vec\nabla\cdot(\epsilon_r\epsilon_0\vec E+\vec P)=\rho$. Und damit das ganze hübscher ist (das machen Physiker oft, bis die Gleichung nahezu unkenntlich verschönert ist), sagt man einfach, dass der Term, dessen Gradienten man bestimmt, nun $\vec D$ heißt, und dann heißt es wunderschön $\vec\nabla\cdot\vec D=\rho$. Damit ist $\vec D$ sozusagen der Anteil des elektrischen Feldes, der durch die freie Ladung erzeugt wird, in dem also die Polarisation des Mediums keine Rolle spielt (und noch mit angepasster Dimension durch die Multiplikation mit $\epsilon_r\epsilon_0$).\(\endgroup\)
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Spinor
Wenig Aktiv  Dabei seit: 10.06.2018 Mitteilungen: 24
 | Beitrag No.2, eingetragen 2019-03-16
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Die Polarisierung ist eine Größe, die aus der Mittelung der Ladungsdichte des Materials \rho_mat=sum(p_n,k=1,n)
über die einzelnen Punkte des Materials mithilfe einer kugelsymmetrischen, vom Abstand des Verbindungsvektors vom gewählten Bezugspunkt abhängigen Wichtungsfunktion w mit einen Träger, der eine Ausdehnung mesoskopischer Skalen besitzt, entsteht.
Die Mittelung hat die Struktur einer Faltung der Ladungsdichten mit der Gewichtsfunktion in einem bestimmten Kugelvolumen braket(\rho_Mat)=int(\rho_mat(r^>',t)w(r^>-r^>'),V',a,b) und man nimmt an, dass die Ladungsdichten mikroskopisch um die einzelnen Orte der Ladungen konzentriert sind. Das Integral zerfällt dann in die Beiträge der einzelnen Konstituenten. Man entwickelt die Verbindungsvektoren der einzelnen Beiträge und erhält anschließend eine Summe aus beliebig vielen Integralen. Diese entsprechen den Monopolmomenten, Dipolmomenten Quadrupolmomenten usw. der einzelnen Ladungsdichten. Der erste Term entfällt, wenn man annimmt, dass die Ladungen nach außen neutral sind. Rechnet man noch ein bisschen weiter erkennt man, dass die Terme ein Vektorfeld beschreiben, welches die Polarisierung genannt wird und das die Divergenz dieses Vektorfeldes der gemittelten Ladungsdichte des Materials entspricht. Also braket(\rho_Mat)=-div P^> . Setzt man dieses Feld in das Gauß Gesetz ein so ergibt sich div (\epsilon_0*E^>+P^>)=\rho . Es ist also sinnvoll ein neues Vektorfeld zu definieren. D^>=\epsilon_0*E^>+P^> ,welches Dielektrische Verschiebung genannt wird und die gleiche Dimension wie die Polarisierung besitzt.
Man vernachlässigt in der Rechnung meistens alle Terme außer das Dipolmoment. Nebenbei bemerkt wird dieselbe mittelnde Vorgehensweise auch bezüglich der Stromdichte angewandt, die der Summe aus der Rotation der Magnetisierung und der Zeitableitung der Polarisierung entspricht.
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Wirkungsquantum
Wenig Aktiv  Dabei seit: 10.03.2015 Mitteilungen: 812
 | Beitrag No.3, vom Themenstarter, eingetragen 2019-03-19
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Hallo,
danke euch beiden für die Antworten. Letztlich handelt es sich also nur eine Hilfsgröße, die Rechnungen einfacher aufzuschreiben erlaubt? Oder anders gesagt lästige Konstanten aus der Formel schmeißt.
Grüße,
h
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Vercassivelaunos
Senior  Dabei seit: 28.02.2019 Mitteilungen: 1267
 | Beitrag No.4, eingetragen 2019-03-19
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\(\begingroup\)\(\newcommand{\N}{\mathbb{N}}
\newcommand{\Z}{\mathbb{Z}}
\newcommand{\Q}{\mathbb{Q}}
\newcommand{\R}{\mathbb{R}}
\newcommand{\C}{\mathbb{C}}\)
Man kann ihr schon eine physikalische Bedeutung zuschreiben: Sie gibt das $E$-Feld an, das man erhalten würde, wenn man die Permittivität des Mediums hätte, die Materie aber nicht polarisierbar wäre. Ob das jetzt wirklich physikalisch ist, ist Ansichtssache, da das eine sehr hypothetische Bedingung ist. Ich halte die Sicht, dass es sich nur um ein mathematisches Artefakt handelt, auch für valide.\(\endgroup\)
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