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Thermodynamisches Gleichgewicht charakterisiert durch dS=0 |
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Themenstart: 2023-09-21
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Hallo,
habe da eine Frage zu der Gleichgewichtsbedingung $dS=0$ beim Thermodynamisches Gleichgewicht.
Ist diese Bedingung $dS=0$ wirklich als formale Bedingung an das totale Differential der "Funktion" $S=S(U,V,N)$ zu verstehen (sprich bezüglich natürlicher Variablen $U,V,N$) oder ist das bezüglich irgendwelcher "inneren Parametern" $\alpha, \beta,...$ die interne Restriktionen darstellen, sprich man müsste eigentlich $S=S(U,V,N, \alpha, \beta,...)$ schreiben und das totale Difftial bzgl aller Variablen betrachten, oder?
Der Punkt ist nähmlich der, dass wann man $dS=0$ nur bezüglich $U,V, N$ denken würde, klänge das etwas absurd, dann die Tatsache, dass man $S$ überhaupt als Funktion in drei Variablen $U,V,N$ ausdrücken darf, bereits implizit voraussetzt, dass das System bereits im TD Gleichgewicht sei, oder?
Sprich, angenommen, dass System ist bei $U_0, V_0, N_0$ im TD Gleichgewicht charakterisiert durch Bedingung $dS_{(U_0, V_0, N_0)}=0$. Dann wäre das System wiederum bei infinitesimalen Abweichung $S(U_0 + \delta U, V_0+ \delta V, N_0+ \delta N)$ nicht im TD Gleichgewicht. Aber dann würde doch nach dieser Logik die Auswertung von $S$ an $(U_0 + \delta U, V_0+ \delta V, N_0+ \delta N)$ grundsätzlich keinen Sinn ergeben, da in Nichtgleichgewichtszuständen die Entropiefunktion $S$ nicht als Funktion dreier Variablen $U,V,N$ wohldefiniert ist.
Wo mache ich bei meinen Überlegungen den Denkfehler bzg der Deutung der Gleichgewichtbedingung Bedingung $dS=0$?
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Beitrag No.1, eingetragen 2023-09-21
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Wenn man die Entropie verschiedener Zustände eines thermodynamischen Systems vergleicht, so lautet die Grundvoraussetzung, dass es sich um Gleichgewichtszustände handelt, die durch eine Folge kleinster reversibler Schritte ineinander überführt werden können.
Siehe z. B. hier und hier.
Man erreicht dies, indem man sukzessive und "langsam" (worüber man sich Gedanken über die Relaxationsvorgänge machen muss) die inneren Beschränkungen ("Wände") des Systems aufhebt. Das System befindet sich in diesem Fall jederzeit im Gleichgewicht.
Insofern ist es zulässig, insbesondere eng benachbarte Zustände wie $S(U_0+dU,V_0+dV,N_0+dN)$ und $S(U_0,V_0,N_0)$ miteinander zu vergleichen, was im Falle abgeschlossener Systeme zur Gleichgewichtsbedingung $dS=0$ führt.
Die Form $S(U,V,N)$ ist nicht die allgemeinste. Handelte es sich beispielsweise um ein magnetisierbares System, so käme noch die Magnetisierung $M$ als eine weitere Variable hinzu.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-21
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\quoteon(2023-09-21 07:43 - cisfinite in Beitrag No. 1)
Wenn man die Entropie verschiedener Zustände eines thermodynamischen Systems vergleicht, so lautet die Grundvoraussetzung, dass es sich um Gleichgewichtszustände handelt, die durch eine Folge kleinster reversibler Schritte ineinander überführt werden können.
Siehe z. B. hier und hier.
Man erreicht dies, indem man sukzessive und "langsam" (worüber man sich Gedanken über die Relaxationsvorgänge machen muss) die inneren Beschränkungen ("Wände") des Systems aufhebt. Das System befindet sich in diesem Fall jederzeit im Gleichgewicht.
Insofern ist es zulässig, insbesondere eng benachbarte Zustände wie $S(U_0+dU,V_0+dV,N_0+dN)$ und $S(U_0,V_0,N_0)$ miteinander zu vergleichen, was im Falle abgeschlossener Systeme zur Gleichgewichtsbedingung $dS=0$ führt.
Die Form $S(U,V,N)$ ist nicht die allgemeinste. Handelte es sich beispielsweise um ein magnetisierbares System, so käme noch die Magnetisierung $M$ als eine weitere Variable hinzu.
\quoteoff
Also verstehe ich es richtig, dass sich das System sowohl bei $U_0,V_0,N_0$ als auch $U_0+dU,V_0+dV,N_0+dN$ mehr oder weniger tautologisch in Gleichgewichten befänden (... sonst wäre dort S nicht auswertbar und das Kruterium wäre in der Tat per se absurd), ABER nur zu unterschiedlichen vorgegebenen "Randbedingen"/ inneren Beschränkungen - sagen wir $ \alpha=\alpha_0, \beta=\beta_0,,..$ bzw $\alpha_1,\beta_1,...$ -die eben in der Praxis wohl durch solche "kontinuierlich Parameter" $ \alpha, \ beta,... $ beschrieben werden können, zB das kontinuirliche Hochschieben einer Barriere, etc. , ist das so richtig formuliert?
