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Autor |
Taylorpolynom Eindeutigkeit |
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Sekorita
Aktiv  Dabei seit: 26.10.2021 Mitteilungen: 425
 | Themenstart: 2021-11-19
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Hallo. Vorweg soll gesagt sein, dass ich meine Vorlesung leider am Skript verfolgen kann und ich mich dementsprechend etwas durchhangeln muss. Wir sind jetzt beim Taylorpolynom und den Sinn des Taylorpolynoms habe ich verstanden. Jetzt soll die Eindeutigkeit bewiesen werden. Ein Kommilitone kam auf den folgenden Beweis, den ich leider nicht komplett verstehe, bzw. der auch nichts mit dem Hinweis auf dem ÜB zu tun hat. Ich wäre für eine Erläuterung des Taylorpolynoms bzw. des Restglieds und der Aufgabe auf dem ÜB sehr dankbar. Die Erklärungen hier verstehe ich häufig viel besser.
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nzimme10
Senior  Dabei seit: 01.11.2020 Mitteilungen: 2080
Wohnort: Köln
 | Beitrag No.1, eingetragen 2021-11-19
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Hallo,
betrachte doch mal den Kosinus $\cos\colon \mathbb R\to \mathbb R$ in einer kleinen Umgebung des Punktes $x_0=0$.
Es gilt $\cos(0)=1$ und daher ist die konstante Funktion $1$ eine gute Annäherung an den Graphen des Kosinus nahe $x_0=0$. Können wir das besser machen?
Können wir z.B. ein Polynom zweiten Grades finden, das den Kosinus noch besser annähert?
Ein allgemeines Polynom 2. Grades hat die Form $p(x)=a_2x^2+a_1x+a_0$. Sicher ist es Zielführend zu fordern, dass unser Polynom $p$ mit Kosinus an der Stelle $x_0$ übereinstimmten soll, also es soll $p(x_0)=\cos(x_0)$ gelten.
Weiter ist es sinnvoll zu fordern, dass die beiden nicht zu schnell voneinander abweichen, also auch die ersten Ableitungen übereinstimmen. Es soll also auch $p'(x_0)=\cos'(x_0)$ gelten. Zuletzt kann man das auch für die zweiten Ableitungen fordern.
Die erste Bedingung sagt uns, dass $p(0)=1$ gelten soll. Damit muss $a_0=1$ gesetzt werden. Die zweite Bedingung sagt uns
$$
p'(0)=0 \ \Longrightarrow \ 2a_2\cdot 0+a_1=0 \ \Longrightarrow \ a_1=0.
$$
Zuletzt liefert uns die letzte Bedingung, dass
$$
p''(0)=-1 \ \Longrightarrow \ 2a_2=-1 \ \Longrightarrow \ a_2=-\frac 12.
$$
Wir erhalten somit
$$
p(x)=1-\frac 12 x^2
$$
für unser Polynom. (Betrachte doch mal dieses Polynom und den Kosinus z.B. auf desmos.com)
Jeder Koeffizient in diesem Polynom sichert uns dabei, dass das Polynom am Punkt $x_0$ "so gut wie es geht" mit Kosinus übereinstimmt. Visuell sehr ansprechend ist dieses Vorgehen in diesem Video dargestellt.
Diesen Ansatz kann man natürlich direkt verallgemeinern. Es sei $I\subseteq \mathbb R$ ein offenes Intervall, $x_0\in I$ und $f\colon I\to \mathbb R$ $n$-mal differenzierbar.
Wir suchen nun ein Polynom $p$, das an der Stelle $x_0$ mit $f$ "so gut wie möglich übereinstimmt". Wir fordern auch hier, dass $p^{(k)}(x_0)=f^{(k)}(x_0)$ für alle $k\leq n$ gilt, also $p$ und $f$ identische Ableitungen bis zur Ordnung $n$ an dieser Stelle haben. Setzt man zunächst
$$
p(x)=\sum_{j=0}^n a_j(x-x_0)^j
$$
so gilt also
$$
p^{(k)}(x)=\sum_{j=0}^n j\cdot(j-1)\cdot(j-2)\dots(j-k+1)\cdot a_j(x-x_0)^{j-k}=\sum_{j=k}^n \frac{j!}{(j-k)!}\cdot a_j(x-x_0)^{j-k}.
