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Autor |
Plastische Biegung |
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jh_110
Neu  Dabei seit: 15.09.2021 Mitteilungen: 2
 | Themenstart: 2021-09-15
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Hallo zusammen
Ich habe folgende Problemstellung:
Ich habe ein Stahl-Profil (Rechteckprofil Vollmaterial Breite= 100mm, Höhe= 45mm, Länge 1150mm Baustahl S355 Rp02= 355N/mm^2 und Rm= 470N/mm^2), das als Freiträger mit Einzellast dient. Dieses Profil weist bereits eine plastische Verformung auf.
Man kann sich das so vorstellen:
Der Stahl ist an einem Ende fest eingespannt. Am anderen Ende des Stahls hat eine Kraft gewirkt, die den Stahl dauerhaft verbogen hat und zwar 4cm zur Horizontalen.
Nun möchte ich herausfinden, wie viel die Streckgrenze des Materials schon überzogen wurde und wie viel Kraft es braucht, das Profil wieder zurück zu biegen.
Ich kenne die Berechnung der Biegung im elastischen Bereich, aber leider nicht im plastischen :(
Kennt jemand einen Lösungsweg ohne komplizierte Differential- und Integralrechnung, oder ist das unumgänglich?
Ich würde mich sehr über einige Antworten freuen und danke bereits jetzt dafür
Liebe Grüsse
https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/54973_Unbenannt.PNG
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JoeM
Aktiv  Dabei seit: 28.10.2015 Mitteilungen: 998
Wohnort: Oberpfalz
 | Beitrag No.1, eingetragen 2021-09-17
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Hallo jh-110,
1) die plastische Verformung am Trägerende beträgt: f = F*l^3/(3*E*I).
2) diese Verformung kann mit einer Einzelkraft am Trägerende nicht rückgängig gemacht werden.
Edit:
1) die plastische Verformung am Trägerende ist f > F*l^3/(3*E*I).
viele Grüße
JoeM
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MontyPythagoras
Senior  Dabei seit: 13.05.2014 Mitteilungen: 3414
Wohnort: Werne
 | Beitrag No.2, eingetragen 2021-09-18
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Hallo zusammen,
\quoteon(2021-09-17 04:26 - JoeM in Beitrag No. 1)
Hallo jh-110,
1) die plastische Verformung am Trägerende beträgt: f = F*l^3/(3*E*I).
2) diese Verformung kann mit einer Einzelkraft am Trägerende nicht rückgängig gemacht werden.
viele Grüße
JoeM
\quoteoff
Die unter (1) angegebene Formel ist gravierend falsch. Die Formel beschreibt die elastische Verformung, nicht die plastische. Die plastische Verformung läuft von außen nach innen, wie ich in diesem Thread schon einmal erläutert habe:
https://matheplanet.de/matheplanet/nuke/html/uploads/b/39826_Spannung_plastisch.png
Wenn der Balken anschließend wieder entlastet wird, federt er zurück, und zwar genau so weit, bis sich in jedem Querschnitt ein Gesamtbiegemoment von null einstellt. Das ist noch vereinfachend dargestellt, und zwar unter der vereinfachenden Annahme, dass die Spannung im Balkenquerschnitt nur bis zu einem Maximalwert ansteigt und diesen nicht überschreitet. Echte Materialkennlinien von Stahl sind natürlich noch etwas komplexer.
Die Rückverformung sieht dann so aus:
https://matheplanet.de/matheplanet/nuke/html/uploads/b/39826_Plastische_Verformung.png
Der Balken verhält sich nun wieder elastisch. Die rote Linie gibt an, wie weit sich der Balken wieder zurückverformt, so dass das resultierende Biegemoment null ist. Das bedeutet, dass bei einem rechteckigen Querschnitt
$$M_b=\intop_{-\tfrac h2}^{\tfrac h2}\sigma(z)\cdot z\;\mathrm dz=0$$Es verbleibt eine Eigenspannung im Balken, die man sich so vorstellen kann, dass man die rote Linie von der blauen Linie "abzieht", wenn man die Biegespannung als eine nach rechts und links zeigende Funktion der vertikalen Koordinate betrachtet. Das für den Querschnitt zu berechnen ist kein Hexenwerk, für den ganzen Balken schon ein wenig aufwändiger. Die Steigung der linear ansteigenden Spannungskurve (blau), minus die Steigung der roten Linie mit gleichem Biegemoment ist ein Maß für die verbleibende Restbiegung.
