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Atom-, Kern-, Quantenphysik » Quantenmechanik » Quantenmechanik: Gebundene Zustände
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Universität/Hochschule J Quantenmechanik: Gebundene Zustände
AstroDam
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  Themenstart: 2023-02-08

Guten Abend sehr geehrte Matheplanet Community, ich habe eine Frage zum endlichen Potentialtopf: In meinem Quantenmechanik Skript steht, dass es bei diesem immer mindestens einen gebundenen Zustand geben muss, jedoch verstehe ich nicht wirklich wieso. Ich meine, ich kann das Potential beliebig klein machen, warum wird es trotzdem immer mindestens einen gebundenen Zustand geben. Wir hatten als Beispiel folgendes Potential (ist zwar kein Topf sondern eine Parabel): V = V_0 * (x/a - 1) * (x/a + 1) für -a < x < a und null sonst. dabei haben wir aufgeschrieben, dass es für beliebige a, V_0 > 0 immer mindestens einen gebundenen Zustand gibt. Aber ich kann die Parabel ja beliebig klein machen, warum wird es da trotzdem einen gebundenen Zustand geben. Des Weiteren würde es mich interessieren ob es Möglich ist, a und V_0 so zu wählen, dass es immer eine bestimmte Anzahl an gebundenen Zuständen gibt und wenn ja, wie funktioniert das? Meine Idee wäre gewesen die Schrödingergleichung zu lösen und dann die Eigenfunktionen zu bekommen, dadurch könnte man vielleicht irgendwie an die Energien kommen und so eine Abhängigkeit der Zustände von den frei wählbaren Konstanten a und V_0 zu bestimmen. Jedoch stehe ich ziemlich auf den Schlauch und wäre über jede Hilfe dankbar! liebe Grüße und einen schönen Abend noch! AstroDam


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semasch
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  Beitrag No.1, eingetragen 2023-02-10

