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Analysis » Differentialgeometrie » Definition Christoffelsymbole ergibt nur bei Torsionsfreiheit Sinn?
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Universität/Hochschule Definition Christoffelsymbole ergibt nur bei Torsionsfreiheit Sinn?
TobiasKorn1992
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  Themenstart: 2022-11-03

Hallo Community, nach einiger Beschäftigung mit Differentialgeometrie und Mannigfaltigkeiten bin ich zu der Schlussfolgerung gelangt, dass es nur dann sinnvoll ist Christoffel-Symbole zu definieren, wenn die gewählte Verbindung torsionsfrei ist. Das würde aber der allgemeinen Definition der Christoffel-Symbole zu wider laufen, welche für beliebige Verbindungen gilt. Ich möchte im Folgenden schrittweise darlegen, wie ich zu obiger Schlussfolgerung gelangt bin und möchte darum bitten, meine Denkfehler aufzuzeigen. 1.) Wann es sinnvoll ist Christoffel-Symbole zu definieren ---------------------------------------------------------- Wir betrachten die Kovarinate Ableitung eines Vektors v in Richtung w (mit Einstein'scher Summenschreibweise): \Nabla_(w^>) v^> = \Nabla_((w^i*(e_i)^>)) v^j*(e_j)^> = w^i*\Nabla_(e_i)^> v^j*(e_j)^> = w^i*(((\Nabla_(e_i)^>) v^j)*(e_j)^> + v^j*(\Nabla_(e_i)^>)(e_j^>)) = w^i*(dv^j/dc_i*(e_j)^> + v^j*\Gamma^k_ij*(e_k^>) = w^i*(dv^k/dc_i + v^j*\Gamma^k_ij)*(e_k)^> Mit anderen Worten: nur wenn die Kovariante Ableitung in v und w linear ist, kann man diese Zerlegung in Basisvektoren vornehmen. Und auch nur dann macht es Sinn, Christoffel-Symbole einzuführen, um die Kovariante Ableitung eines Basisvektors in Basisvektoren zu zerlegen. 2.) Linearität von w hängt von Torsion ab ----------------------------------------- Damit die für obige Zerlegung benötigte Linearität in w \Nabla_((w^>)+x^>) v^> = \Nabla_(w^>) v^> + \Nabla_(x^>) v^> gilt, muss der Paralleltransport P (bzw. P^-1 Rückwärtstransport) bestimmte Bedingungen aufweisen, denn die Kovariante Ableitung ist über den Paralleltransport definiert: \Nabla_(w^>) v^> = lim(h->0,(P_((w^>))^(-1)((v^>)(R^>+h*(w^>)))-(v^>)(R^>))/h) im Gegensatz zur normalen Richtungsableitung D_(w^>) v^> = lim(h->0,((v^>)(R^>+h*(w^>))-(v^>)(R^>))/h) Wenn man sich darauf einigt, dass der Paralleltransport die Längen der Vektoren nicht verändert, und die Winkel der Vektoren untereinander gleichbleiben, dann spricht man von metrischer Kompatibilität, welche Linearität in v gewährleistet. https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/55928_Metrische_Kompatibilit_t.png Unter Berücksichtigung metrische Kompatibilität hat der Paralleltransport nur noch einen Freiheitsgrad: nämlich die Torsion, welches sich durch ein Verkippen aller transportierten Vektoren entlang eines Pfades äußert. Zunächst einmal die Situation für die Richtungsableitung, welche offensichtlich linear im unteren Index ist: https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/55928_Richtungsableitung.png Aus der Skizze geht auch hervor, dass jeder Vektor in einer kleinen Umgebung (in der Tangentialebene bei Mannigfaltigkeiten) durch: (v^>)(R^>+h*(w^>)) = (v^>)(R^>)+h*D_(w^>) v^> genähert werden kann. Wendet man darauf den Paralleltransport an, erhält man für jeden der drei Vektoren eine Gleichung: https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/55928_Torsion.png Der Paralleltransport des ersten Teilvektors lässt sich leicht bewerkstelligen. Zudem nehmen wir kleine Verkippwinkel alpha, beta, gamma an, so dass sin(x) = x und cos(x) = 1 gilt. https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/55928_Gleichung1.png Analoges für die zwei anderen Teilvektoren gemacht und v(R) auf die andere Seite gebracht. Dies ergibt einen Ausdruck den wir mit der Kovarianten Ableitung in Verbindung setzen können. https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/55928_Gleichung2.png Damit die besagte Linearität \Nabla_((x^>)+y^>) v^> = \Nabla_(x^>) v^> + \Nabla_(y^>) v^> gewährleistet ist, muss sowohl \gamma = \alpha + \beta gelten. Damit das Dreieck aus den Gradienten durch den Transport nicht zerreißt (d.h. noch schließt und die Winkelsumme im Inneren 180° ist), muss aber \gamma = \alpha = \beta sein. Und die einzige Möglichkeit beide Gleichungen zu erfüllen ist \gamma = \alpha = \beta = 0 Das heißt die Verbindung müsste Torsionsfrei sein. Und dies würde bedeuten, dass Christoffel-Symbole nur für die Levi-Civita-Verbindung Sinn ergeben. ---------------------------------------- Ich weiß das ist eine lange Erklärung, aber vielleicht findet ihr es ja auch interessant darüber nachzudenken. Viele Grüße Tobias


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nzimme10
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  Beitrag No.1, eingetragen 2022-11-03