Natürlich kann man den Balken auch wieder zurückbiegen, wie jeder aus Erfahrung weiß, aber tatsächlich stellt man damit nicht den ursprünglichen Zustand wieder her, weil die Spannungskurve über den Querschnitt dann einen Doppelknick aufweist, und dann wird es richtig aufwendig - und wie gesagt auch nicht wirklich realistisch aufgrund des Unterschieds zwischen dieser vereinfachten Annahme der Maximalspannung und den echten Materialkennlinien.
Ciao,
Thomas
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JoeM
Aktiv  Dabei seit: 28.10.2015 Mitteilungen: 998
Wohnort: Oberpfalz
 | Beitrag No.3, eingetragen 2021-09-20
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Hallo,
ich sehe die Sache so:
https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/44117_Streck1.jpg
Ansonsten: Die plastische Verfomung am Trägerende kann durch eine Einzelkraft nicht rückgängig gemacht werden.
viele Grüße
JoeM
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haribo
Senior  Dabei seit: 25.10.2012 Mitteilungen: 4501
 | Beitrag No.4, eingetragen 2021-09-20
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\quoteon(2021-09-15 13:57 - jh_110 im Themenstart)
Nun möchte ich herausfinden, wie viel die Streckgrenze des Materials schon überzogen wurde
\quoteoff
war denn die ungewollte überlast auch eine in A anliegende einzellast oder war das eher ein dynamischer vorgang? zumindest im ersteren fall dürfte ja die plastische verformung nur recht nahe von B stattgefunden haben, die krümmung des balkens also keine gleichmässige sein bzw ab irgendwo links von B müsste er immer noch in sich gerade sein also ab dort auch unbeschädigt, die stelle sollte leicht erkennbar sein
in meiner vorstellung macht es wenig sinn eine rückbiegekraft ausserhalb dieser stelle anzusetzen, bzw es wäre sinnvoll den noch geraden rest-träger beim rückbiegen ab dieser stelle entsprechend zu stabilisieren
die jetzt noch vorhandene restfestigkeit(restelastizität) müsste man doch mit einer definierten belastung und biegungsmessung, sozusagen im direkten vergleich z.B. mit einem ungeschädigten trager, recht gut ermitteln können
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MontyPythagoras
Senior  Dabei seit: 13.05.2014 Mitteilungen: 3414
Wohnort: Werne
 | Beitrag No.5, eingetragen 2021-09-20
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Hallo JoeM,
\quoteon(2021-09-20 04:45 - JoeM in Beitrag No. 3)
Hallo,
ich sehe die Sache so:
...
viele Grüße
\quoteoff
Kann man so machen. Ist dann aber falsch.
Du kannst doch nicht den Balken als rechtwinkliges Dreieck berechnen. Dann wäre er ja an der Einspannung scharf abgeknickt und ansonsten unverformt. Und auch sonst lässt Du die Physik großzügig außer acht.
Na schön. Ich hatte gehofft, ich könnte mir den Aufwand sparen. Nachfolgend also der Spannungsverlauf (dicke rote Linie) in einem semiplastisch verformten Balken. Ignoriere die blaue und die grüne Linie vorläufig. $\sigma_p$ sei die Spannung, an der das Material zu fließen beginnt, und zwar ab der vertikalen Koordinate $z_p$. Eigentlich müsste man das Spannungsdehnungsdiagramm von Stahl hier um 90° drehen und da rein basteln, aber wir wollen mal nicht übertreiben.
https://matheplanet.de/matheplanet/nuke/html/uploads/b/39826_3_Plastische_Biegung.png
Diese Spannung muss nun über den Querschnitt integriert das Biegemoment des Balkens an dieser Stelle ergeben, wie oben in #2 schon geschrieben:
$$M_b=2\intop_0^{z_p}b\frac{\sigma_p}{z_p}z^2\;\mathrm dz+2\intop_{z_p}^{\tfrac12h}b\sigma_pz\;\mathrm dz$$$$M_b=2b\left(\frac{\sigma_p}{3z_p}z_p^3+\frac{\sigma_p}2\left(\tfrac14h^2-z_p^2\right)\right)$$$$M_b=\sigma_pb\left(\tfrac14h^2-\tfrac13z_p^2\right)\tag1$$Je größer $M_b$, desto kleiner $z_p$, und wenn $z_p=\tfrac12h$ ist, dann habe ich die Grenze des elastischen Bereichs erreicht:
$$M_{b,p}=\sigma_p\cdot\tfrac16bh^2\tag2$$Den zweiten Teil auf der rechten Seite erkennst Du hoffentlich als das Widerstandsmoment eines rechteckigen Querschnitts wieder.
