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Atom-, Kern-, Quantenphysik » Quantenmechanik » Heisenberg vs Schrödingerbild in QM und deren Zusammenhang
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Universität/Hochschule Heisenberg vs Schrödingerbild in QM und deren Zusammenhang
Seligman
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  Themenstart: 2023-06-07

Hallo, habe da eine Verständnisfrage zu dem Schrödinger- und Heisenberg-Bild in der Quantenmechnik. Hier auf der englischen Wiki Seite wird die Formel $$ \frac{d}{dt}A_\text{H}(t)=\frac{i}{\hbar}[H_\text{H},A_\text{H}(t)]+\left( \frac{\partial A_\text{S}}{\partial t} \right)_\text{H} . $$ die mir etwas Kopfzerbrechen bereitet, postuliert, wobei $ A_H $ die Darstellung eines beliebigen abstrakten Operators $A$ im Heisenbergbild sei, und endsprechend $ A_S$ in Schrödingerbild. Was ich nicht verstehe, ist, was es mit dem Ableitungsterm $ \frac{\partial A_\text{S}}{\partial t} $ auf sich hat? Im Schrödingerbild sind doch per Definition alle Operatoren zeitUNabhängig, müsste dann nicht dieser Term immer Null sein? Bzw was genau wird für Operatoren im Schrödingerbild formal gefordert? Wie formalisiert sich die salopp geforderte Zeitabhängigkeit der Operatoren? Dass, deren partielle oder totalle Zeitableitung verschwindet? Gruss Seligman


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zippy
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  Beitrag No.1, eingetragen 2023-06-07

\quoteon(2023-06-07 13:42 - Seligman im Themenstart) Was ich nicht verstehe, ist, was es mit dem Ableitungsterm $ \frac{\partial A_\text{S}}{\partial t} $ auf sich hat? Im Schrödingerbild sind doch per Definition alle Operatoren zeitUNabhängig, müsste dann nicht dieser Term immer Null sein? \quoteoff Nein, hier geht es um eine explizite Zeitabhängigkeit bei der Definition des Operators. Betrachte als Beispiel den kinematischen Impuls$$ \boldsymbol\pi=\mathbf p-q\,\mathbf A(\mathbf x, t) $$eines Teilchens in einem äußeren Magnetfeld. --zippy


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Seligman
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  Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2023-06-07

Hallo zippy, danke für deine Antwort. Zunächst um Definitionsmissverständnisse zu vermeiden, wenn man von expliziten Zeitabhängigkeit eines Operators - sagen wir $ A(x, t) $ - spricht, dann bezieht man sich doch damit ausschliesslich auf dessen PARTIELLE Zeitableitung, während implizite Zeitabhängigkeit mit der totalen Ableitung assoziiert wird, den $x= x(t)$ kann eben auch von Zeit abhängen, meinst du das damit? Wenn ja, kann man sauber formalisieren ( also als mathem Bedingung formulieren), was mit "Zeitunabhängigkeit der Operatoren im Schrödingerbild" gemeint wird? Ist damit dann das Verschwinden der TOTALEN Zeitableitung von $ A_S $ gemeint? (ich denke, da steckt der Kern meines Problems)


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zippy
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  Beitrag No.3, eingetragen 2023-06-07