Moin AstroDam, \quoteon(2023-02-08 21:55 - AstroDam im Themenstart) In meinem Quantenmechanik Skript steht, dass es bei diesem immer mindestens einen gebundenen Zustand geben muss, jedoch verstehe ich nicht wirklich wieso. Ich meine, ich kann das Potential beliebig klein machen, warum wird es trotzdem immer mindestens einen gebundenen Zustand geben. Wir hatten als Beispiel folgendes Potential (ist zwar kein Topf sondern eine Parabel): V = V_0 * (x/a - 1) * (x/a + 1) für -a < x < a und null sonst. dabei haben wir aufgeschrieben, dass es für beliebige a, V_0 > 0 immer mindestens einen gebundenen Zustand gibt. Aber ich kann die Parabel ja beliebig klein machen, warum wird es da trotzdem einen gebundenen Zustand geben. \quoteoff Betrachten wir, etwas allgemeiner, ein Potential $V$ mit (i) $V \le 0$, (ii) $V(x) = 0$ für $|x| > a$ und (iii) $\int_{-\infty}^{\infty} V(x) \, \mathrm{d}x = \int_{-a}^a V(x) \, \mathrm{d}x < 0$. Die gebundenen Zustände sind die stationären Zustände mit Energien kleiner als null, die ungebundenen Zustände sind die mit Energien größer als null. Nach dem Ritz'schen Variationsprinzip gibt es daher einen gebundenen Zustand, wenn es einen normierbaren Zustand $\lvert \psi \rangle$ mit \[ \langle \psi \rvert \hat{H} \lvert \psi \rangle < 0 \tag{1} \] gibt. Dabei ist natürlich $\hat{H} = \hat{T} + \hat{V} = \frac{\hat{p}^2}{2 m} + V(\hat{x})$ der Hamiltonian des Systems. Betrachte nun die Testzustände $(\lvert \psi_l \rangle)_{l > 0}$ mit den Wellenfunktionen \[ \psi_l(x) := \langle x \vert \psi_l \rangle := \frac{1}{(2 \pi l^2)^{1/4}} \mathrm{e}^{-\frac{x^2}{4 l^2}}. \] Offenbar ist dann die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte $\rho_l := |\psi_l|^2$ die Dichtefunktion der $\mathcal{N}(0,l^2)$-Verteilung. Damit bekommt man direkt \[ \langle \psi_l \rvert \hat{T} \lvert \psi_l \rangle = \frac{\hbar^2}{8 m l^2} \,\, \text{und} \,\, \langle \psi_l \rvert \hat{V} \lvert \psi_l \rangle \le \frac{1}{\sqrt{2 \pi} l} \mathrm{e}^{-\frac{a^2}{2 l^2}} \int_{-a}^a V(x) \mathrm{d}x, \] woraus natürlich \[ \langle \psi_l \rvert \hat{H} \lvert \psi_l \rangle \le \frac{\hbar^2}{8 m l^2} + \frac{1}{\sqrt{2 \pi} l} \mathrm{e}^{-\frac{a^2}{2 l^2}} \int_{-a}^a V(x) \mathrm{d}x \tag{2} \] folgt. Überlege dir nun, dass die rechte Seite in $(2)$ negativ ist, wenn nur $l$ hinreichend groß ist. Also genügen alle Testzustände mit hinreichend großem $l$ der Ungleichung $(1)$ und es gibt zumindest einen gebundenen Zustand. Physikalisch formuliert ist der Grund für die Existenz von zumindest einem gebundenen Zustand also der Folgende: Betrachte ein auf einem Raumbereich der Größenordnung $l$ um das Kraftzentrum bei $x \approx 0$ lokalisiertes Teilchen (was gegeben ist, wenn es sich im Zustand $\lvert \psi_l \rangle$ von oben befindet). Vergrößert man $l$, d.h. delokalisiert man das Teilchen stärker, so nimmt die positive kinetische Energie wie $1/l^2$ ab, die negative potentielle Energie aber (betragsmäßig) wie $1/l$, also viel langsamer. Ist $l$, also die Delokalisierung, ausreichend groß, so dominiert die potentielle die kinetische Energie, die Gesamtenergie ist negativ und das Teilchen ist gebunden. \quoteon(2023-02-08 21:55 - AstroDam im Themenstart) Des Weiteren würde es mich interessieren ob es Möglich ist, a und V_0 so zu wählen, dass es immer eine bestimmte Anzahl an gebundenen Zuständen gibt und wenn ja, wie funktioniert das? Meine Idee wäre gewesen die Schrödingergleichung zu lösen und dann die Eigenfunktionen zu bekommen, dadurch könnte man vielleicht irgendwie an die Energien kommen und so eine Abhängigkeit der Zustände von den frei wählbaren Konstanten a und V_0 zu bestimmen. Jedoch stehe ich ziemlich auf den Schlauch und wäre über jede Hilfe dankbar! \quoteoff Ja, das ist im Prinzip möglich, und zwar genau so wie von dir angedacht, nämlich durch Lösen der stationären Schrödingergleichung im Hinblick auf die gebundenen Zustände, also die mit Energie $E < 0$. Im Zuge dessen ergibt sich eine Bestimmungsgleichung für $E$ und die Lösungen davon sind genau die Energien der gebundenen Zustände. Tatsächlich ist die Anzahl der gebundenen Zustände für ein nicht nur räumlich, sondern auch energetisch beschränktes Potential (also $V \ge -V_0 := \min_x V(x)$ mit $0 < V_0 < \infty$) stets endlich und wächst monoton als Funktion des Parameters \[ \eta = \frac{2 m a^2 V_0}{\hbar^2} = \frac{V_0}{\frac{\hbar^2}{2 m a^2}}, \] der in etwa das Verhältnis (des Betrags) der charakteristischen potentiellen zur charakteristischen kinetischen Energie für ein in diesem Potential gebundenes Teilchen beschreibt. Je größer $\eta$, desto besser kann das (lokalisierend wirkende) Potential (gegen den delokalisierenden Einfluss der kinetischen Energie) binden und desto mehr gebundene Zustände gibt es. Für den (analytisch viel) einfacheren, aber qualitativ zu dem von dir angegebenen äquivalenten Fall des endlichen rechteckigen Potentialtopfes lässt sich dies analytisch lösen, siehe etwa hier. Das Ganze würde sich (wie ich denke) für das von dir angegebene Potential nur mit (sehr viel) mehr Mühe analytisch machen lassen, wenn überhaupt. LG, semasch Edit: Index $l$ passend ergänzt.


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AstroDam
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  Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2023-02-11

Vielen lieben Dank, ich habe es jetzt verstanden!


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AstroDam hat die Antworten auf ihre/seine Frage gesehen.
AstroDam hat selbst das Ok-Häkchen gesetzt.

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