Ich lasse die x-Koordinate auch mal von der Einspannstelle laufen, die Kraft $F$ wirkt bei $x=l$, das Biegemoment lautet dann
$$M_b(x)=F(l-x)\tag3$$Der Übergang vom elastischen in den teilplastischen Bereich findet dann statt bei $x_p$:
$$F(l-x_p)=M_{b,p}=\tfrac16\sigma_p bh^2$$$$x_p=l-\frac{\sigma_p bh^2}{6F}\tag4$$Wie ich oben in dem Bild schon eingezeichnet habe, bestimmt die Steigung der Spannung die Krümmung des Balkens:
$$w''(x)=\frac{\sigma_p}{Ez_p}\tag5$$Dabei ist $z_p$ variabel, weil abhängig vom lokalen Biegemoment. Wir lösen (1) nach $z_p$ auf:
$$z_p=\sqrt{\tfrac34h^2-\frac{3M_b}{b\sigma_p}}\tag6$$und verwenden Gleichungen (3) und (5), um die Differentialgleichung der Biegelinie im semiplastischen Bereich anzugeben:
$$w''(x)=\frac{\sigma_p}{E\sqrt{\tfrac34h^2-\frac{3F(l-x)}{b\sigma_p}}}\tag7$$Diese Differentialgleichung ist nicht nur einfach zu lösen, sie gilt vor allem auch nur im semiplastischen Bereich. Außerhalb davon gilt die klassische, elastische Gleichung
$$w''(x)=\frac{M_b(x)}{EI}=\frac{12F(l-x)}{Ebh^3}\tag8$$Wir müssen nun also Gleichung (7) zweimal integrieren im Bereich $0\leq x\leq x_p$, und Gleichung (8) ebenso im Bereich $x_p < x\leq l$, dabei die Anfangs- und Übergangsbedingungen beachten und zwei Millionen Zeilen später haben wir eine Formel für die teilplastische Durchbiegung des Balkens. Dazu habe ich aber gerade keine Lust.
Wenn der Balken entlastet wird, federt er wieder zurück, und zwar elastisch über den ganzen Querschnitt (siehe dünne blaue Linie oben). Auch das hatte ich schon in #2 beschrieben. Die Steigung der blauen Linie in obigem Bild ist ein Maß dafür, wie weit der Balken zurückfedert, wenn das Biegemoment, das sich aus der blauen Spannungslinie ergibt, gleich dem vorher wirksamen Biegemoment entspricht. Wie man sieht, ist die Steigung kleiner, und die Differenz der beiden Steigungen ist ein Maß für die im Balken verbleibende, dauerhafte Verformung. Die grüne Linie gibt die verbleibende Eigenspannung im Balken an, die sich daraus ergibt, dass man die blaue von der roten Linie abzieht.
Das Ganze ist recht einfach zu berechnen: da der Balken vollelastisch zurückfedert, überlagert man einfach die oben berechnete Biegelinie mit der nach oben wirkenden Biegelinie der rein elastischen Verformung bei gleicher Kraft, und hat die Dauerverformung.
Also sorry, aber Deine Berechnung taugt bestenfalls als sehr breiter Daumenwert.
Ciao,
Thomas
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haribo
Senior  Dabei seit: 25.10.2012 Mitteilungen: 4501
 | Beitrag No.6, eingetragen 2021-09-20
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dann wäre ungefähr dieser innere spannungsverlauf an der einspannstelle gegeben nach einem zurückbiegen?
(evtl gespiegelt...)
https://www.matheplanet.de/matheplanet/nuke/html/uploads/b/35059_plastisch1.jpg
wie stark ~ reduziert sich dadurch die festigkeit für eine erneute belastung bis zur streckgrenze? ein paar prozent?
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MontyPythagoras
Senior  Dabei seit: 13.05.2014 Mitteilungen: 3414
Wohnort: Werne
 | Beitrag No.7, eingetragen 2021-09-20
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Hallo haribo,
ja, das kommt gut hin, qualitativ. Aber eine prozentuale Schätzung würde ich nicht abgeben wollen, ohne es im Detail gerechnet zu haben. Und aufgrund der Tatsache, dass die Annahme einer konstanten Obergrenze für die Grenzspannung ohnehin recht optimistisch ist, liegt man damit wohl am Ende auch recht weit von der Realität entfernt.
