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Autor |
Hardy-Weinberg-Gleichgewicht |
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WagW
Aktiv  Dabei seit: 15.02.2018 Mitteilungen: 476
 | Themenstart: 2022-07-14
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Hallo zusammen,
wir haben bei uns im Kontext von bedingten WSKs eine etwas seltsame Aufgabe:
"Die Genotypen $AA$ und $aa$ heißen homozygot (reinerbig), der
Genotyp $Aa$ heißt heterozygot (mischerbig). Zeigen Sie: Eine Population mit den Genotypen-Häufigkeiten $r_{AA}$, $r_{Aa}$ und $r_{aa}$ befindet sich genau dann im Hardy Weinberg-Gleichgewicht, wenn $r_{Aa}^2=4r_{AA} r_{aa}$ gilt."
(In einem Abschnitt vorher wird gesagt, dass ein Gen, also $A$ oder $a$ mit WSK $0.5$ vererbt wird und dass die Genotypen der Partner unabhängig sind, also $p(AA\mid Aa)= p(AA)$. Ich denke, dass man das bei der Lösung beachten muss.)
Mein Ansatz wäre nun:
Wir wissen, dass wenn sich die Population im GG befindet, die Häufigkeiten stabil bleiben und zwar in Abhängigkeit von den Häufigkeiten der allerersten Generation. Seien $u$, $2v$ und $w$ die Häufigkeiten der Genotypen $AA$, $Aa$ und $aa$ der allerersten Generation.
Wir nehmen nun an wir befinden uns im GG, dann gelten bekannterweise $r_{AA}=(u+v)^2$, $r_{Aa}=2(u+v)(v+w)$ und $r_{aa}=(v+w)^2$. Nachrechnen zeigt uns sofort, dass $r_{Aa}^2=4r_{AA} r_{aa}$ gilt. Im Prinzip gab es hier also fast nichts zu zeigen...
Andersherum nehmen wir nun an es gelte $r_{Aa}^2=4r_{AA} r_{aa}$.
Ich muss jetzt irgendwie zeigen, dass, wenn die aktuelle Generation mit den Häufigkeiten $r_{AA}$, $r_{Aa}$ und $r_{aa}$, Kinder kriegt, diese Nachkommen-Generation auch wieder die Häufigkeiten $r_{AA}$, $r_{Aa}$ und $r_{aa}$ aufweist. Aber hier komme ich jetzt nicht weiter. Kann es sein, dass man noch weitere Annahmen benötigt, die der Prof vergessen hat? Ich muss ja bedingte WSKs kennen; nach dem Motto "Wenn die Eltern bspw. $AA$ und $Aa$ sind, dann hat das Kind $AA$ mit einer WSK von $p(AA\mid AA,Aa)$" usw...
Naja ziemlich undurchsichtig diese Aufgabe... vielleicht habt ihr eine Idee
viele Grüße
WagW
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cramilu
Aktiv  Dabei seit: 09.06.2019 Mitteilungen: 2260
Wohnort: Schwäbischer Wald, seit 1989 freiwilliges Exil in Bierfranken
 | Beitrag No.1, eingetragen 2022-07-14
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Guten Abend, WagW.
Hast Du dazu den einschlägigen WIKIPEDIA-Artikel gelesen?
Darin wird es zumindest so beschrieben, wie ich es kenne:
Man beginne mit der rezessiven Homozygotie, also \(r_{aa}\) ,
und berechne zunächst \(r_a\) ...
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WagW
Aktiv  Dabei seit: 15.02.2018 Mitteilungen: 476
 | Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2022-07-15
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Hallo cramilu,
Ja habe ich.