\(\begingroup\)\(\renewcommand{\i}{\mathrm{i}} \renewcommand{\Re}{\operatorname{Re}} \renewcommand{\Im}{\operatorname{Im}} \newcommand{\e}{\mathrm{e}} \renewcommand{\d}{\mathrm{d}} \renewcommand{\dd}{\ \mathrm d} \newcommand{\ddz}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}z}} \newcommand{\ddw}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}w}} \newcommand{\ddt}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}} \newcommand{\opn}{\operatorname}\) Hallo, ich sehe da kein Problem. Sei $M$ eine $n$-dimensionale glatte Mannigfaltigkeit mit einer kovarianten Ableitung $\nabla$ und $(U,x^1,\dots,x^n)$ eine Karte von $M$. Dann ist $\left(\left(\frac{\partial}{\partial x^1}\right)_p,\dots,\left(\frac{\partial}{\partial x^n}\right)_p\right)$ für jedes $p\in U$ eine Basis von $T_pM$. (Lässt man $p$ variieren, dann erhält man somit einen lokalen Rahmen $(\partial_1,\dots,\partial_n)$ für das Tangentialbündel $TM$ von $M$). In diesem Fall ist $\nabla$ eine Abbildung $\nabla\colon \Gamma(TM)\times \Gamma(TM)\to \Gamma(TM)$ (*). Somit ist $\nabla_{\partial_i}\partial_j\in \Gamma(TM)$ ein (lokales) Vektorfeld und kann daher auch durch die $\partial_k$ ausgedrückt werden. Das führt zu der üblichen Setzung $$ \nabla_{\partial_i}\partial_j=\Gamma^k_{ij} \partial_k, $$ wobei die Christoffel-Symbole natürlich als Abbildungen $\Gamma^k_{ij}\colon U\to \mathbb R$ zu verstehen sind. Die Torsion (also der Torsionstensor) kann dann umgekehrt mit Hilfe der Christoffel-Symbole definiert werden: Für Vektorfelder $X,Y\in \Gamma(TM)$ setzt man $$ T(X,Y):=\nabla_X Y-\nabla_YX-[X,Y]. $$ $X=\partial_i$ und $Y=\partial_j$ liefert dann $T\equiv 0$ genau dann, wenn $\Gamma^k_{ij}\equiv \Gamma^k_{ji}$. Torsionsfreiheit ist daher äquivalent zur Symmetrie der Christoffel-Symbole in den unteren beiden Indizes. LG Nico (*) Man beachte auch die Forderungen an $\nabla_X Y$. Man fordert $C^\infty(M)$-Linearität in $X$ und $\mathbb R$-Linearität in $Y$.\(\endgroup\)


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TobiasKorn1992
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  Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2022-11-03

Hallo Nico, danke für deine Antwort. Ich sehe ein, dass man Christoffel-Symbole unabhängig von der Verbindung immer als \Nabla_(\delta_i) \delta_j = \Gamma^k_ij*\delta_k schreiben kann. Aber es wäre eben nicht immer sinnvoll, weil man die Zerlegung \Nabla_(w^>) v^> = w^i*(dv^k/dc_i + v^j*\Gamma^k_ij)*(e_k)^> nur vornehmen kann, wenn die Verbindung torsionsfrei ist, und somit Linearitätseigenschaften in w gegeben sind. Sonst kann man nur Christoffel-Symbole definieren, jedoch nutzen sie nichts für ihre "eigentliche Aufgabe". Torsion, habe ich im obigen Beitrag anschaulich über Winkel darstellt, anstatt mit der Schreibweise über die Lie-Klammer und den Kovarianten Ableitungen. Diese Schreibweise müsste gleichwertig sein, weil es (nach meinem Verständnis) bei Torsion um das Verkippen der Vektoren durch den Paralleltransport geht. Ich würde mich auch darüber freuen, wenn jemand in Bezug zum vorher geschriebenen sagen könnte, an welcher Stelle ich eventuell einen Denkfehler gemacht habe.


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nzimme10
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  Beitrag No.3, eingetragen 2022-11-03

\(\begingroup\)\(\renewcommand{\i}{\mathrm{i}} \renewcommand{\Re}{\operatorname{Re}} \renewcommand{\Im}{\operatorname{Im}} \newcommand{\e}{\mathrm{e}} \renewcommand{\d}{\mathrm{d}} \renewcommand{\dd}{\ \mathrm d} \newcommand{\ddz}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}z}} \newcommand{\ddw}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}w}} \newcommand{\ddt}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}} \newcommand{\opn}{\operatorname}\) Hallo, ich bin mir nicht sicher, ob wir von dem gleichen Objekt $\nabla$ sprechen. Unabhängig von der konkreten Sprechweise ist doch $\nabla$ die Verbindung (der Zusammenhang / die kovariante Ableitung) in diesem Fall. Die Definition der Christoffel-Symbole bezieht sich direkt auf diese Verbindung $\nabla$ - sie kommt doch in der Definition sehr prominent vor. (Du behauptest gegenteilig, dass die Definition unabhängig von $\nabla$ wäre). Wenn nun $X=X^i\partial_i$ und $Y=Y^j\partial_j$ (lokale) Vektorfelder auf $M$ sind, dann haben wir \[ \begin{align*} \nabla_X Y &=\nabla_{X^i\partial_i}(Y^j\partial_j)=X^i\nabla_{\partial_i}(Y^j\partial_j) \\ &=X^i\left(Y^j\nabla_{\partial_i}(\partial_j)+\left(\nabla_{\partial_i}Y^j\right)\partial_j\right) \\ &=X^i\left(Y^j \Gamma^k_{ij}\partial_k +\frac{\partial Y^j}{\partial x^i}\partial_j\right) \\ &=X^i\left(Y^j \Gamma^k_{ij} +\frac{\partial Y^k}{\partial x^i}\right)\partial_k. \end{align*} \] Das ist doch genau die von dir gewünschte "Zerlegung", oder? Nirgends habe ich hier $\Gamma^k_{ij}=\Gamma^k_{ji}$ benutzt oder gebraucht, also auch keine Torsionsfreiheit. Ich gebe zu, dass ich deine Ausführungen im Themenstart nicht sehr genau durchdacht habe, aber eine Sache fällt mir auf. Du sprichst von Winkeln und Längen, d.h. du gehst von der Existenz einer Metrik $g$ auf der Mannigfaltigkeit $M$ aus und ich denke, dass du dann mit dem durch die Metrik $g$ und den Christoffel-Symbolen definierten Levi-Civita-Zusammenhang arbeitest (indem du bei deinem Paralleltransport mit der Metrik arbeitest). Dieser ist natürlich kompatibel mit der Metrik und torsionsfrei. Wenn du da Dinge miteinander vermischt, dann ist natürlich klar, dass du auf Torsionsfreiheit kommst. Ein Zusammenhang $\nabla$ benötigt keine Metrik (im Prinzip könnte man so etwas wesentlich allgemeiner auf der Ebene von $G$-Hauptfaserbündeln machen - im konkreten Fall auf dem $\mathrm{GL}(n,\mathbb R)$-Rahmenbündel von $M$). Die $C^\infty(M)$ bzw. $\mathbb R$-Linearität in den Argumenten von $\nabla$ sind auch bereits Forderungen, die man an jeden Zusammenhang stellt. Ich vermute also, dass durch diese Vermischung von Konzepten das "Problem" entstanden ist. LG Nico [Verschoben aus Forum 'Geometrie' in Forum 'Diff.topologie/-geometrie' von nzimme10]\(\endgroup\)