Vielleicht rechne ich am Wochenende mal daran weiter.
Ciao,
Thomas
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haribo
Senior  Dabei seit: 25.10.2012 Mitteilungen: 4501
 | Beitrag No.8, eingetragen 2021-09-21
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na, die frage ist wie weit hinein die spannung überlastet war, also ob man das berechnen kann aufgrund der verbliebenen verbiegung von 40mm laut #1
genau darauf zielte ja meine frage; wie weit von A ausgehend ist der träger jetzt noch unverformt, wurde also nicht über den elastischen bereich hinaus belastet, sofern die verbiegung durch eine einzellast und nicht selbst durch ein dynamisches event entstand
ansonsten denke ich auch das es alles optimistische annahmen sind, da ja u.A. die angenommene spannungsgrenze ein mindestwert des angegebenen materials sein sollte und nicht ein scharfer grenzwert
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MontyPythagoras
Senior  Dabei seit: 13.05.2014 Mitteilungen: 3414
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 | Beitrag No.9, eingetragen 2021-09-25
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Hoch die Hände, Wochenände. Zeit, was zu rechnen.
Wir integrieren die Gleichung (7) und setzen gleich die Randbedingung $w'(0)=0$ ein:
$$w'(x)=\frac{2b\sigma_p^2}{3EF}\left(\sqrt{\tfrac34h^2-\frac{3F(l-x)}{b\sigma_p}}-\sqrt{\tfrac34h^2-\frac{3Fl}{b\sigma_p}}\right)$$$$w'(x)=\frac{b\sigma_p^2}{3EF}\left(\sqrt{3h^2-\frac{12F(l-x)}{b\sigma_p}}-\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\right)\tag9$$Und nochmal integrieren:
$$w(x)=\frac{b^2\sigma_p^3}{54EF^2}\sqrt{3h^2-\frac{12F(l-x)}{b\sigma_p}}^3-\frac{b^2\sigma_p^3}{54EF^2}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}^3-\frac{b\sigma_p^2}{3EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\;\cdot x\tag{10}$$Uns interessieren in erster Linie die Werte bei $x=x_p$:
$$w'(x_p)=\frac{bh\sigma_p^2}{3EF}-\frac{b\sigma_p^2}{3EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\tag{11}$$Und
$$w(x_p)=\frac{b^2h^3\sigma_p^3}{54EF^2}-\frac{b^2\sigma_p^3}{54EF^2}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}^3-\frac{b\sigma_p^2}{3EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\left(l-\frac{\sigma_p bh^2}{6F}\right)$$$$w(x_p)=\frac{b^2h^3\sigma_p^3}{54EF^2}-\frac{b\sigma_p^2}{3EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\left(\frac{b\sigma_p}{18F}\left(3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}\right)+l-\frac{\sigma_p bh^2}{6F}\right)$$$$w(x_p)=\frac{b^2h^3\sigma_p^3}{54EF^2}-\frac{bl\sigma_p^2}{9EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\tag{12}$$Um die Gesamtverformung am Balkenende zu berechnen, müssen wir noch den elastischen Teil für $x > x_p$ hinzurechnen. Das geht mit einem Tabellenwerk, wobei wir nur die "Restlänge" des Balkens $(l-x_p)$ als Balkenlänge annehmen und die Übergangsbedingungen einbeziehen. Also gilt für die Gesamtverformung:
$$f=\frac{F(l-x_p)^3}{3E\cdot\tfrac1{12}bh^3}+w(x_p)+w'(x_p)(l-x_p)$$Mithilfe von Gleichungen (4), (11) und (12) folgt:
$$f=\frac{F\left(\frac{\sigma_p bh^2}{6F}\right)^3}{3E\cdot\tfrac1{12}bh^3}+\frac{b^2h^3\sigma_p^3}{54EF^2}-\frac{bl\sigma_p^2}{9EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}+\left(\frac{bh\sigma_p^2}{3EF}-\frac{b\sigma_p^2}{3EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\right)\left(\frac{\sigma_p bh^2}{6F}\right)$$$$f=\frac{\sigma_p^3b^2h^3}{54EF^2}+\frac{\sigma_p^3b^2h^3}{54EF^2}-\frac{\sigma_p^2bl}{9EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}+\frac{\sigma_p^3b^2h^3}{18EF^2}-\frac{\sigma_p^3b^2h^2}{18EF^2}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}$$Letztlich erhalten wir für die Gesamtdurchbiegung (solange die Kraft noch wirkt):
$$f=\frac{5\sigma_p^3b^2h^3}{54EF^2}-\frac{\sigma_p^2b}{18EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\left(2l+\frac{\sigma_pbh^2}F\right)\tag{13}$$Wenn der Balken jetzt wieder entlastet wird, muss man noch eine vollständige, elastische Rückverformung wieder abziehen. Somit erhält man als bleibende Verformung nach Überlastung:
$$f_p=\frac{5\sigma_p^3b^2h^3}{54EF^2}-\frac{\sigma_p^2b}{18EF}\sqrt{3h^2-\frac{12Fl}{b\sigma_p}}\left(2l+\frac{\sigma_pbh^2}F\right)-\frac{4Fl^3}{Ebh^3}\tag{14}$$Das alles gilt nur bei Überschreiten einer kritischen Last, die dann erreicht wird, wenn $x_p > 0$ ist, also für
$$F > \frac{\sigma_p bh^2}{6l}=F_{krit}\tag{15}$$Tja, und dann ist Schluss mit lustig, denn die Auflösung der Gleichung (14) nach der Kraft $F$, die die dauerhafte Verformung $f_p$ erzeugt, ergibt eine Gleichung sechsten Grades, die bekanntermaßen nicht lösbar ist. Wir müssten hier also auf eine numerische Lösung zurückgreifen.