Sprich, das Kriterium für Gleichgewicht $dS=0$ is nur "sinnvoll", wenn man extern fixierte Parametrisierungen der Beschränkungsparameter vorgibt, sagen wir $ \alpha=\alpha_0, \beta=\beta_0,,..$ und dann wäre die rigoros formulierte Gleichgewichungsbeding an die gesuchten $U_0,V_0,N_0$
$$ dS_{\alpha=\alpha_0, \beta=\beta_0,,...)} = 0 $$
Ergibt das so Sinn, also mathematisch wäre das vom Typus Suche Extrema in U,V, N unter vorgegebenen Randbedingungen(!)?
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Beitrag No.3, eingetragen 2023-09-21
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Betrachte beispielsweise einen reversiblen Prozess: in einer zweigeteilten Kammer befindet sich in der linken Hälfte ein ideales Gas und rechts, davon durch eine verschiebbare Wand getrennt, eine leere Kammer.
Weiterhin sei die ganze Anordnung durch ein Reservoir auf konstanter Temperatur gehalten.
Die Position der Wand sei der Parameter $x$. Sofern das Verschieben der Wand nach rechts "unendlich" langsam verläuft (also keine Strömungen oder sonstige Dissipation), bleibt der Prozess reversibel, d. h. alle Zwischenzustände sind GG-Zustände in denen jeweils $dS_x=0$ gilt.
(Die Entropie hätte sich in diesem Fall von Volumverdopplung am Ende dann übrigens um $\ln 2$ vergrößert.)
Etwas anderes wäre die freie Expansion des Gases, wenn man die Trennwand einfach raus ziehe oder los ließe. Dann käme es zu Strömungen, Turbulenzen usw. Irgendwann käme das Gas auch wieder zur Ruhe.
Jetzt könnte man hingegen, im Gegensatz zu vorher, nur dem Anfangs- und dem Endzustand eine Entropie zuschreiben, den Zwischenzuständen hingegen nicht, da diese nicht definiert wären.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.4, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-21
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Also sei das formale Kriterium für TD Gleixhgewichte $dS=0$ nur für erstere Situation aus deinem Beispiel "wohldefiniert" und sollte steng genommen
$$ dS_{(\alpha=\alpha_0, \beta=\beta_0,,...)} = 0 $$
for kontinuerliche Parameter $\alpha, \beta,...$ ( kann von System zu System alles mögliche sein, zB Koordinate der Wandposition, etc.) lauten, die mathematisch mit parametrisierten Familie an Restriktionsgleichungen im $(U,V,N)$ einherkommen, also mathematisch zB eine parametrisierte Familie an Funktionen $F_{\alpha}(U,V,N)$, die für jedes $\alpha$ jeweils Randbedingung $F_{\alpha}(U,V,N)=0$ auferlegen, richtig?
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Beitrag No.5, eingetragen 2023-09-21
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Ich habe Deinen ersten Post nochmal gelesen.
Unklar darin ist mir die Unterscheidung zwischen $U,V,N$ als Zustandsgrößen und den ergänzten "internen Restriktionen" $\alpha, \beta \dots$. Mir will scheinen, dass damit einfach weitere Zustandsgrößen gemeint seien?
Das könnten im Falle eines Stoffgemisches beispielsweise weitere $N_1, N_2 \dots$ sein. Eine zusätzlich hinzukommende Restriktion wäre dann beispielsweise im Falle zweier Phasen, aus der Teilchenzahlerhaltung folgend, die Forderung $dN_1=-dN_2$.
Hinsichtlich der Bestimmung des GGs muss man jeweils darauf achten, welche Zustandsgrößen überhaupt einer Veränderung unterliegen. Ändert sich z. B. die Teilchenzahl so oder so nicht, so schreibt man oft nur $S(U,V)$, da $N$ "uninteressant" ist.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.6, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-21
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Ja, das war auch als ich die Frage formiliert habe, Teil meines Verständnisproblems, welche "Rolle" spielen diese Parameter $\alpha,\beta,...$ in der Funktion $S(U,V,N,\alpha,\beta,...)$ bezüglich des Gleichgewichtskriteriums $dS=0$, ie welche Variablen werden "festgehalten", welche variiert, obwohl natürlich schon rein physikalisch die Zustandsvariablen $U, V, N$ irgenwie ein anderes "Wesen" haben ( besseres Wort fällt mir nicht ein) als die Parametervariablen $\alpha,...$.
(Bem zu Deinen zweiten Bsp: natürlich, wenn man mit verschiedenen Spezies zu tut habe, dann sollten Zustandsvariablen $U, V, N$ als Vektoren/Arrays $(U_i, V_i, N_i)$ verstanden werden.
Dann nochmal zur zentralen Frage zurück: Kann man präzise (= mathematisch konsistent) formuliert werden, wie die Gleichgewichtsbedingung $dS=0$ genau zu verstehen ist bzglich Zustandsvariablen $U, V, N$ und Parametervariablen $\alpha,\beta,...$ ? So wie ich es bis jetzt verstehe ist das so gemeint, dass das Differential nur bezüglich Zustandsvariablen $U, V, N$ gebildet wird, während Parametervariablen $\alpha,\beta,...$ fix gehalten werden, also wie das Prozedere bei der Suche nach Extrema unter Nebenbedingungen ( also wie hier), wobei die Parameter eben diese Nebenbedingungen festlegen, sprich das Differential handhabt nur $U, V, N$ als Variablen im mathematischen Sinne.
