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Autor |
Lebesgue-messbare Menge, die nicht Borel-messbar ist |
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Student10023
Aktiv  Dabei seit: 22.11.2020 Mitteilungen: 198
 | Themenstart: 2021-08-28
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Ich hatte eine ähnliche Frage vor ein paar Tagen zu Borell Mengen gestellt. Nun haben wir auch Lebesgue messbaren Mengen eingeführt und ich konnte mithilfe der Antwort zu meiner letzten Frage beweisen, dass Jede Borell messbare Menge auch Lebesgue messbar ist. Nun habe ich im Internet gelesen, dass das tatsächlich eine echte Teilmenge sein soll und meine Frage wäre nun (falls das denn stimmt), wie eine Menge aussehen kann die Lebesgue messbar ist aber nicht Borell messbar bzw. vielleicht wäre es sogar interessant zu wissen, wie alle solche Mengen aussehen.
Vielen Dank für die Hilfe im Vorraus !
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StefanVogel
Senior  Dabei seit: 26.11.2005 Mitteilungen: 4288
Wohnort: Raun
 | Beitrag No.1, eingetragen 2021-08-29
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Hallo Student10023,
auf dem Matheplanet auch mit suchen https://matheplanet.de/matheplanet/nuke/html/viewtopic.php?topic=254772 (c).
Viele Grüße,
Stefan
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nzimme10
Senior  Dabei seit: 01.11.2020 Mitteilungen: 2644
Wohnort: Köln
 | Beitrag No.2, eingetragen 2021-08-29
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\(\begingroup\)\(\renewcommand{\i}{\mathrm{i}}
\renewcommand{\Re}{\operatorname{Re}}
\renewcommand{\Im}{\operatorname{Im}}
\newcommand{\e}{\mathrm{e}}
\renewcommand{\d}{\ \mathrm{d}}
\newcommand{\ddz}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}z}}
\newcommand{\ddw}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}w}}
\newcommand{\ddt}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}}
\newcommand{\opn}{\operatorname}\)
Hallo,
im vorherigen Beitrag wurde ja bereits auf meine Antwort in einem anderen Beitrag verwiesen. Dennoch möchte ich dir gerne nochmal ein bisschen erläutern wie der Unterschied zwischen Borel- und Lebesgue-messbar zustande kommt. Folgende (clevere) Konstruktion stammt meines Wissens nach von Caratheodory:
Definition Eine Elementarfigur $E\subseteq \mathbb R^n$ ist eine endliche Vereinigung von Quadern. Die Menge aller Elementarfiguren bezeichnen wir mit $\mathcal E(\mathbb R^n)$.
Man kann sich nun überlegen, dass die Elementarfiguren dann einen Ring (im Sinne der Maßtheorie) bilden. Mit etwas Schreibaufwand überlegt man sich, dass jede Elementarfigur sogar als disjunkte Vereinigung von Quadern geschrieben werden kann. Für einen Quader
$$
Q=\lbrace (x_1,\dots,x_n)\in \mathbb R^n \mid a_i\leq x_i\leq b_i\rbrace
$$
mit $a_i,b_i\in \mathbb R$ und $a_i\leq b_i$ setzt man dann
$$
\lambda(Q):=\prod_{i=1}^n (b_i-a_i).
$$
Für eine Elementarfigur $E=Q_1\sqcup\dots\sqcup Q_r$ setzt man weiter (unabhängig von der Zerlegung)
$$
\lambda(E):=\sum_{i=1}^r \lambda(Q_i).
$$
Die so erhaltene Abbildung $\lambda\colon \mathcal E(\mathbb R^n)\to [0,\infty]$ ist dann ein Prämaß auf dem Ring der Elementarfiguren. Nun kann man in einem ersten Schritt aus diesem Prämaß ein äußeres Maß konstruieren. Für $A\subseteq \mathbb R^n$ setzt man
$$
\lambda^*(A):=\inf\left\lbrace \sum_{i=1}^\infty \lambda(R_i)\mid R_i \text{ Elementarfigur }, A\subseteq \bigcup_{i=1}^\infty R_i\right\rbrace.
$$
Dadurch hat man nun ein äußeres Maß $\lambda^*\colon \mathcal P(\mathbb R^n)\to [0,\infty]$ konstruiert. Nun möchten wir aber ein Maß und kein äußeres Maß. Um die $\sigma$-Additivität zu erhalten definieren wir daher
Definition Eine Menge $A\subseteq \mathbb R^n$ heißt $\lambda^*$-messbar, wenn für jede Teilmenge $B\subseteq \mathbb R^n$
$$
\lambda^*(B)=\lambda^*(B\cap A)+\lambda^*(B\cap A^c)
$$
gilt.