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Fabi
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  Beitrag No.4, eingetragen 2022-11-04

Hi, \quoteon(2022-11-03 20:14 - TobiasKorn1992 im Themenstart) anet/nuke/html/uploads/b/55928_Richtungsableitung.png Aus der Skizze geht auch hervor, dass jeder Vektor in einer kleinen Umgebung (in der Tangentialebene bei Mannigfaltigkeiten) durch: (v^>)(R^>+h*(w^>)) = (v^>)(R^>)+h*D_(w^>) v^> genähert werden kann. \quoteoff \quoteon(2022-11-03 20:14 - TobiasKorn1992 im


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TobiasKorn1992
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  Beitrag No.5, vom Themenstarter, eingetragen 2022-11-04

@Nico: wir reden beide vom gleichen Objekt \(\nabla\). Dass die Definition der Christoffel-Symbole "unabhängig" von der Verbindung ist, habe ich falsch formuliert. Natürlich hängt sie davon ab. Ich wollte damit sagen, dass man die Definition für alle Typen von Verbindungen aufrecht erhalten kann, egal ob sie torsionsbehaftet oder nicht sind. Aber den Schritt \(\nabla_{x^i\vec{e_i}}(y^i \vec{e_j})=x^i\nabla_{\vec{e_i}}(y^i \vec{e_j})\) kann man m.E. nur machen, wenn \(\alpha=\beta=\gamma=0\) gilt, also Torsionsfreiheit. Nur dann gilt: \(\nabla_{\vec{x}+\vec{y}}(\vec{v})=\nabla_{\vec{x}}(\vec{v})+\nabla_{\vec{y}}(\vec{v})\) bzw. in Langform mit der Definition der Kovarianten Ableitung: \(\lim \limits_{h \to 0}\frac{P^{-1}_{\vec{x}+\vec{y}}\vec{v}(\vec{R}+h\cdot(\vec{x}+\vec{y}))-\vec{v}(\vec{R})}{h} =\lim \limits_{h \to 0}\frac{P^{-1}_{\vec{x}}\vec{v}(\vec{R}+h\cdot\vec{x})-\vec{v}(\vec{R})}{h} +\lim \limits_{h \to 0}\frac{P^{-1}_{\vec{y}}\vec{v}(\vec{R}+h\cdot\vec{y})-\vec{v}(\vec{R})}{h} \) was ich anschaulich durch die Skizzen darstellen wollte. @Fabi: Mit den Näherungen müsste es sich wie bei linearen Funktionen verhalten. Eine lineare Funktion kann man in einem um einen fixen Punkt \(x_0\) ja auch durch die Ableitung nähern \(f(x_0+h)=f(x_0)+h\cdot f'(x_0)\). Die Näherungen ist im infinitesimalen Bereich exakt und kann daher auch als Gleichung verwendet werden. Erst wenn man diesen infinitesimalen Bereich verlässt, treten die Fehler der Näherungen auf. Danke für eure bisherigen Antworten. Weil ich schreibe ein Buch über Diffenzialgeometrie, indem ich es mir selbst logisch erkläre und hänge hier eben fest. LG


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nzimme10
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  Beitrag No.6, eingetragen 2022-11-04

Auf einer generischen glatten Mannigfaltigkeit kann man wie gesagt überhaupt nicht von Winkeln oder Längen sprechen - dazu braucht man zusätzliche Struktur z.B. in Form einer Metrik. Eine kovariante Ableitung kann durch eine Zusammenhangsform auf einem Hauptfaserbündel, zu dem das entsprechende Vektorbündel assoziiert ist, gewonnen werden. Von solch einer kovarianten Ableitung fordert man schon die Linearitätseigenschaften, die du auf die Torsionsfreiheit zurückführen willst. Torsion wird dann erst durch die kovariante Ableitung definiert (und eben nicht durch irgendeine Metrik). Schon alleine deshalb ergibt es gar keinen Sinn, dass man nur eine kovariante Ableitung bei Torsionsfreiheit haben kann. Wenn die Linearitätseigenschaften nicht gegeben sind, dann hatte man gar keine kovariante Ableitung und auch keine Auskunft über Torsion. Ich habe es noch nicht genau durchdacht, aber ich vermute wie gesagt, dass du irgendwo bei der Torsion oder beim Paralleltransport die Metrik (von deren Existenz nie was gesagt wurde) mit eingebaut hast und deshalb bei dir alles nur dann funktioniert, wenn man Torsionsfreiheit hat. Mehr kann ich dazu nicht sagen. LG Nico


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TobiasKorn1992
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  Beitrag No.7, vom Themenstarter, eingetragen 2022-11-06