Also in Deinem letzten Bsp würde so eine mögliche naheliegende Nebenbedingung $\alpha =\alpha(N):= N -N_0 = 0 =: \alpha_0$ ( =Teilchenzahl fix) lauten.
Ist das die richtige Deutung wie man $dS=0$ "in diesem Kontext versteht?
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Beitrag No.7, eingetragen 2023-09-22
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Hallo, ja so kann man es sehen. Statt von "wesenhaften" Variablen spricht man in der Thermodynamik von "natürlichen Variablen, etwa in diesem Sinne:
"Die unabhängigen Zustandsvariablen eines thermodynamischen Potentials bezeichnet man dann als dessen natürliche Variablen, wenn deren Ableitung des Potentials gleich einer der abhängigen Zustandsvariablen ist (beispielsweise: $( ∂ S / ∂ U )_{V,N}= 1/T.$" (verändertes Zitat)
Im Prinzip ja, man kann konstante Zustandsvariablen oder Parameter auch als Nebenbedingungen behandeln.
Wobei derlei Nebenbedingungen manchmal nicht quantitativ als Größe fassbar sein mögen, wie beispielsweise das Vorhandensein von Wänden, die durchlässig/nicht durchlässig sein können für Wärme, "Verschiebung" oder Teilchen.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.8, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-24
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Also ich muss ehrlich sagen, dass ich nach wie vor nicht verstehe, wie man $dS=0$ als formales Kriterium für das Vorliegen des thermodynamisches Gleichgewichts verwendet kann.
Es kommt mir absurd vor, denn um $S$ überhaupt als "Funktion/TD Potential" auf dem "Raum $R_{UVN}$ der natürlichen Variablen" $U,V,N$ deuten/auswerten zu können, muss in jedem solchen Tripel $(U_0,V_0,N_0) \in R_{UVN}$ das System in einem TD Gleichgewicht vorlegen.
Ergo, wenn wir $S$ in $U,V,N$ variieren, geschieht das immer quasistatisch, also von einem TD zu anderen und solche quasistatische "Wanderungen" im Raum $R_{UVN}$ können nur geschehen, wenn wir die äußeren Bedingungen verändern (die manchmal - jedoch nicht immer wie Dein Beispiel mit der Wand zeigt - durch Variation solcher "außeren Parameter" $\alpha, \beta,...$ bewerkstelligt werden), sonst würde ja das System im selben Zustand verharren.
Wenn das was ich bisher beschrieben habe richtig ist, verstehe ich den Sinn hinter der "Gleichgewichtsbedingung" $dS=0$ nicht. Sofern wir $S$ in $(U_0,V_0,N_0)$ auswerten können, befindet sich doch das System "tautologisch" im Gleichgewichtszustand, oder? (sonst könnte man $S$ darin nicht auswerten :)
Dann müsste aber im Umkehrschluss $S$ auf ganz $R_{UVN}$ konstant sein, da $dS=0$ wiederum auf ganz $R_{UVN}$ gelten würde. Was wohlbemerkt vollkommen absurd ist.
Deswegen verstehe ich nicht, was mit $dS=0$ als Gleichgewichtsbedingung auf sich hat. Wo ist da mein Denkfehler? Also die schlichte Frage bleibt, wie deutet man $dS=0$ als Gleichgewichtsbedingung mathematisch sauber?
Vermutung: Bezüglich welcher Variablen wird das Differential $dS$ entwickelt? Bzglich NUR der natürlichen $U,V,N$, also $dS= \frac{\partial S}{\partial U}dU+\frac{\partial S}{\partial V}dV+\frac{\partial S}{\partial N}dN $ oder auch der Variablen $\alpha, \beta,...$, die (meistens) die Variation der äußeren Bedingungen darstellen?
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 5147
 | Beitrag No.9, eingetragen 2023-09-24
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\quoteon(2023-09-24 02:38 - Seligman in Beitrag No. 8)
Es kommt mir absurd vor, denn um $S$ überhaupt als "Funktion/TD Potential" auf dem "Raum $R_{UVN}$ der natürlichen Variablen" $U,V,N$ deuten/auswerten zu können, muss in jedem solchen Tripel $(U_0,V_0,N_0) \in R_{UVN}$ das System in einem TD Gleichgewicht vorlegen.
\quoteoff
Um einen Gleichgewichtszustand als Zustand maximaler Entropie erkennen zu können, muss man selbstverständlich vorher die Entropie auch für Nichtgleichgewichtszustände definieren.
Ein typischer Weg, um das zu tun, besteht darin, dass man mehrere Systeme, die jedes für sich in einem Gleichgewichtszustand sind, zu einem neuen goßen System zusammenfasst und ihnen bestimmte Wechselwirkungen ermöglicht. Das neue System befindet sich dann als Ganzes nicht in einem Gleichgewichtszustand, man kann ihm aber die Summe der Entropien der Einzelsysteme als Gesamtentropie zuordnen.