Man erkennt außerdem an Gleichung (14), dass es eine Obergrenze der Kraft gibt, nämlich wenn der Term unter der Wurzel null wird. Das ist der Fall bei
$$F_{max}=\frac{\sigma_p bh^2}{4l}=\tfrac32F_{krit}\tag{16}$$Wenn die Kraft dieses Maximum erreicht, macht es "knack", denn dann ist der Balken vollplastisch verformt, wodurch $z_p=0$ und damit zumindest mathematisch laut Gleichung (5) die Krümmung unendlich wird und der Balken somit abknickt.
Allerdings muss man dazusagen, dass das in der Realität nur noch begrenzt anwendbar ist, denn man sollte sich hier noch einmal die Grundregeln der Balkenbiegung bzw. deren Limits vergegenwärtigen:
1. Auslenkungen bleiben klein im Verhältnis zu den Balkenabmessungen
2. Scherspannungen werden vernachlässigt
3. Theorie vom Ebenbleiben der Querschnitte
Alle drei Grundregeln werden aus unterschiedlichen Gründen verletzt, wenn man mit plastischer Biegung rechnet.
So sieht das Ganze in diesem konkreten Beispiel zahlenmäßig aus:
https://matheplanet.de/matheplanet/nuke/html/uploads/b/39826_Plastische_Biegung2.png
Dieses Diagramm stellt die bleibende plastische Absenkung des Balkenendes (in mm) dar in Abhängigkeit von der vorher gewirkt habenden Einzelkraft (in N). Wenn man für $\sigma_p$ den Wert der Zugfestigkeit von 470N/mm² annimmt, dann liegt die kritische Kraft $F_{krit}$ bei knapp 14kN und die maximale Kraft bei knapp 21kN. Und man stellt überraschenderweise fest, dass bei 40mm gemessener Verformung die Maximalkraft wohl auch gewirkt haben muss, da die maximale Verformung ohne Bruch nur bei ca. 32mm Absenkung liegt. Aber wie gesagt ist diese Aussage mit Vorsicht zu genießen, da in diesem Bereich die Grundregeln schon verletzt sind und die Realitätsnähe der Berechnung langsam schwindet. Aber man kann sicherlich sagen, dass die Kraft im Bereich von 20kN gelegen haben muss, und die Kraft wird auch nötig sein, um den Balken wieder zurückzubiegen. Wobei dann allerdings auch noch zahlenmäßig nur schwer greifbare Effekte wie bruchmechanische Gesetzmäßigkeiten (Rissbildung und -fortschritt), Kaltverfestigung, Ermüdung usw. zum Tragen kommen, was im Übrigen auch schon für das erstmalige Verbiegen und nicht nur für das Zurückbiegen gilt.
Wer die Zahlenwerte verändern will, kann unter diesem Link die GeoGebra-Seite aufrufen und damit herumspielen.
@jh_110: ich hoffe, damit ist Deine Frage beantwortet.