Aber man kann doch jede Mannigfaltigkeit, sofern sie in einen euklidischen Raum eingebettet ist, lokal in die sogenannte Tangentialebene gerade biegen. Und innerhalb dieser Tangentialebene kann ich doch wieder wie gewohnt die Grundsätze der euklidischen Geometrie anwenden? Oder muss das auch erste definiert werden, dass diese innerhalb der Tangentialebene benutzen werden dürfen? (Stichwort: Metrik) Nach allem was ich bisher verstanden habe, ist zum der Levi-Civita-Zusammenhang dadurch definiert, dass ich die Mannigfaltigkeit (1) lokal gerade biege, (2) parallel transportiere wie in der euklidischen Geometrie und (3) die Mannigfaltigkeit wieder zurück in ihre Form wieder (siehe Bild). Die Definition beruht also auf dem Konzept, die euklidische Geometrie innerhalb der Tangentialebene anzuwenden. https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/55928_Levi-Civita.png Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig zu verstehen, was man überhaupt ausrechnen will und nicht im Vorfeld irgendwelche irgendwelche Eigenschaften zu definieren und festzulegen, die sich nachher vielleicht gar nicht in der Anwendung zutreffend erscheinen. Genauso finde ich es zum Beispiel viel einleuchtender Torsion als Verdrehung der Ausrichtung, durch den Paralleltransport zu beschreiben (zumindest in der Tangentialebene). Definitionen können m.E. später kommen, aber erstmal braucht man eine Idee wo man hin will und warum. Mit diesem Ansatz will ich gerne die bekannten Formeln herleiten und verifizieren.


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nzimme10
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  Beitrag No.8, eingetragen 2022-11-06

\(\begingroup\)\(\renewcommand{\i}{\mathrm{i}} \renewcommand{\Re}{\operatorname{Re}} \renewcommand{\Im}{\operatorname{Im}} \newcommand{\e}{\mathrm{e}} \renewcommand{\d}{\mathrm{d}} \renewcommand{\dd}{\ \mathrm d} \newcommand{\ddz}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}z}} \newcommand{\ddw}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}w}} \newcommand{\ddt}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}} \newcommand{\opn}{\operatorname}\) Hallo, es ist technisch gesehen ein ziemlicher Albtraum, das ganze tatsächlich auf diese Weise umzusetzen - wenn es auch geometrisch sehr anschaulich und intuitiv ist. Das Grundproblem ist ja das folgende: Wenn man eine $n$-dimensionale glatte Mannigfaltigkeit $M$ hat, dann hat man an jedem Punkt $p\in M$ einen $n$-dimensionalen $\mathbb R$-Vektorraum $T_pM$. Ist man an einem anderen Punkt $q\in M$, dann hat man dort einen von $T_pM$ ganz verschiedenen Vektorraum $T_qM$. Im Allgemeinen hat man auf Ebene der Mannigfaltigkeit keine kanonische Möglichkeit einen Vektor $v\in T_pM$ mit einem Vektor $w\in T_qM$ in Verbindung zu bringen, da beide Vektorräume verschieden sind und a priori nichts miteinander zu tun haben. Im gewöhnlichen euklidischen $\mathbb R^n$ hat man allerdings einen kanonischen Paralleltransport mit Hilfe dessen man $T_p\mathbb R^n$ mit $T_q\mathbb R^n$ identifizieren kann. Ist man nun aber nicht gerade im gewöhnlichen $\mathbb R^n$, sondern auf irgendeiner glatten Mannigfaltigkeit $M$, dann braucht man zusätzliche Struktur um solch einen Paralleltransport zu definieren. Hier hat man eine gewisse Wahlfreiheit und es gibt in der Regel keine "beste" Möglichkeit das zu definieren. In der eher klassischen Theorie verschafft man sich Abhilfe, indem man eine kovariante Ableitung (auch affiner Zusammenhang genannt) einführt. Hat man auf seiner Mannigfaltigkeit $M$ zusätzlich eine Riemannsche Metrik $g$, dann gibt es immer genau eine solche kovariante Ableitung, die mit der Metrik kompatibel und torsionsfrei ist. Du scheinst mit eingebetteten Mannigfaltigkeiten zu arbeiten und damit auch mit der induzierten Riemannschen Metrik, die vom umgebenden $\mathbb R^n$ kommt. Das musst du schon dazu sagen! Eine generische Mannigfaltigkeit hat solch eine Struktur nicht. An dieser Stelle solltest du nun auch sehr viel genauer sein und ganz genau sagen, wie denn dein Paralleltransport definiert ist. Je nachdem, wie er definiert ist, kann natürlich sein, dass er so definiert ist, dass nur der Levi-Civita-Zusammenhang dabei rauskommen kann (weil du implizit mit einer Riemannschen Metrik arbeitest) - dann ist die Torsionsfreiheit auch kein Wunder mehr. Der Levi-Civita-Zusammenhang ist gerade die eindeutige kovariante Ableitung, die mit der Metrik kompatibel und torsionsfrei ist. LG Nico\(\endgroup\)


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PhysikRabe
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  Beitrag No.9, eingetragen 2022-11-06