(Für dieses Thema ist aus meiner Sicht Wikipedia keine geeingnete Quelle. Ich würde dir raten, zu einem Buch zu greifen.)
--zippy
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Beitrag No.10, eingetragen 2023-09-24
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Hallo! Bitte mich nicht misszuverstehen, aber ich fürchte, wir fangen an, uns ein wenig im Kreise zu drehen.
Vielleicht könnte jemand aus dem "Seniorkreis" weiter helfen, was, wie ich gerade lese, schon erfolgte. Ich würde, mich darin anschließend, empfehlen, ein paar durchgerechnete Beispiele anzusehen und auf Deine Frage hin abzuklopfen.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.11, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-24
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\quoteon(2023-09-24 08:54 - zippy in Beitrag No. 9)
Um einen Gleichgewichtszustand als Zustand maximaler Entropie erkennen zu können, muss man selbstverständlich vorher die Entropie auch für Nichtgleichgewichtszustände definieren.
\quoteoff
Genau. Also so wie ich es bisher verstehe, kann dem betrachteten System, das sich mit der Zeit evolviert ( ob im Gleichgewicht oder nicht) stets zu jedem Zeitpunkt $t$ eine Entropiefunktion abstrakt $ S(t)$ zugeordnet werden ( ie "wohldefiniert"), ganz unabhängig davon ob das System zum Teilpunkt $ t$ sich im Gleichgewicht befindet.
Jedoch, wenn zum Zeitpunkt $t_0$ System im Gleichgewicht ist, so kann man in diesem "speziellen Fall" $ S(t_0)$ als Funktion von besonders einfacher, "harmloser" Gestalt darstellen, nämlich als Fkt in den 3 natürlichen Variablen $U,V,N$, ie $ S(t_0) = S(U,V,N)$, was eben nur im Gleichgewichtzustand möglich ist.
Mit anderen Worten, sofern ich es richtig verstehe, macht die $S(t)$ des Zusatandes für jeden Zeitpunkt Sinn, nur falls das System da nicht im TD Gleichgewicht ist, ist die Funktion " sehr kompliziert", aber existent, oder?
Wenn das was ich bisher geschrieben habe richtig ist und das ( für mich zumindest bisher) mysteriöse Gleichgewichtsriterium $dS=0$ "sinnvoll" ist, und wir damit rausfinden möchten, wo das TD Gleichgewicht liegt, müssten wir wie du schreibst das $S$ auch in nicht Gleichgewichtzuständen auswerten können.
Schlussfolgerung ( richtig?): Wir analysieren das Differential $dS$ nicht als Differential von $S$ als Funktion auf dem $U,V,N$-Raum, wo jede (infinitelimale) Variation dieser natürlichen Variablen quasistatisch wäre. Das wäre diese Kriterium $dS=0$ nach den Überlegungen in #No 8 intrinsisch sinnfrei.
Also variiert du $S$ in Nichtgleichgewichtszuständen, voraussetzend, dass $S$ auch da als "Funktion" (sogar diffbare! wegen wohldefinierem $dS$) wohlerklärt ist, richtig?
Dann aber die Zwischenfrage: Was sind die Variablen von $S$ ausgewertet in Nichtgleichgewichtszustand? (damit das Differential überhaupt Sinn ergibt)
\quoteon(2023-09-24 08:54 - zippy in Beitrag No. 9)
Ein typischer Weg, um das zu tun, besteht darin, dass man mehrere Systeme, die jedes für sich in einem Gleichgewichtszustand sind, zu einem neuen goßen System zusammenfasst und ihnen bestimmte Wechselwirkungen ermöglicht. Das neue System befindet sich dann als Ganzes nicht in einem Gleichgewichtszustand, man kann ihm aber die Summe der Entropien der Einzelsysteme als Gesamtentropie zuordnen.
\quoteoff
Da referenzierst du doch auf dieses Gedankenexperiment mit dem durch eine Wand getrenneten Raum in zwei Teilräume, wo zu Beginn des Experiments ($t=0$) in jedem der beiden zunächst getrennten Teilräume TD Gleichgewichte vorliegen, also hätten wir in jedem einzelnen Teilraum wohldefinierte Entropien $S_i:=S(U_i,V_i,N_i)$ für $i=1,2$ und unter der Ausnutzung der Additivität der Entropie gilt ganz allgemein ( unabh ob im Gleichgewicht oder nicht) gelte universell $S =S_1+S_2$.
Dann lassen wir die Wand weg und analysieren $S(t)$ als abstrakte Funktion und machen dabei naive Annahme (... sofern ich es richtig deute), dass auch im Nichtgleichgewicht - also während des Relaxationsprozesses - diese Eintropieunktion $S(t)$ zu jedem Zeitpunkt nur in Variablen $U_1,V_1,N_1$ ist, ergo bezügl dieser Variablen ist auch das Differential $dS$ zu jedem Zeitpunkt wohldefiniert.
Das ist die Idee, richtig? Wenn ja, dann sehe ich folgendes Problem, warum ist $S(t)$ in Nichtgleichgewichtszuständen ausgewertet (also nachdem die Wand entfernt wurde) eine NUR von $U_1,V_1,N_1$ abhängige Funktion und nicht von irgendwelchen weiteren "internen" Parametern ( in Nichtgleichgewicht kann $S$ ja sehr kompliziert sein, Fluktuationen etc.)?