Du kannst einer operatorwertigen Funktion der Zeit $t\mapsto A(t)$ nicht ansehen, ob sie eine explizit zeitabhängige Observable im Schrödingerbild oder irgendeine Observable im Heisenbergbild darstellt. Das ist genauso, wie du für einen Preis von $12\mathord,47$ EUR nicht mit einer mathematischen Bedingung entscheiden kannst, ob er mit oder ohne Mehrwertsteuer zu verstehen ist. Die Operatoren $A_S(t)$ und $A_H(t)$, die eine bestimmte Observable im Schrödinger- bzw. im Heisenbergbild darstellen, unterscheiden sich dadurch, wie man mit ihnen zeitabhängige Erwartungswerte ausrechnet. Für $A_S(t)$ muss man dafür einen zeitabhängigen Zustand $t\mapsto\psi(t)$ hernehmen (nämlich eine Lösung der Schrödingergleichung), für $A_H(t)$ dagegen eine festen Zustand $\psi$. Außerdem ist eine Observable genau dann nicht explizit zeitabhängig, wenn der Operator, der sie im Schrödingerbild darstellt, nicht zeitabhängig ist. Das ist keine Tautologie: Ersteres ist eine physikalische Aussage über Messgeräte, die diese Observable realisieren, letzteres ist eine mathematische Aussage über Operatoren.


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Seligman
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  Beitrag No.4, vom Themenstarter, eingetragen 2023-06-07

\quoteon(2023-06-07 19:16 - zippy in Beitrag No. 3) Du kannst einer operatorwertigen Funktion der Zeit $t\mapsto A(t)$ nicht ansehen, ob sie eine explizit zeitabhängige Observable im Schrödingerbild oder irgendeine Observable im Heisenbergbild darstellt. Das ist genauso, wie du für einen Preis von $12\mathord,47$ EUR nicht mit einer mathematischen Bedingung entscheiden kannst, ob er mit oder ohne Mehrwertsteuer zu verstehen ist. \quoteoff da bin ich leider etwas verwirrt. Du schreibst dann, dass \quoteon(2023-06-07 19:16 - zippy in Beitrag No. 3) Außerdem ist eine Observable genau dann nicht explizit zeitabhängig, wenn der Operator, der sie im Schrödingerbild darstellt, nicht zeitabhängig ist. Das ist keine Tautologie: Ersteres ist eine physikalische Aussage über Messgeräte, die diese Observable realisieren, letzteres ist eine mathematische Aussage über Operatoren. \quoteoff Aber wenn wir doch eine explizite Darstellung einer Observable im Schrödingerbild haben, können wir ja durch explizites Nachrechnen überprüfen, ob der Operator eben zerabhängig ist oder nicht, und dann mit eben jener Äquivalenz zurückschließen, ob die Observable, die der Operator darstellt, wiederum explizit zeitabhängig ist oder nicht. Oder hab ich deine Erklärung da missverstanden? Oder wolltest du im ersten Paragraph darauf hinaus, dass aus einem gegebenen Operator nicht geschlossen werden kann, welche physikalische Observable er darstellt? (Das ist natürlich klar, eine explizite Darstellung ist immer mit einer Wahl verbunden. Es können zB vollkommen verschiedene physikalische Systeme durch dieselbe Rotationsgruppe SO3 dargestellt werden, ohne dass wir aus der Mathematik darauf zurückschliessen können welches physikal System wir damit modeliert haben)


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Seligman
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  Beitrag No.5, vom Themenstarter, eingetragen 2023-06-08

ein Nachtrag: ich denke da gibt gleichwohl eine allgemeingültige Bedingung die für alle Operatoren $A_O$, die eine Obsevable O im Schrödingerbild darstellen, erfüllen müssen: die Zeitabhängigkeit darf zwar gegeben sein sein (siehe dein Beispiel im Beitrag 2), aber sie muss explizit sein, ie es muss da stets gelten $$ \frac{\partial A_\text{S}}{\partial t} = \frac{d A_\text{S}}{dt} $$ Das ist das, was ich oben mit expliziter Zeitabhängigkeit gemeinst habe. Das ist wiederum äquivalent fazu, dass im Schrödingerbild Ortsoperator zeitunanhängig ist. Ist diese Überlegung soweit korrekt?