\quoteon(2022-11-06 17:59 - TobiasKorn1992 in Beitrag No. 7) Definitionen können m.E. später kommen, aber erstmal braucht man eine Idee wo man hin will und warum. Mit diesem Ansatz will ich gerne die bekannten Formeln herleiten und verifizieren. \quoteoff Bei aller Anschaulichkeit muss man dennoch klar stellen, von welchen mathematischen Objekten eigentlich die Rede ist. \quoteon(2022-11-06 18:17 - nzimme10 in Beitrag No. 8) Du scheinst mit eingebetteten Mannigfaltigkeiten zu arbeiten und damit auch mit der induzierten Riemannschen Metrik, die vom umgebenden $\mathbb R^n$ kommt. Das musst du schon dazu sagen! Eine generische Mannigfaltigkeit hat solch eine Struktur nicht. \quoteoff Das ist ein wichtiger Punkt. Eine glatte Mannigfaltigkeit $M$ hat keine Metrik. Aber: Für jede glatte Mannigfaltigkeit (unter der Voraussetzung von Parakompaktheit und der Hausdorff-Eigenschaft) $M$ gibt es eine Riemannsche Mannigfaltigkeit $(M,g)$, deren zugrundeliegende Mannigfaltigkeit $M$ ist. Für eine explizite Konstruktion von $g$ zieht man einfach die euklidische Metrik in den Kartenbildern eines Atlas entlang der Kartendiffeomorphismen auf $M$ zurück, und "verklebt" diese lokalen Metriktensoren mit einer Partition der Eins. Generell ist der Metriktensor $g$ jedoch nicht eindeutig. Man muss also spezifizieren, welche Riemannsche Metrik man betrachtet; davon hängen alle darauf aufbauenden Konstruktionen ab. Grüße, PhysikRabe


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TobiasKorn1992
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  Beitrag No.10, vom Themenstarter, eingetragen 2022-11-06

Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du mir dass eine Fehlerquelle darin liegt, mit einer Einbettung zu arbeiten, die von außen eine Metrik für die Mannigfaltigkeit induziert. Habe ich diese nicht, habe ich i.A. keine Möglichkeit Winkel oder Längen innerhalb der Mannigfaltigkeit zu messen. Ich denke es ist am sinnvollsten, die Kovariante Ableitung als Verallgemeinerung der Richtungsableitung zu definieren. \Nabla_(w^>) v^> = lim(h->0,(P_((w^>))^(-1)((v^>)(R^>+h*(w^>)))-(v^>)(R^>))/h) Der Paralleltransport P^-1 transportiert den Vektor aus dem benachbarten Tangentialraum TP_ende nach TP_start. Der Paralleltransport muss die Eigenschaft erfüllen, dass zwei Paralleltransporte hintereinander, angewendet auf zwei aneinanderschließenden Kurven λ1 und λ2 das gleiche Ergebnis liefert, als wenn er auf die Gesamtkurve λ (= Verkettung von λ1 und λ2) angewendet wird. Ansonsten kann der Paralleltransport beliebig gestaltet werden. https://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/uploads/b/55928_Paralleltransport.png Nun ist es aber sinnvoll den Paralleltransport durch bestimmte Eigenschaften weiter einzuschränken. - Die Länge transportierter Vektoren soll erhalten bleiben \(|P_{\lambda}(\vec{v})|=|\vec{v}|\) - Der Winkel zwischen zwei transportierten Vektoren soll erhalten bleiben. Wenn Längen und Winkel erhalten bleiben, dann auch das Skalarprodukt: \(|P_{\lambda}(\vec{v}\cdot\vec{w})|=|\vec{v}\cdot\vec{w}|\) Meines Verständnisses werden beide Eigenschaften zusammen, werden Metrische Kompatibilität genannt. Dadurch wird der Paralleltransport linear und Additions- und Multiplikationsregeln gelten. \(P_{\lambda}(\vec{v}+\vec{w})=P_{\lambda}(\vec{v})+P_{\lambda}(\vec{w})\) \(P_{\lambda}(\vec{v}\cdot\vec{w})=P_{\lambda}(\vec{v})\cdot P_{\lambda}(\vec{w})\) und letztendlich wird dadurch auch die Kovariante Ableitung (wenn so definiert wie oben) linear im ersten Index v und die Produktregel gilt beim Ableiten. Durch diese Einschränkungen, kann nur noch eine einzige Sache beim Paralleltransport passieren: nämlich können sich alle Vektoren um einen beliebigen Winkel verdrehen (was meiner Meinung nach die Torsion sein muss). Meine Frage: auch wenn ich mit einer Einbettung arbeite, um die Ergebnisse optisch mit Bilder darstellen zu können, brauche ich sie doch nicht zur Definition der Kovarianten Ableitung und des Paralleltransportes. Somit gilt all dies letztendlich für eine generische Mannigfaltigkeit, oder? [Die Antwort wurde nach Beitrag No.8 begonnen.]


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PhysikRabe
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  Beitrag No.11, eingetragen 2022-11-06

\quoteon(2022-11-06 19:02 - TobiasKorn1992 in Beitrag No. 10) Meine Frage: auch wenn ich mit einer Einbettung arbeite, um die Ergebnisse optisch mit Bilder darstellen zu können, brauche ich sie doch nicht zur Definition der Kovarianten Ableitung und des Paralleltransportes. Somit gilt all dies letztendlich für eine generische Mannigfaltigkeit, oder? \quoteoff Falls du mit "gilt all dies" meinst, dass man diese Begriffe einführen kann, ohne die Existenz eines Metriktensors vorauszusetzen, dann lautet die Antwort Ja, wie dir nzimme10 das bereits erklärt hat. So wie du den Paralleltransport jedoch einführst -- mit Längen, Winkeln, etc. -- setzt du implizit die Wahl einer bestimmten Metrik voraus. Wie das von den allgemeinen Definitionen, wie sie nzimme10 skizziert hat, unter Einbeziehung eines Metriktensors abzuleiten wäre, wird typischerweise in Lehrbüchern erklärt. Grüße, PhysikRabe


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nzimme10
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  Beitrag No.12, eingetragen 2022-11-06