Ist das eine " saloppe Plausibilitätsannahme", dass wenn wir lange genug abwarten (für t sehr groß), das System allmälig relaxiert - wenngleich noch nicht im Gleichgewicht - die "gewichtigsten" Variablen von $S(t)$ die $U_1,V_1,N_1$ werden, während andere
- nennen wir sie "intrinsische Nichtgleichgewichteffekte/ Variablen", die auf $S(t)$ irgendwie auf hochkomplizierte Weise im Nichtgleichgewicht wirken, also einfach gesagt die "Parameter", die sobald das System ins Gleichwicht gelangt, verschwinden, aber solange es nicht nicht im Gleichgewicht ist, eine "intrinsische Obstruktion" darstellen, dass $S$ sich als eine ganz harmlose Funktion in nur drei natürlichen Variablen $U,V,N$ ausdrücken lässt -
wir nach gewisser Zeit trotzdem mehr oder weniger "vernachlässigen" können? Und dann tatsächlich das $dS=0$ Kriterium bezüglich dieser - sagen wir mittlerweile "dominanten" - Variablen $U_1,V_1,N_1$ mehr oder weniger aus Plausibilitätsgründen anwenden dürfen? Mit anderen Worten, da steckt keine formale Rigosität dahinter, man muss stets abschätzen, welche Variablen $S$ im Nichtgleichgewichtszustand "dominieren" und erst dann das Differential dS bezüglich dieser bilden? Wobei diese Variablen a priori nicht direkt was mit natürlichen Variablen zu tun haben müssen?
Ist das die Idee hinter diesem Gleichgewichtskriterium $dS=0$ oder hab ich da einiges missverstanden?
\quoteon(2023-09-24 08:54 - zippy in Beitrag No. 9)
(Für dieses Thema ist aus meiner Sicht Wikipedia keine geeingnete Quelle. Ich würde dir raten, zu einem Buch zu greifen.)
\quoteoff
In Wikipedia habe ich schon lange die Hoffnung aufgegeben:) aber bei dieser oben geschilderten Problematik finde ich nicht einmal ein einziges Buch/ Skript das es auflöst. Bestenfalls wird da noch dieses Beispiel mit der Trennwand, das ich zuvor angesprochen habe, diskutiert, aber auf die Problematiken, die ich darin erkenne und oben im letzten Paragraphen eingegangen bin, wird nicht eingegangen.
[Die Antwort wurde nach Beitrag No.9 begonnen.]
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 5147
 | Beitrag No.12, eingetragen 2023-09-24
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\quoteon(2023-09-24 13:13 - Seligman in Beitrag No. 11)
Also variiert du $S$ in Nichtgleichgewichtszuständen, voraussetzend, dass $S$ auch da als "Funktion" (sogar diffbare! wegen wohldefinierem $dS$) wohlerklärt ist, richtig?
\quoteoff
Ja.
\quoteon(2023-09-24 13:13 - Seligman in Beitrag No. 11)
Dann aber die Zwischenfrage: Was sind die Variablen von $S$ ausgewertet in Nichtgleichgewichtszustand?
\quoteoff
Das können wir uns weiter unten in dem von dir angesprochenen Beispiel anschauen.
\quoteon(2023-09-24 13:13 - Seligman in Beitrag No. 11)
Dann lassen wir die Wand weg und analysieren $S(t)$ als abstrakte Funktion und machen dabei naive Annahme (... sofern ich es richtig deute), dass auch im Nichtgleichgewicht - also während des Relaxationsprozesses - diese Eintropieunktion $S(t)$ zu jedem Zeitpunkt nur in Variablen $U_1,V_1,N_1$ ist
\quoteoff
Nein, diese Annahme macht man nicht.
Am besten schauen wir uns konkret das Mischen von zwei Gasen unterschiedlicher Sorten an. Hier bestehen die anfänglich getrennten Systeme aus Gas jeweils einer Sorte und beide haben den gleichen Druck und die gleiche Temperatur. Nach dem Entfernen der Trennwand fangen die beiden Gase an, sich zu durchmischen. Um diese Nichtgleichgewichtszustände zu beschreiben, müssen wir die Verteilung der beiden Teilchensorten angeben. Dass kann man entweder ziemlich grob tun, indem man angibt, wieviele Teilchen beider Sorten in jedem der beiden Teilvolumina sind, oder man kann eine kontinuierliche Beschreibung wählen, indem man räumliche Teilchendichten einführt. In beiden Fällen kann man die Entropie $S$ dieser Zustände ausrechnen. In der groben Beschreibung ist $S$ eine Funktion von vier Teilchenzahl-Variablen, in der kontinuierlichen ein Funktional der beiden Dichten.