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zippy
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  Beitrag No.6, eingetragen 2023-06-08

\quoteon(2023-06-08 11:55 - Seligman in Beitrag No. 5) Ist diese Überlegung soweit korrekt? \quoteoff Du hast eine Funktion $t\mapsto A(t)$ vor dir. Was soll dann der Unterschied zwischen ${\mathrm d\over\mathrm dt}A(t)$ und ${\partial\over\partial t}A(t)$ sein? Das meinte ich mit: \quoteon(2023-06-07 19:16 - zippy in Beitrag No. 3) Du kannst einer operatorwertigen Funktion der Zeit $t\mapsto A(t)$ nicht ansehen, ob sie eine explizit zeitabhängige Observable im Schrödingerbild oder irgendeine Observable im Heisenbergbild darstellt. Das ist genauso, wie du für einen Preis von $12\mathord,47$ EUR nicht mit einer mathematischen Bedingung entscheiden kannst, ob er mit oder ohne Mehrwertsteuer zu verstehen ist. \quoteoff Ich verstehe auch nicht, was für eine "allgemeingültige Bedingung" du eigentlich suchst. Es legt dir doch niemand eine Funktion $t\mapsto A(t)$ vor und fragt, ob das Operator im Schrödingerbild ist, sondern du hast umgekehrt eine Observable gegeben, die entweder zeitunabhängig ist (wie z.B. der Ort $\bf x$ und der kanonische Impuls $\bf p$) oder explizit zeitabhängig ist (wie der kinematische Impuls $\boldsymbol\pi$ in einem äußeren zeitabhängigen Magnetfeld wie in Beitrag Nr. 1) und willst sie als Operator im Schrödingerbild darstellen. Und die Vorschrift dafür lautet einfach, dass die einzige Zeitabhängigkeit der Operatoren die explizite Zeitabhängigkeit der Observablen ist.


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Seligman
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  Beitrag No.7, vom Themenstarter, eingetragen 2023-06-08

\quoteon(2023-06-08 12:29 - zippy in


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zippy
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  Beitrag No.8, eingetragen 2023-06-08

\quoteon(2023-06-08 13:34 - Seligman in Beitrag No. 7) Unter A verstand ich implizit einen Operator mit Argumenten in Raum-Zeit $(x,t)$, deswegen die Unterscheidung zwischen ${\mathrm d\over\mathrm dt}A$ und ${\partial\over\partial t}A$. Hätte ich mitangeben sollen. \quoteoff Was soll denn ein "Operator mit Argumenten in Raum-Zeit" sein? Wie haben es hier mit operatorwertigen Funktionen der Zeit zu tun, da gibt es kein $x$.


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  Beitrag No.9, vom Themenstarter, eingetragen 2023-06-08

Ja, die Aussage ergibt kein Sinn. Ich hätte sagen sollen, eine Operatorfamilie parametrisiert durch (x,t), wie zB der kinematische Impuls aus Betrag no 2 als Beispiel? Natürlich sind "die Argumente" der Operatoren stets Wellenfunktionen, sorry Bzw könntest du etwas ausführen was du genau mit \quoteon(2023-06-08 12:29 - zippy in


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zippy
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  Beitrag No.10, eingetragen 2023-06-08