\(\begingroup\)\(\renewcommand{\i}{\mathrm{i}} \renewcommand{\Re}{\operatorname{Re}} \renewcommand{\Im}{\operatorname{Im}} \newcommand{\e}{\mathrm{e}} \renewcommand{\d}{\mathrm{d}} \renewcommand{\dd}{\ \mathrm d} \newcommand{\ddz}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}z}} \newcommand{\ddw}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}w}} \newcommand{\ddt}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}} \newcommand{\opn}{\operatorname}\) Ich möchte auch nochmal allgemein darauf antworten. Eine allgemeine glatte Mannigfaltigkeit ist ein Objekt $(M,\mathcal T,\mathcal A)$ bestehend aus einer Menge $M$ einer Topologie $\mathcal T$ auf $M$ und einer glatten Struktur $\mathcal A$ (a.k.a. ein maximaler glatter Atlas). Mit diesen Informationen kann man die Tangentialräume "basteln" und allerlei Dinge auf Mannigfaltigkeiten anstellen. Mit diesen Informationen alleine kann man aber keine Tangentialräume miteinander verbinden. Um einen Paralleltransport zu erhalten muss weitere Struktur hinzugefügt werden. Da gibt es nun technisch viele Möglichkeiten und man hat Wahlen zu treffen. Das kann man ohne einen metrischen Tensor $g$ machen. Das kann man aber, nach Wahl einer Metrik $g$, auch mit Hilfe der Metrik machen. Der Punkt ist: Man muss weitere Struktur hinzufügen und alle Konstruktionen hängen dann, wie PhysikRabe schon gesagt hat, von den gewählten Strukturen ab. Es ist dann eben auch so, dass es in der Regel nicht einen einzigen ausgezeichneten Weg gibt, sondern dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Als Literatur dazu kann ich dir das Buch "Visual Differential Geometry and Forms" von Tristan Needham sehr empfehlen - das dürfte mit seinen vielen hochwertigen Grafiken und Illustrationen nach deinem Geschmack sein. Ein etwas fortgeschritteneres Buch wäre z.B. auch "Differential Geometry - Connections, Curvature and Characteristic Classes" von Loring Tu. LG Nico\(\endgroup\)


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TobiasKorn1992
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  Beitrag No.13, vom Themenstarter, eingetragen 2022-11-07

Zuerst mal Danke an nzimme10 und PhysikRabe für eure Antworten. Da muss ich zugeben, dass ich nicht explizit genug war, bei meinen Angaben zur Mannigfaltigkeit. Angenommen ich habe statt einer generischen Mannigfaltigkeit M, eine Riemann'sche Mannigfaltigkeit (M,g) mit Metrik. Dann kann ich meine Längen und Winkel jeweils über die Metrik ausdrücken (siehe auch Wikipedia: metrischer Tensor). Habe ich dann alle Strukturen, um auf der Mannigfaltigkeit Torsion, Paralleltransport und Kovariante Ableitung zu definieren, oder fehlt noch etwas anderes? Falls dies nicht der Fall sein sollte: Würdet ihr mir in diesem Fall Recht geben, dass auf einer Riemann'schen Mannigfaltigkeit Torsionsfreiheit (und auch metrische Kompatibilität) gelten muss, damit die Kovariante Ableitung Linearität in der Richtungskomponente aufweist? Oder habe ich noch was anderes übersehen?


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PhysikRabe
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  Beitrag No.14, eingetragen 2022-11-07

\quoteon(2022-11-07 20:31 - TobiasKorn1992 in Beitrag No. 13) Angenommen ich habe statt einer generischen Mannigfaltigkeit M, eine Riemann'sche Mannigfaltigkeit (M,g) mit Metrik. [...] Habe ich dann alle Strukturen, um auf der Mannigfaltigkeit Torsion, Paralleltransport und Kovariante Ableitung zu definieren, oder fehlt noch etwas anderes? \quoteoff Das genügt natürlich. Man betrachte den Levi-Civita-Zusammenhang, der auf jeder (semi-)Riemannschen Mannigfaltigkeit eindeutig über die Koszul-Formel durch die Metrik bestimmt wird. Dieser Zusammenhang existiert daher in diesem Fall immer, und damit lassen sich z.B. Torsion und Paralleltransport definieren. Falls es einen anderen Zusammenhang (kovariante Ableitung) gibt, dann lassen sich die von dir genannten Begriffe auch damit definieren; sie hängen explizit vom jeweiligen Zusammenhang ab. Deswegen ist es ja wichtig, diese Daten anzugeben, ehe man damit arbeitet. Das wurde bereits in früheren Beiträgen dieses Threads betont. \quoteon(2022-11-07 20:31 - TobiasKorn1992 in Beitrag No. 13) Würdet ihr mir in diesem Fall Recht geben, dass auf einer Riemann'schen Mannigfaltigkeit Torsionsfreiheit (und auch metrische Kompatibilität) gelten muss, damit die Kovariante Ableitung Linearität in der Richtungskomponente aufweist? \quoteoff Falls ich deine Frage richtig verstehe, dann ist das zu verneinen. Die $C^\infty(M)$-Linearität von $\Gamma(TM)\to\Gamma(TM)$, $X\mapsto \nabla_X Y$ für jedes fixe $Y\in\Gamma(TM)$ ist eine generelle Eigenschaft von Zusammenhängen $\nabla$, und zwar bereits auf glatten Mannigfaltigkeiten ohne die Annahme der Existenz einer Metrik (siehe hier). Auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit existiert der Levi-Civita-Zusammenhang. Das ist der eindeutige Zusammenhang, der sowohl torsionsfrei als auch metrisch ist. Aber natürlich kann es i.A. auch andere Zusammenhänge geben, und diese sind entweder nicht torsionsfrei, oder nicht metrisch, oder beides. Jeder Zusammenhang ist aber -- per Definition -- $C^\infty(M)$-linear im ersten Slot. All das ist von den allgemeinen Definitionen abzulesen. Ich schlage daher vor, dass du dich damit wirklich vertraut machst. Auf lange Sicht wirst du deine grundlegenden Verständnisprobleme sonst nicht beseitigen können. Grüße, PhysikRabe


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nzimme10
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  Beitrag No.15, eingetragen 2022-11-07