Innerhalb der gegebenen Randbedingungen (Temperatur und Gesamtzahl der Teilchen je Sorte) nimmt $S$ ihr Maximum an, wenn sich die beiden Teilchensorten gleichmäßig über das Gesamtvolumen verteilen. Wenn man die Randbedingungen dadurch berücksichtigt, dass man die Zahl der Variablen soweit reduziert, dass die übrigbleibenden unabhängig sind, entspricht das Maximum von $S$ einem stationären Punkt $\mathrm dS=0$. Üblicherwesie lässt man das aber bleiben und greift zu Lagrange-Multiplikatoren.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.13, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-26
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Also um sicher zu stellen, ob ich die Ausgangskonfiguration richtig verstehe. Wir nehmen zu Anfang an, dass den Raum in zwei Teilräume aufgetrennt ist, wobei im Teilraum 1 (TR1) Teilchensorte A mit Anzahl $N_A$ befindet, und in TR2 Teilchensorte B mit Anzahl $N_B$.
Wir definieren die vier Variablen $N_X^j$ wobei $X=A,B, j=1,2$, wobei $N_X^j$ angibt wieviele Teilchen der Sorte $X$ in Teilraum $j$ befinden. Zu Anfang also $N_A^1=N_A, N_B^2=N_B$ und die anderen beiden sind Nullen.
Weiter nehmen wir an, dass die Wand von Anfang an für Temperatur- und Druck durchlässig ist, also haben wir $T:=T_1=T_2$ und $p:=p_1=p_2$ als Anfangsbedingung.
Sobald wir die Trennwand entfernen, wereden $N_X^j(t)$ zeitabhängig und unser Maximierungsproblem besteht darin die vier $N_X^j$ zu finden, die einerseits Randbedingung $N_X= N_X^1+N_X^2$ erfüllen, anderseits $S(N_X^j)= S_1(T,p, N_X^1)+ S_2(T,p, N_X^2)$ unter Randbedingung maximieren, richtig. Mit anderen Worten wir Maximieren $S$ nach $N_X^j$ und Einhaltung der Randbedingungen?
Jetzt hätte ich an dieser Stelle die Frage gestellt, warum es ausreicht "nur" nach $N_X^j$ zu maximieren, schließlich könnte man denken, dass solange das System sich in Gleichgewicht befindet, dessen Entropiefunktion $S(t)$ eine beliebig chaotische Funktion sein kann mit irgendwelchen komplizierten Abhängigkeiten von irgendwelchen "intrinsischen" komplizierten Parametern.
Aber sofern ich deine Ausführungen richtig verstehe, argumentierst du über Boltzmannsche Interpretation der Entropie als Funktional $S(\rho)= -k_b Spur(\rho \cdot \ln \rho)$ in Teilchendichtefunktionen $\rho$.
(dann können die $N_X^j$ als nicht normierte diskrete Versionen Teilchendichten betrachtet werden, und somit im Grunde wie ein Spezialfall betrachtet werden).
Und somit wäre - sofern ich nun richtig verstehe - die anfangs gestellte Frage zu Interpretation von $dS=0$ als Gleichgewichtskriterium, damit zu beantworten, dass es im präzisen Sinne dem funktionelen Maximierungsproblem $max_{\rho} S(\rho)$ unter allen Teilchendichtefunktionen des betrachteten Systems unter vorgegebenen Randbedingungen entspricht, somit streng genommen in dieser Allgemeinheit "das Differential" $dS$ keinen Sinn ergibt, sondern man zur konkreten Lösung dieses Extremalproblems eher Variationstechniken wie zB aus dem Hamiltonschen Extremalprinzip anwendet, oder so ähnlich?
(bzw genauer, $dS=0$ ergibt wörtlich als Gleichgewichtskriterium nur Sinn, bei diskreten Dichten, wo man es als gewöhnliches Extremwertproblem mit Nebenbedingungen lösen kann)
Hab ich das was es sich mit $dS=0$ als Gleichgewichtskriterium auf sich hat richtig verstanden?
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 5147
 | Beitrag No.14, eingetragen 2023-09-26
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\quoteon(2023-09-26 01:43 - Seligman in Beitrag No. 13)
Jetzt hätte ich an dieser Stelle die Frage gestellt, warum es ausreicht "nur" nach $N_X^j$ zu maximieren
\quoteoff
Die Aussage ist, dass in dem Gleichgewichtszustand, der sich irgendwann als Endzustand einstellen wird, die Entropie größer als in allen erreichbaren Nichtgleichgewichtszuständen ist. Diese Aussage bleibt richtig, wenn man nur eine eingeschränkte Menge von Nichtgleichgewichtszuständen betrachtet.
\quoteon(2023-09-26 01:43 - Seligman in Beitrag No. 13)
Aber sofern ich deine Ausführungen richtig verstehe, argumentierst du über Boltzmannsche Interpretation der Entropie als Funktional $S(\rho)= -k_b Spur(\rho \cdot \ln \rho)$ in Teilchendichtefunktionen $\rho$.
\quoteoff
Nein, das tue ich nicht. Ich zerlege nur das Volumen in viele kleine Volumina, wende für jedes die Entropie-Formel für ein Gemisch aus zwei idealen Gasen im Gleichgewicht an und addiere diese Teilentropien.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.15, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-26
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\quoteon(2023-09-26 07:39 - zippy in Beitrag No. 14)
Die Aussage ist, dass in dem Gleichgewichtszustand, der sich irgendwann als Endzustand einstellen wird, die Entropie größer als in allen erreichbaren Nichtgleichgewichtszuständen ist. Diese Aussage bleibt richtig, wenn man nur eine eingeschränkte Menge von Nichtgleichgewichtszuständen betrachtet.
