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Kein bestimmter Bereich mathematische Erfolge in jungen Jahren - Probleme damit? Oder nicht?
Delastelle
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Mitteilungen: 2315
  Themenstart: 2023-04-01

Hallo Leute! Gelegentlich finden sehr junge Frauen und Männer (Mädchen und Jungen) Antworten auf mathematische Probleme. Was mich interessiert - ist ein früher mathematischer Werdegang (mathematischer Erfolg) eher gut oder eher nicht so gut für das weitere Leben? Zumindest bei Filmen in Hollywood geht es den ehemaligen Kinderstars oft nicht so gut im späteren Leben. Es gibt da viele Beispiele. Wie sieht es in der Wissenschaft aus - stört früher Ruhm und Erfolg? Viele Grüße Ronald


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Ixx
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  Beitrag No.1, eingetragen 2023-04-02

Moin, ich hatte mal für ein Projekt ein bisschen Literatur-Recherche zum Thema Begabungsförderung durch math. Schüler-Wettbewerbe u.Ä. betrieben. Was mir zu deiner Fragestellung einfällt, ist z.B. Rahn (1985): "Talente finden, Talente fördern. Die Bundessieger im Bundeswettbewerb Mathematik 1971-1983", Göttingen, Toronto, Zürich: Hogrefe und die Nachfolge-Untersuchung Heilmann (1999): "Begabung - Leistung - Karriere: Die Preisträger im Bundeswettbewerb Mathematik 1971-1995", Göttingen, Hogrefe. Dort findet man u.A., dass die Bundessiegerinnen und -sieger (wie zu erwarten) weit überdurchschnittlichen Studien- und Berufserfolg erzielen. (Genaue Zitate habe ich gerade nicht in der Hand, kann man aber bei Interesse nun selbst in den genannten Quellen nachlesen.) Der Artikel "Academic competitions and programs designed to challenge the exceptionally talented" von Campbell, Wagner, Walberg im "International handbook of giftedness and talent. 2nd ed" von Heller, Mönks, Sternberg & Subotnik, 2000 führt folgende Punkte zur Bedeutung von Schülerwettbewerben an: - Kinder mit Begbungen frühzeitig erkennen - Schulen bieten kein differenziertes Lehrangebot, was für Begabungsförderung notwendig ist - sprechen besonders an - vom vollentwickelten Talent wird erwartet, dass es zum Gemeinwohl beiträgt Gerade letzteres dürfte für die spätere Förderung durch die Studienstiftung (in welche Bundessieger_innen und Teilnehmer_innen an den Internationalen Olympiaden aufgenommen werden) relevant sein. Eine weitere Studie zur Wirksamkeit von Schülerwettbewerben findet man hier: Heller & Lengfelder (2004): "Schülerolympiaden: Ein Beitrag zur Hochbegabtenförderung? Evaluationsstudie zu den Internationalen Schülerolympiaden in Mathematik, Physik und Chemie (1977-1997)", Labyrinth, 27, Nr. 80, 4-10 (online auch im Archiv der Zeitschrift zu finden, siehe https://www.dghk.de/das-labyrinth/ ) bzw. eine weitere hier Oswald, Hanisch, Hager (2005): "Wettbewerbe und 'Olympiaden'. Impulse zur (Selbst-)Identifikation von Begabungen", Wien, Lit-Verlag. Dies dürfte als erstes als Ansatz für weitere Literatur-Recherchen ausreichen.


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Kitaktus
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  Beitrag No.2, eingetragen 2023-04-06

Das "frühere" Erfolge mit "späteren" Erfogen korrelieren, ist ja nicht überraschend. Für einen "Kinderstar"-Effekt im engeren Sinn(*) müssten die negativen Folgen eines frühen Erfolgs stärker wirken als diese Korrelation. Das halte ich in extremen Fällen für möglich, aber nicht für den Normalfall. Auf mathematische erfolgreichen Kindern/Jugendlichen ruht deutlich weniger Aufmerksamkeit, als auf Kinderstars in der Film- oder Musikbranche. (*) Einer Person, die als Kind/Jugendlicher "sehr erfolgreich" war, geht es später "schlechter" als einer Person, die als Kind/Jugendlicher nicht "sehr erfolgreich" war. Spannender finde ich den Vergleich mit Personen, die sich zwar als Kind/Jugendlicher nicht (so sehr) hervorgetan haben, aber ansonsten ein vergleichbares Potential besitzen. Hier treffen zwei gegenläufige Effekte aufeinander: Frühe Erfolge bedeuten zum einen frühere Förderung, längere Zeit der Beschäftigung, Selbstvertrauen, ... man muss aber auch mit dem Erwartungsdruck klar kommen, man muss klar kommen, wenn man an diese Erfolge nicht mehr anknüpfen kann, wenn einem nicht mehr alles zufliegt und aus der "spielerischen Leichtigkeit" harte Arbeit wird. Um nicht missverstanden zu werden: Das soll absolut nicht heißen, dass man als Kind nicht an Wettbewerben teilnehmen sollte o.ä. Im Gegenteil: Kinder sollen sich Herausforderungen stellen und ihnen nicht aus dem Wege gehen. Man sollte aus Erfolgen aber keine (überzogenen) Erwartungen herleiten und ich würde (stark) davon abraten, künstlich Aufmerksamkeit auf Kinder zu lenken und mit ihnen und ihren Leistungen gezielt an die Öffentlichkeit zu gehen. Wer heute als "Wunderkind" in den Medien kursiert (und einen eher seltenen Namen oder ein markantes Gesicht hat), wird sein Leben lang damit konfrontiert werden.


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