Da steht aber nichts dazu wie die bedingten WSKs $P(AA\mid AA,Aa)$ ermittelt werden und auch nicht warum man die WSK $P(AA)$ einfach durch $P(A)P(A)$ ermitteln darf. Das würde ja voraussetzen, dass die beiden Allele unabhängig voneinander auftreten- dies wird aber an keiner Stelle erwähnt...
viele Grüße
WagW
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Kitaktus
Senior  Dabei seit: 11.09.2008 Mitteilungen: 7146
Wohnort: Niedersachsen
 | Beitrag No.3, eingetragen 2022-07-20
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Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Kind AA hat, ergibt sich aus dem Produkt der Wahrscheinlichkeiten dafür, dass es vom Elternteil 1 "A" erbt und der Wahrscheinlichkeiten dafür, dass es vom Elternteil 2 "A" erbt.
In der Aufgabe ist das nicht speziell erwähnt, aber die Aufgabe ist wohl so gemeint, dass es keine geschlechtsspezifische Unterschiede in der Vererbung von A und a gibt (es geht also nicht um Gene, die auf dem X- oder Y-Chromosomen sitzen).
Dafür brauche man eigentlich keine bedingten Wahrscheinlichkeiten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind vom Elternteil 1 ein A erbt ist gerade die relative Häufigkeit von A in Elternpopulation(*).
Es erscheint mir Wahrscheinlich, dass das genau die Überlegung von Hardy widerspiegelt.
Weinberg ist dagegen den "langen" Weg über die bedingten Wahrscheinlichkeiten gegangen, kommt aber (wenig überraschend) zu den gleichen Resultaten.
(*) Hier wirkt die Annahme, dass das Vorhandensein von A oder a nicht die Fortpflanzungswahrscheinlichkeit beeinflusst ("kein Evolutionsdruck").
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WagW
Aktiv  Dabei seit: 15.02.2018 Mitteilungen: 476
 | Beitrag No.4, vom Themenstarter, eingetragen 2022-07-20
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Hallo Kitaktus,
selbst wenn man die WSK, dass ein Kind $AA$ hat, sowie Du vorgeschlagen hast, ermitteln möchte, also
$P($ Kind hat AA$)=P$(Kind erbt A von Elternteil 1)$\cdot P$(Kind erbt A von Elternteil 2),
muss man ja auch hier wieder annehmen, dass die beiden Ereignisse unabhängig sind. Genauer
$P$(Kind erbt A von Elternteil 2 $\mid$ Kind hat bereits A)= $P$(Kind erbt A von Elternteil 1) $\cdot P$(Kind erbt A von Elternteil 2)
Ich glaube, dass das einfach vergessen wurde. Im Englischen WIKI Artikel steht, anders als im deutschen, dass tatsächlich
$P($ Kind hat AA$)=P$(Kind erbt A von Elternteil 1)$\cdot P$(Kind erbt A von Elternteil 2)
angenommen wird.
viele Grüße
WagW
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Kitaktus
Senior  Dabei seit: 11.09.2008 Mitteilungen: 7146
Wohnort: Niedersachsen
 | Beitrag No.5, eingetragen 2022-07-20
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Ok, so gesehen hast Du recht.
Allerdings halte ich diese Annahme im Sachzusammenhang für selbstverständlich. Beim Menschen besitzen die Gameten (Spermium und Eizelle) einen haploides (d.h. einfachen) Chromosomen-Satz. Die "Entscheidung", ob der Gamet ein "A" oder ein "a" enthält, ist also lange vor der Vereinigung von Spermium und Ei gefallen. Eine wechselseitige Beeinflussung kann man dabei ausschließen.
Man sollte sich bewusst sein, dass das Gleichgewichtsmodell auf einigen idealisierenden Annahmen beruht. Die größte Vereinfachung ist die Annahme, dass alle Genotypen den gleichen Reproduktionserfolg haben. Das bedeutet praktisch die Abwesenheit von Evolution.