\quoteoff
Also ist $dS=0$ so wie du es beschrieben hast, ein notwendiges, aber nicht zwingend hinreichendes Kriterium für TD Gleichgewicht, sofern es nur bei $N_X^j$ als Variationsparameter bleibt? Hypothetisch - zumindest sehe ich keinen Grund wieso nicht der Fall sein soll- können wir eben wie ich zuvor ausgeführt hab auf die Idee kommen, $S$ nicht nur bezüglich $N_X^j$, sondern auch irgendwelcher anderen Parametern, sagen wir $Y_1,Y_2,...$ unten Berücksichtung der gegeb Randbedingung zu maximieren.
Dann würde zwar das Verschwinden des Differentials $dS$ von $S$ bezüglich $N_X^j$ UND $Y_i$ das Verschwinden des Differentials eingeschränkt auf Differentiationen von $N_X^j$ implizieren, aber natürlich nicht umgekehrt.
(Ersteres bedeutet geometrisch ja, dass wir $S$ bezüglich größeren "Unterraum" (...was das auch immer für eine mathematische Struktur hätte:)) der behachbarten Nichtgleichgewichtszustände ("infinitesimal nahe Zustände) variieren, und wenn wir uns auf $N_X^j$ beschränken, hieße es ja wir variieren im kleineren Unterraum )
Vielleicht könnte man $dS=0$ als hinreichendes Gleichgewichtkriterium so deuten bzw "upgraden", indem man es so formuliert, dass wenn das System sagen wir in $U_0, V_0, N_0$ im Gleichgewicht ist, dann ist das äquivalent dazu, dass wenn wir $S$ um $U_0, V_0, N_0$ bezüglich ein beliebigen Variationsparameter $Y$ unter Einhaltung vorgegebener Randbedingunen variieren, $d_Y S=0$ gelten muss und umgekehrt impliziert es das "Sich im Gleichgewicht befinden", vorausgesetzt $d_Y S=0$ gilt wirklich für beliebigen Variationsparameter, den wir irgendwie "auftreiben können", solange Randbedingungen erfüllt werden.
Kann man $dS=0$ als Gleichgewichtkriterium so deuten?
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.16, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-27
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Nachtrag:
Ich denke, dass ich deine Aussage aus #No 14 zu Gleichgewichtszuständen
im letzten Post fehlgedeutet habe. Könntest du kurz drüberschauen, ob ich es jetzt richtig interpretiert habe?
Ist das dann stattdessen so gemeint, dass zwar der Gleichgewichtszustand
in der Tat derjenige ist, der den größten Entropiewert
bezüglich ALLER benachbarten Nichtgleichgewichtszustände entspricht,
aber um es (in der Praxis) rauszufinden - und zwar im hinreichenden(!) Sinne - reicht es schon aus (Wenn ja, warum? Kann man das formal begründen?) nicht alle überabzählbar viele benachbarten Nichtgleichgewichtszustände
zu variieren, sondern eben über eine gewisse eingeschränkte Menge davon, im obigen Beispiel zB die mit variierenden $N_X^j$?
Andere naheliegende Frage wäre, wie man aus der gesamten Menge
der benachbarten Nichtgleichgewichtszuständen, diese gewisse
eingeschränkte Menge von Nichtgleichgewichtszuständen raussuchen
kann, die erlaubt mittels der Untersuchung der Variation nur über diese bereitsim obigen Sinne ein hinreichendes Kriterium für Bestimmung des Gleichgewichtszustands zu liefern?
Mit anderen Worten: Gibt es eine "Hierarchie" unter den Teilmengen der benachbarten Nichtgleichgewichtszuständen, deren Uutersuchung alleine hinreichend für Auffindung des gesuchen Gleichgewichtszustandes liefert?
Also, gibt es sagen wir "besser geeignete" oder "weniger geeignete" Teilmengen der benachbarten Nichtgleichgewichtszuständen, die zur Bestimmung des Gleichgewichtszutndes als "Variationsmenge" verwendet werden können?
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 5147
 | Beitrag No.17, eingetragen 2023-09-27
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Die Charakterisierung eines Gleichgewichtszustands als Zustand maximaler Entropie unter den gegebenen Randbedingungen ist erstmal eher von theoretischem Interesse.
Analog zu anderene Variationsprinzipien kann man diese Charakterisierung natürlich verwenden, um eine untere Schranke für die Entropie des Gleichgewichtszustands herzuleiten.
Wenn man mehr will, nämlich eine exakte Bestimmung des Gleichgewichtszustands, muss man die zum Vergleich herangezogene Menge von Zuständen so groß wählen, dass sie den Gleichgewichtszustand enthält. Das erreicht man im Regelfall, indem man die Form des Gleichgewichtszustands so weit "errät", dass lediglich ein paar unbekannte Parameter übrigbleiben.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.18, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-29
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Also ich versuch mal zusammenzufassen: $dS=0$ formuliert als TD Gleichgewichtkriterium "ergibt erst dann Sinn", wenn man bereits a priori "weiß", dass innerhalb eines parametrisieren "Raums" durch bereits festgelegte Variationsparameter $X_1, X_2,..., X_n$ irgendwo ein Gleichgewichtzustand vorliegt und man annimmt (... wohl in der Praxis durch "raten" oder approximieren der Struktur von S), dass die Entropiefunktion $S$ nur von diesen Parametern abhängt, und $S$ jedem Punkt dieses Raumes wohldefiniert ist.