\(\begingroup\)\(\renewcommand{\i}{\mathrm{i}} \renewcommand{\Re}{\operatorname{Re}} \renewcommand{\Im}{\operatorname{Im}} \newcommand{\e}{\mathrm{e}} \renewcommand{\d}{\mathrm{d}} \renewcommand{\dd}{\ \mathrm d} \newcommand{\ddz}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}z}} \newcommand{\ddw}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}w}} \newcommand{\ddt}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}} \newcommand{\opn}{\operatorname}\) Hallo, auf jeder glatten Mannigfaltigkeit $M$ hat man zunächst die Möglichkeit, die Richtungsableitung einer glatten Funktion $f\colon M\to \mathbb R$ entlang eines Vektors $X_p\in T_pM$ zu definieren (mit den "richtigen" Definitionen ist das einfach $X_p(f)$, da die Tangentialvektoren selbst lineare Abbildungen (sogar Derivationen) $X_p\colon C^\infty(M)\to \mathbb R$ sind). Dann kann man auch immer $\nabla_{X_p}f:=X_p(f)$ setzen und hat eine kovariante Ableitung für Funktionen entlang Vektoren definiert. Hier hört es dann aber auch auf. Ein typischer Ansatz ist nun, dass man sich die Eigenschaften der Richtungsableitung auf $\mathbb R^n$ ansieht und definiert: Definition. Eine kovariante Ableitung (ein affiner Zusammenhang) auf einer glatten Mannigfaltigkeit $M$ ist eine $\mathbb R$-bilineare Abbildung $$ \nabla\colon \Gamma(TM)\times \Gamma(TM)\to \Gamma(TM), \quad (X,Y)\mapsto \nabla_X Y $$ mit den folgenden Eigenschaften: $\bullet$ $\nabla_X Y$ ist $C^\infty(M)$-linear in $X$, $\bullet$ Es gilt die Leibnizregel: Für $f\in C^\infty(M)$ gilt $\nabla_X(fY)=(X(f))Y+f\nabla_XY$. Basierend darauf definiert man für Vektorfelder $X,Y\in \Gamma(TM)$ $\bullet$ Die Torsion (von/bzgl. $\nabla$) $T(X,Y):=\nabla_XY-\nabla_YX-[X,Y]\in \Gamma(TM)$, $\bullet$ Die Krümmung (von/bzgl. $\nabla$) $R(X,Y):=[\nabla_X,\nabla_Y]-\nabla_{[X,Y]}\in \opn{End}(\Gamma(TM))$. Wenn man so eine Abbildung $\nabla$ findet, dann hat man einen Zusammenhang und könnte damit auch einen Paralleltransport definieren. Hat man nun zusätzlich eine Riemannsche Metrik $g$ auf $M$, dann gibt es genau einen affinen Zusammenhang $\nabla$ auf $(M,g)$, welcher die folgenden Bedingungen erfüllt: $\bullet$ Torsionsfreiheit: $T\equiv 0$. $\bullet$ Kompatibilität mit der Metrik: Für alle $X,Y,Z\in \Gamma(TM)$ gilt $Z(g(X,Y))=g(\nabla_ZX,Y)+g(X,\nabla_ZY)$. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch weitere affine Zusammenhänge auf $(M,g)$ geben kann! Es heißt nur, dass es genau einen solchen Zusammenhang gibt, der kompatibel mit der Metrik und torsionsfrei ist. Umgekehrt könnte man natürlich auch mit $(M,g)$ starten und mit Hilfe der Metrik einen Paralleltransport definieren (das geht potenziell auch auf andere Weisen!). Der Zusammenhang, der von diesem "metrischen Paralleltransport" kommt, ist dann natürlich der eindeutige Levi-Civita-Zusammenhang (wie oben beschrieben) und dieser ist natürlich torsionsfrei. ABER: Man muss ja gar nicht den Paralleltransport mit Hilfe der Metrik definieren. Das geht auch auf höherer Ebene durch Zusammenhangsformen auf Hauptfaserbündeln. Ich hoffe, dir ist die Situation nun klarer. LG Nico [Die Antwort wurde nach Beitrag No.13 begonnen.]\(\endgroup\)


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TobiasKorn1992
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  Beitrag No.16, vom Themenstarter, eingetragen 2022-11-07

Noch andere Fragen: ist es falsch, die Kovariante Ableitung über \Nabla_(w^>) v^> = lim(h->0,(P_((w^>))^(-1)((v^>)(R^>+h*(w^>)))-(v^>)(R^>))/h) als Verallgemeinerung der Richtungsableitung zu definieren? Widerspricht das den Definitionen mit denen der Zusammenhang auf Wikipedia definiert wird? https://de.wikipedia.org/wiki/Zusammenhang_(Differentialgeometrie) Ist es eine unzulässige Einschränkung der Allgemeinheit euklidische Geometrie innerhalb Tangentialebenen eines Punktes p auf der Mannigfaltigkeit M anzunehmen? Und noch eine Frage: woher kommt die Intuition für die gemachten Definition für einen Zusammenhang, wie sie von euch bzw. auf Wikipedia beschrieben werden? Warum sollte ein Zusammenhang \(C^{inf}\) Linearität im ersten Slot und \(\mathbb{R}\) Linearität im zweiten Slot haben? Wird das auch in den genannten Literaturhinweisen beschrieben? [Die Antwort wurde nach Beitrag No.14 begonnen.]