\quoteon(2023-06-08 15:55 - Seligman in Beitrag No. 9) Natürlich sind "die Argumente" der Operatoren stets Wellenfunktionen \quoteoff Das ist nicht der Punkt. Die Objekte, mit denen man es im Heisenbergbild oder im Fall der expliziten Zeitabhängigkeit auch im Schrödingerbild zu tun hat, sind nicht einzelne Operatoren, sondern die schon öfter erwähnten Funktionen $t\mapsto A(t)$. Und das sind Funktionen von $t$. Nicht von $(x,t)$. \quoteon(2023-06-08 15:55 - Seligman in Beitrag No. 9) Wenn ich dich richtig zitiert habe, dann frage ich mich ob es eine Bedeutung dahinter gibt, dass du in 1. eine Observable "explizit" zeitabhängig nennt. Hat das "explizit" eine bestimmte Bedeutung, oder hätte es auch einfach nur "O zeitabhängig" heißen können? \quoteoff Das ist die gleiche Sprechweise wie in der klassischen Mechanik: Wenn man ein System zum Zeitpunkt $t_0$ in einen bestimmten Anfangszustand bringt und dann einmal zum Zeitpunkt $t_1$ und einmal zum Zeitpunkt $t_2$ eine Observable misst, dann werden sich die Ergebnisse dieser beiden Messungen (also die Statistiken der Messerwerte) im Allgemeinen unterscheiden. Diese Zeitabhängigkeit kann durch zwei Effekte zustande kommen: 1. Das System verändert sich zwischen $t_1$ und $t_2$ aufgrund der Zeitentwicklung. 2. Die Observable verändert sich zwischen $t_1$ und $t_2$, weil sie von irgendwelchen extern vorgegebenen zeitlich veränderlichen Parametern abhängt. Mit "explizit zeitabhängig" ist nur der 2. Punkt gemeint. Für ein System, dessen Hamiltonoperator zeitunabhängig ist, kann man den Unterschied auch so formulieren: • nicht explizit zeitabhängig = Das Ergebnis der Messung hängt nur vom relativen Zeitpunkt der Messung, also vom Abstand zu $t_0$, ab. Es macht keinen Unterschied, wenn man das gesamte Experiment (also Herstellung des Anfangszustands und anschließende Messung) in der Zeit verschiebt. • explizit zeitabhängig = Das Ergebnis der Messung hängt vom absoluten Zeitpunkt der Messung ab. Im Schrödingerbild findet sich der 1. Punkt in der Zeitabhängigkeit der Zustände und der 2. in der Zeitabhängigkeit der Operatoren wieder. Im Heisenbergbild finden sich beide in der Zeitabhängigkeit der Operatoren wieder.


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  Beitrag No.11, vom Themenstarter, eingetragen 2023-06-08

Ich danke dir vielmals, jetzt habe ich es verstanden. Also hat auch in der Formel oben die Wahl zwischen $ d/dt $ und$\partial/ \partial t $ unter Anwedung auf Operatoren keine Bedeutung?


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Folgende Antworten hat der Fragensteller vermutlich noch nicht gesehen.
zippy
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  Beitrag No.12, eingetragen 2023-06-08

\quoteon(2023-06-08 17:46 - Seligman in Beitrag No. 11) Also hat auch in der Formel oben die Wahl zwischen $ d/dt $ und$\partial/ \partial t $ unter Anwedung auf Operatoren keine Bedeutung? \quoteoff Man sollte dort eigentlich ${\mathrm d\over\mathrm dt}$ schreiben, da $t$ die einzige Variable ist, von der $A$ abhängt. Dass man in diesem Zusammenhang häufig ${\partial\over\partial t}$ schreibt, liegt daran, dass man an eine Situation denkt, wo der explizit zeitabhängige Operator $A$ als Funktion von anderen (nicht explizit zeitabhängigen) Operatoren $B_1,\ldots,B_n$ und der Zeit gegeben ist,$$ A(t) = f(B_1,\ldots,B_n,t) \;. $$In diesem Fall ist im Schrödingerbild$$ {\mathrm d\over\mathrm dt}\;A(t) = {\partial f\over\partial t}(B_1,\ldots,B_n,t) $$und im Heisenbergbild$$ {\mathrm d\over\mathrm dt}\;A(t) = {i\over\hbar}\bigl[H,f\bigl(B_1(t),\ldots,B_n(t),t\bigr)\bigr] + {\partial f\over\partial t}\bigl(B_1(t),\ldots,B_n(t),t\bigr) \;. $$Die Definition von $\boldsymbol\pi$ in Beitrag Nr. 1 ist beispielsweise von dieser Form. Die Operatoren $B_1,\ldots,B_n$ sind hier $\bf p$ und $\bf x$.


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