Mit viel Mühe kann man sich nun überlegen, dass die Menge
$$
\mathcal A(\lambda^*):=\lbrace A\subseteq \mathbb R^n\mid A \text{ ist } \lambda^*\text{-messbar}\rbrace
$$
eine $\sigma$-Algebra ist und $\lambda:=\lambda^*|_{\mathcal A(\lambda^*)}$ ein Maß ist. Dieses Maß nennt man das Lebesgue-Maß auf $\mathbb R^n$ und $\mathcal L:=\mathcal A(\lambda^*)$ die Lebesgue-Algebra.
Gibt man sich hingegen mit weniger zufrieden und überlegt sich, dass alle Borelmengen $\lambda^*$-messbar sind, so erhält man dadurch auch ein Maß $\lambda':=\lambda^*|_{\mathcal B(\mathbb R^n)}$. Dieses Maß $\lambda'$ nennt man dann auch das Borel-Lebesgue-Maß.
Wie du bereits bemerkt hast kann man sich überlegen, dass $\mathcal L$ aus "viel mehr" Mengen besteht als $\mathcal B$. Der Unterschied ist analog dazu, wie es viel mehr reelle als rationale Zahlen gibt.
Eine weitere Perspektive auf den Unterschied der beiden Maße gibt der Begriff des "vollständigen Maßes", falls du dich noch weiter mit dem Problem beschäftigen willst.
Ich denke durch obige Konstruktion sollte nochmal klar werden, dass es nicht wirklich möglich ist explizit so eine Menge, wie du sie suchst, hinzuschreiben. Schon eine Menge anzugeben, die keine Borelmenge ist, ist nicht so einfach. Geschweige eine Menge die keine Borelmenge ist aber diese Zerlegungseigenschaft hat.
LG Nico
[Verschoben aus Forum 'Analysis' in Forum 'Maßtheorie' von nzimme10]\(\endgroup\)
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Student10023
Aktiv  Dabei seit: 22.11.2020 Mitteilungen: 198
 | Beitrag No.3, vom Themenstarter, eingetragen 2021-08-29
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Alles klar vielen dank für diese ausführliche Erklärung wieder. Diese Konstruktion war mir mehr oder weniger bekannt aus der Vorlesung allerdings haben wir dort direkt das gemacht haben:
\quoteon(2021-08-29 16:16 - nzimme10 in Beitrag No. 2)
Mit viel Mühe kann man sich nun überlegen, dass die Menge
$$
\mathcal A(\lambda^*):=\lbrace A\subseteq \mathbb R^n\mid A \text{ ist } \lambda^*\text{-messbar}\rbrace
$$
eine $\sigma$-Algebra ist und $\lambda:=\lambda^*|_{\mathcal A(\lambda^*)}$ ein Maß ist. Dieses Maß nennt man das Lebesgue-Maß auf $\mathbb R^n$ und $\mathcal L:=\mathcal A(\lambda^*)$ die Lebesgue-Algebra.
\quoteoff
Mir war nicht klar, dass man an das an dieser Stelle auch hätte abkürzen können, wenn man sich nur auf die Borell Mengen beschränkt und ich war dann verwirrt, dass es die Borell Mengen als solche überhaupt gibt, da sie ja eigentlich keine besondere Rolle mehr hatten außer ein Teil der Lebesgue messbaren Mengen zu sein (Ich hab in dem Sinne also in der Vorlesung kein "Borell" Maß kennengelernt aber Borell messbare Mengen).
Vielen Dank auf jeden fall !
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Student10023 hat die Antworten auf ihre/seine Frage gesehen. Student10023 hat selbst das Ok-Häkchen gesetzt. |
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