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nzimme10
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  Beitrag No.17, eingetragen 2022-11-07

\(\begingroup\)\(\renewcommand{\i}{\mathrm{i}} \renewcommand{\Re}{\operatorname{Re}} \renewcommand{\Im}{\operatorname{Im}} \newcommand{\e}{\mathrm{e}} \renewcommand{\d}{\mathrm{d}} \renewcommand{\dd}{\ \mathrm d} \newcommand{\ddz}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}z}} \newcommand{\ddw}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}w}} \newcommand{\ddt}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}} \newcommand{\opn}{\operatorname}\) \quoteon(2022-11-07 21:09 - TobiasKorn1992 in Beitrag No. 16) Und noch eine Frage: woher kommt die Intuition für die gemachten Definition für einen Zusammenhang, wie sie von euch bzw. auf Wikipedia beschrieben werden? Warum sollte ein Zusammenhang \(C^{inf}\) Linearität im ersten Slot und \(\mathbb{R}\) Linearität im zweiten Slot haben? Wird das auch in den genannten Literaturhinweisen beschrieben? \quoteoff Du solltest dir wirklich mal ein Buch zur Hand nehmen und dich gewissenhaft in die Materie einarbeiten. Das sind Sachverhalte, die man nicht mal eben so nebenbei wirklich nachvollziehen und verstehen kann. Ein eher pragmatischer Grund dafür ist, dass man mit der $C^\infty(M)$-Linearität in $X$ sicherstellen kann, dass $T$ und $R$ (wie oben definiert) tatsächlich Tensoren sind. LG Nico\(\endgroup\)


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PhysikRabe
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  Beitrag No.18, eingetragen 2022-11-07

\quoteon(2022-11-07 21:09 - TobiasKorn1992 in Beitrag No. 16) Ist es eine unzulässige Einschränkung der Allgemeinheit euklidische Geometrie innerhalb Tangentialebenen eines Punktes p auf der Mannigfaltigkeit M anzunehmen? \quoteoff Ich weiß nicht, was du in diesem Zusammenhang (Wortwitz nicht beabsichtigt) mit "euklidischer Geometrie" meinst. Wenn du dich, salopp gesprochen, auf Längen und Winkel beziehst, dann erfordert das eine Metrik. Dass diese nicht eindeutig ist, und eine glatte Mannigfaltigkeit i.A. mit verschiedenen Metriken ausgestattet werden könnte, habe ich bereits in einem früheren Beitrag erklärt. \quoteon(2022-11-07 21:09 - TobiasKorn1992 in Beitrag No. 16) Warum sollte ein Zusammenhang \(C^{inf}\) Linearität im ersten Slot und \(\mathbb{R}\) Linearität im zweiten Slot haben? Wird das auch in den genannten Literaturhinweisen beschrieben? \quoteoff Natürlich, dafür wurden Lehrbücher geschrieben. Unsere Hilfestellung hier im Forum wird ein Studium der Literatur nicht ersetzen können. Die Definition wird durch die übliche Richtungsableitung motiviert. Die $C^\infty(M)$-Linearität kommt anschaulich daher, dass die Richtungsableitung klarerweise $\mathbb R$-linear im Richtungsvektor sein muss. Der Wechsel von diesem punktweisen Bild zu Vektorfeldern macht daraus eine $C^\infty(M)$-Linearität. Tatsächlich ist $\Gamma(TM)$ ein $C^\infty(M)$-Modul. Grüße, PhysikRabe


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TobiasKorn1992
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Durch eure Erklärungen sehe ich jetzt zumindest weshalb ich zu diesem Ergebnis gekommen bin, und welche Annahmen bereits darin gesteckt haben, welche man im Allgemeinen nicht hat. Vielleicht könnt ihr mir noch zuletzt die Frage beantworten, ob die Definition \Nabla_(w^>) v^> = lim(h->0,(P_((w^>))^(-1)((v^>)(R^>+h*(w^>)))-(v^>)(R^>))/h) der Kovarinaten Ableitung, sich mit der Allgemeinen Definition wie von euch bzw. in Wikipedia aufgeführt miteinander verträglich sind. Oder ist diese Definition über die Verallgemeinerung der Richtungsableitung auch ein Spezialfall?


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nzimme10
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  Beitrag No.20, eingetragen 2022-11-07

\(\begingroup\)\(\renewcommand{\i}{\mathrm{i}} \renewcommand{\Re}{\operatorname{Re}} \renewcommand{\Im}{\operatorname{Im}} \newcommand{\e}{\mathrm{e}} \renewcommand{\d}{\mathrm{d}} \renewcommand{\dd}{\ \mathrm d} \newcommand{\ddz}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}z}} \newcommand{\ddw}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}w}} \newcommand{\ddt}{\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}} \newcommand{\opn}{\operatorname}\) Das habe ich in meinen Beiträgen eigentlich schon oft gesagt. Eine kovariante Ableitung mit Hilfe eines bestimmten Paralleltransports zu definieren ist eine Möglichkeit. Man muss es aber nicht so machen und wir haben nun bereits einige Male festgestellt, dass es im Allgemeinen sehr viele unterschiedliche kovariante Ableitungen auf ein und der selben Mannigfaltigkeit geben kann. In voller Allgemeinheit hat man die folgende Hierarchie, ausgehend von einem $G$-Hauptfaserbündel $\pi\colon P\to M$ über einer glatten Mannigfaltigkeit $M$. - An oberster Stelle: Ein Zusammenhang auf dem $G$-Hauptfaserbündel $P$. (Hier kann ein Zusammenhang ganz simpel durch eine Form $\omega\in \Omega^1(P)\otimes \opn{Lie}(G)$ beschrieben werden und die Idee hinter den Definitionen ist auch relativ Anschaulich!) - Ein (daraus abgeleiteter) Paralleltransport auf dem Bündel $P$. - Ein (daraus abgeleiteter) Paralleltransport auf einem zu $P$ assoziierten Faserbündel. - Eine (daraus abgeleitete) kovariante Ableitung auf einem zu $P$ assoziierten Vektorbündel. - Wenn $P$ "zufällig" das $\mathrm{GL}(\dim(M),\mathbb R)$-Rahmenbündel $F(M)$ von $M$ ist, dann erhält man auf diese Weise einen affinen Zusammenhang auf dem zu $F(M)$ assoziierten Bündel $TM$. Das ist die "Art" Zusammenhang, von der wir momentan sprechen. "Unsere" Definition eines affinen Zusammenhangs ist also im Prinzip selbst ein "winziger" Spezialfall einer viel allgemeineren Theorie. LG Nico\(\endgroup\)


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