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cramilu
Aktiv  Dabei seit: 09.06.2019 Mitteilungen: 2260
Wohnort: Schwäbischer Wald, seit 1989 freiwilliges Exil in Bierfranken
 | Beitrag No.6, eingetragen 2022-07-20
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Entwarnung vorab:
WagW, mit dem englischsprachigen WIKIPEDIA-Artikel
»Hardy–Weinberg principle« hast Du genau den richtigen
Griff getan; Deine Annahmen zu den bedingten Wahrschein-
lichkeiten sind korrekt, weil sie sich aus den idealisierten
Voraussetzungen für Hardy-Weinberg ergeben (siehe dort
"Deviations from Hardy–Weinberg equilibrium") !
Leider ist da der deutschsprachige WIKIPEDIA-Artikel zum
»Hardy-Weinberg-Gleichgewicht« unter "Kennzeichen einer
idealen Population" weniger 'geradeaus' gehalten; lediglich
über den Verweis auf »Panmixie« kann man halberhellend
weiterstöbern.
In meiner PM an Dich hatte ich ja schon Zurückhaltung geübt.
Mittlerweile bin ich selber bei der Bruthitze mehrmals grandios
gescheitert, das Ganze mittels eines vollständigen Kreuzungs-
protokolles darzulegen. Gelernt habe ich das mal im Rahmen
meines Studiennebenfaches Biologie/Molekulargenetik, aber
für eine Wiederanwendung auf die Schnelle liegt es wohl doch
zu lange zurück. Herauskommen sollte dabei grundlegend das,
was im deutschsprachigen WIKI unter "Der Beitrag Wilhelm
Weinbergs" aufgeführt wird.
Kitaktus, Dein Hinweis auf die idealisierenden Annahmen
ist wesentlich. Unser Tutor meinte seinerzeit sinngemäß,
für die Anwendung von Hardy-Weinberg müsse man alles
ausblenden, was Evolution spannend mache.
Die Voraussetzungen, also die Vorstellung von einer idealen
Populationsdynamik für Hardy-Weinberg, lassen sich erweitert
wie folgt aufdröseln:
1. Reproduktion SEXUELL, also mindestens zwei Individuen
2. Chromosomensatz DIPLOID, also jedes Chromosom und
damit auch jedes Gen DOPPELT vorhanden
3. Population UNENDLICH GROSS
4. KEINE Zuwanderung von außen (Migration)
5. Reproduktion nur GENERATIONSINTERN
6. Panmixie = random mating, also bei der Partnerwahl keinerlei
Selektion außer derjenigen für ein anderes Geschlecht (ob dann
Geschwister als Partner erlaubt sind, ist eine weitere Frage)
7. KEINE Mutation
8. Allelhäufigkeiten GESCHLECHTERUNABHÄNGIG
9. Allelvererbungsrate GESCHLECHTERUNABHÄNGIG
10. KEINERLEI indirekte Selektion, was die Lage der Gene auf
den Chromosomen oder relativ zueinander anbelangt (sowie
sonstige 'Scherze')
Ob das insgesamt schon konkret genug ist, vermag ich nicht
mehr abschließend zu beurteilen, aber weder der deutsch-
noch der englischsprachige WIKIPEDIA-Artikel nennen alle
diese Punkte ausdrücklich oder aufgetrennt.
Klar sind mindestens zwei Dinge:
Da sexuelle Reproduktion Voraussetzung für Hardy-Weinberg ist,
kann man speziell beim 'Fifty-Fifty'-Gleichgewicht bei der xx-/Yx-
Geschlechterverteilung (zu anderen Systemen siehe »Gonosom«)
Hardy-Weinberg nicht heranziehen; "YY" jibbed prakt'sch nisch!
Selbst bei modellhaftem Ansatz à la Hardy-Weinberg werden die
Verteilungen lediglich über wenige Generationen jeweils mehr oder
weniger 'gut' um die theoretisch ermittelten Werte herumschwanken.
Das alles in der ursprünglichen Aufgabenformulierung mit zu
erläutern, konnte man kaum erwarten; allerdings wären da
gezieltere konkrete Hinweise wünschenswert gewesen.
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WagW hat die Antworten auf ihre/seine Frage gesehen. WagW hat selbst das Ok-Häkchen gesetzt. |
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