$$
Nun soll gelten
$$
f^{(k)}(x_0)=p^{(k)}(x_0)=\sum_{j=k}^n \frac{j!}{(j-k)!}\cdot a_j(x_0-x_0)^{j-k}
$$
und somit (mit $0^0:=1$)
$$
f^{(k)}(x_0)=k!\cdot a_k \ \Longrightarrow \ a_k=\frac{f^{(k)}(x_0)}{k!}.
$$
Wir sehen daher, dass $p$ die Form
$$
p(x)=\sum_{k=0}^n \frac{f^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k
$$
haben muss (das zeigt auch gleich die Eindeutigkeit!). Das ist das Taylorpolynom. Jeder Koeffizient $a_k$ von $p$ sichert uns dabei wieder ganz einfach, dass die $k$-te Ableitung von $p$ an der Stelle $x_0$ mit der $k$-ten Ableitung von $f$ an der Stelle $x_0$ übereinstimmt. Das erklärt auch erneut, warum hier die Fakultäten von ganz alleine auftreten.
Nun kann man sich fragen wie gut die Approximation durch das Taylorpolynom überhaupt ist. Man würde also gerne mehr über den Fehlerterm
$$
R(x)=f(x)-p(x)
$$
wissen. Diesen Term nennt man auch das Restglied. Für das Restglied gibt es einige Darstellungen (Integraldarstellung, Lagrange-Restglied, Peano-Restglied) und auch qualitative Aussagen über das Verschwinden des Restgliedes für $x\to x_0$. Das findest du aber sicher in jedem Lehrbuch über Analysis, oder kannst auch mal selbst darüber nachdenken. Auf das Lagrange-Restglied kommt man z.B. nur mit Hilfe des Mittelwertsatzes und des Fundamentalsatzes der Analysis.
Ein Beispiel für eine Darstellung des Restglieds:
Satz. (Taylorformel mit Integralrestglied)
Es seien $n\in \mathbb N$, $I\subseteq \mathbb R$ ein offenes Intervall, $x_0,x\in I$, sowie $f\in \mathscr C^{n+1}(I)$. Dann gilt
$$
f(x)=\sum_{k=0}^n \frac{f^{(k)}(x_0)}{k!} (x-x_0)^k+\int_{x_0}^{x} \frac{f^{(n+1)}(t)}{n!}(x-t)^n \ \mathrm{d}t.
$$
Auch wenn einem das nicht wirklich zeigt warum es stimmt, kann man das durch vollständige Induktion beweisen. Der Induktionsanfang ist dann gerade der Fundamentalsatz der Analysis. Im Induktionsschritt macht man eine partielle Integration. Wendet man auf das Integralrestglied nun den Mittelwertsatz an, so erhält man
Satz. (Taylorformel mit Lagrange-Restglied)
Es sei $I\subseteq \mathbb R$ ein offenes Intervall, $n\in \mathbb N$, $f\in \mathscr C^{n+1}(I)$ und $x_0\in I$. Dann gibt es zu jedem $x\in I\setminus \lbrace x_0\rbrace$ ein $\xi$ zwischen $x_0$ und $x$ mit
$$
f(x)=\sum_{k=0}^n \frac{f^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k+\frac{f^{(n+1)}(\xi)}{(n+1)!}(x-x_0)^{n+1}.
$$
Das Lagrange-Restglied ist einfach der nächste Term in der Taylor-Entwicklung, aber ausgewertet an einer unbekannten Zwischenstelle $\xi$. Mit diesen Resultaten gerüstet kann man nun relativ einfach qualitative Überlegungen anstellen, die oft schon ausreichen. Meist ist man gar nicht daran interessiert den Fehler möglichst genau zu quantifizieren, sondern man ist vor allem daran interessiert, wie schnell er verschwindet, wenn man sich dem Entwicklungspunkt annähert. Da hat man nun
Satz. (Qualitative Taylorformel)
Es sei $I\subseteq \mathbb R$ ein offenes Intervall, $n\in \mathbb N$, $f\in \mathscr C^{n+1}(I)$ und $x_0\in I$. Dann gilt für das Restglied
$$
R_{n,x_0}(x):=f(x)-\sum_{k=0}^n \frac{f^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k,
$$
dass
$$
R_{n,x_0}(x)=o((x-x_0)^n) \quad (x\to x_0).
$$
Das bedeutet also, dass der Fehler der Approximation durch das Taylorpolynom der Ordnung $n$ für $x\to x_0$ schneller gegen $0$ konvergiert, als $x^n$ für $x\to 0$ gegen $0$ konvergiert.
LG Nico\(\endgroup\)
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