Ciao,
Thomas
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haribo
Senior  Dabei seit: 25.10.2012 Mitteilungen: 4501
 | Beitrag No.10, eingetragen 2021-09-25
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na wenn da kein fehler drin ist am wochenende
die breite geht ja nur linear ein, also kann man gleiche überlegung für ein quadratischen querschnitt 45 x 45mm anstellen, bei gleicher länge
ist das gefühlt plausiebel dass man solch einen dann eher draht zu bezeichnenden querschnitt, also in der dimension nahe einem dicken moniereisen... wenn er einseitig eingespannt aus einem betonteil ragen würde nur so weit verbiegen kann dass er 32mm ausgelenkt zurückgefedert stehen bleibt? und dabei also schon nahezu innerlich zerstört nahe der einspannstelle?
fühlt sich mir erstmal prakmatischerweise unwarscheinlich an
haribo
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MontyPythagoras
Senior  Dabei seit: 13.05.2014 Mitteilungen: 3414
Wohnort: Werne
 | Beitrag No.11, eingetragen 2021-09-25
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Hallo haribo,
nun ja, ich habe die ganzen Einschränkungen ja nicht ohne Grund aufgezählt. Nicht nur der Werkstoff wird in dieser Berechnung idealisiert, sondern auch die Umstände. Balkenbiegung gilt streng genommen nur für Balken, deren Querschnitt quasi null ist im Vergleich zu seiner Länge. Jede reale Größe ist schon eine Abweichung vom Ideal. Dazu wie gesagt die schon aufgezählten Einschränkungen, und außerdem kommt durch die Behinderung der Querdehnung noch eine weitere Verfälschung hinzu, wenn Du sehr weit biegst. Wenn man einen Balken mit rechteckigem Querschnitt biegt, verformt sich der Querschnitt trapezförmig: auf der Zugseite wird er schmaler, auf der Druckseite breiter.
Außerdem sind die 32mm nur die verbleibende Verformung nach Entlastung. Ich habe auf der Geogebra-Seite noch die Verformung unter Last hinzugefügt (grüne Linie), und da werden immerhin rund 98mm erreicht, so dass der Balken gute 66mm zurückfedert.
Betrachtet man also die Summe der Idealisierungen, ist das keineswegs unplausibel. Die berechnete, wirksame Kraft in der Größenordnung von 21kN ist durchaus realistisch, denke ich.
Ciao,
Thomas
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haribo
Senior  Dabei seit: 25.10.2012 Mitteilungen: 4501
 | Beitrag No.12, eingetragen 2021-09-26
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20KN 100mm ist im Bereich vieler hydraulischer Stempel Wagenheber
Von den Einschränkungen erscheint mir 2) „Scherkräfte“ am schwierigsten einzuschätzen
Und da würde ich suchen nach der Länge bis zu der Dein Modell zu starke Scherkräfte ausweist
Ich überblicke es grad nicht aber es scheinen nur wenige mm zu sein? < 100?
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MontyPythagoras
Senior  Dabei seit: 13.05.2014 Mitteilungen: 3414
Wohnort: Werne
 | Beitrag No.13, eingetragen 2021-09-26
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Hallo haribo,
wir reden immer noch von einfachem Baustahl und 1150mm freier Biegelänge.
Nimm jedes Lehrbuch der Welt, berechne bei diesem Querschnitt und dieser Länge für diesen Werkstoff die maximal zulässige Kraft am Balkenende, um die Streckgrenze von 355N/mm² zu erreichen, und Du kommst auf nur 10.419N. Sorry, dass sich die Physik nicht mit Deiner Vorstellung deckt. 😄
Deswegen betone ich ja die ganze Zeit, welche Vereinfachungen und Idealisierungen wir gemacht haben.
Ciao,
Thomas
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jh_110
Neu  Dabei seit: 15.09.2021 Mitteilungen: 2
 | Beitrag No.14, vom Themenstarter, eingetragen 2021-10-14
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Hallo zusammen
Bitte entschuldigt meine lange Antwortzeit, das ganze hat den Rahmen meines Verstandes kurzzeitig etwas gesprengt :)
Ich danke allen für die zahlreichen Antworten.
@MontyPythagoras Vielen Dank für deine wertvolle Herleitung und die Darstellung in GeoGebra, das hilft mir extrem weiter.
Ich denke wie die meisten, es macht irgendwie keinen Sinn so etwas rechnerisch darzustellen, weil es einfach zu stark von der Realität abweicht. Somit haben wir das hier auch bewiesen.
Ich greife für die Darstellung der entstehenden Spannungen etc. mal auf die FEM-Analyse zurück, ich denke das ist aus rein technisch/fortschrittlicher Sicht am besten...
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