Dann nimmt das System nach axiomaischen Eigenschaften der Entropiefunktion das TDGleichgewicht im Maximum bzglich $X_i$ an, deswegen können wir das Differential $dS$ bezüglich der $X_i$ bilden und $dS=0$ als Gleichgewichtskriterium festlegen.
Anmerkung: soweit ich es verstehe, hängen $X_i$ ausschließlich von der intrinsischen Symmetrie des Systems ab und sind kontextabhängig, ergo müssen weder $X_i$ noch das Kriterium $dS=0$ a priori erwas mit "natürlichen Variablen" $U,V,N$ und dem "Phasenraum" parametrisiert durch eben jene $U,V,N$ zu tun haben. Dementsprechend wird das Differential $dS$ im Rahmen dieses Kriteriums ausschließlich aus Ableitungen nach $X_i$ bezogen / gebildet, richtig?
Erst wenn man das Maximum= TD Gleichgewicht bzgl der $X_i$ mittels dieses Kriteriums berechnet hat - sagen wir in $X_i^0$- dann existieren drei natürliche Variablen $U_0,V_0,N_0$, die dem mittlerweile berechneten TD Gleichgewicht in $X_i^0$ "zugeordnet" werden können und eine "quasistatische" Entropiefunktion $S_q(U,V, N)$ , die wiederum in den natürlichen Variablen $U,V,N$ definiert ist, mit
$S(X_1^0, ...X_n^0)= S_q(U_0,V_0,N_0) $
aber sonst hätte $S_q$ nichts mit dem Gleichgewichtskriterium $dS=0$ zu tun?
Wenn soweit stimmt, kann man dann a posteriori eine Beziehung zwischen $S$ und $S_q$ extrahieren von folgender Art:
Sei $S^U$ eine hypothetisch existente Entropiefunktion, die jedem denkbaren moglichen Zustand - ob im Gleichgewicht oder nicht - einen Wert zuordnet.
Natürlich kann man nicht jeden erdenklichen Zustand durch irgendeinen fixen Satz an Parametern beschreiben, man kanns manchmal "lokal" machen, sprich nicht alle Zustände, aber manchmal eine Teilmenge, wie man zB oben durch die $X_i$ gemacht hat (... wie man zum Finden solcher Parametrisierung kommt, ist situationbhängig; durch Raten, Daten fitten, etc, man nimmt jedenfalls es als "gegeben" an).
Dann wäre die Funktion $S$ ( von zuvor als Fkt in $X_i$) eine Einschränkung von $S^U$ auf den Teilraum der Zustände, die wir durch die Parameter $X_i$ parametrisiert haben, während $S_q$ nur auf Zustände im Gleichgewicht befindend parametrisiert durch $U,V,N$.
Und der Gleichgewichtszustand in $X_i^0$ wäre der einzige Schnittpunkt des Definitionsbereichs von $S$ und $S_q$, wobei dieser Zustand - sagen wir abstrakt gegeben als abstrakten Parameter $Z_0$ ( als solchen würde es zunächst $S^U$ "sehen"), je nachdem wir es als "Element" des Definitionsbereichs von $S$ oder $S_q$ durch den Tupel $(X_i^0)_i$ oder $(U_0,V_0,N_0)$ "beschrieben" wird.
Ist das sinnvolle Interpretation hinten dem Kriterium $dS=0$?
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 5147
 | Beitrag No.19, eingetragen 2023-09-29
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\quoteon(2023-09-29 15:22 - Seligman in Beitrag No. 18)
$dS=0$ formuliert als TD Gleichgewichtkriterium "ergibt erst dann Sinn", wenn man bereits a priori "weiß", dass innerhalb eines parametrisieren "Raums" durch bereits festgelegte Variationsparameter $X_1, X_2,..., X_n$ irgendwo ein Gleichgewichtzustand vorliegt [...]
\quoteoff
Nein, denn, wie schon gesagt:
\quoteon(2023-09-27 21:58 - zippy in Beitrag No. 17)
Die Charakterisierung eines Gleichgewichtszustands als Zustand maximaler Entropie unter den gegebenen Randbedingungen ist erstmal eher von theoretischem Interesse.
[...]
Wenn man mehr will, nämlich eine exakte Bestimmung des Gleichgewichtszustands, muss man die zum Vergleich herangezogene Menge von Zuständen so groß wählen, dass sie den Gleichgewichtszustand enthält.
\quoteoff
Man muss ja nicht mehr als die theoretische Charakterisierung wollen.
\quoteon(2023-09-29 15:22 - Seligman in Beitrag No. 18)
soweit ich es verstehe, hängen $X_i$ ausschließlich von der intrinsischen Symmetrie des Systems ab und sind kontextabhängig, ergo müssen weder $X_i$ noch das Kriterium $dS=0$ a priori erwas mit "natürlichen Variablen" $U,V,N$ und dem "Phasenraum" parametrisiert durch eben jene $U,V,N$ zu tun haben.
\quoteoff
Ich weiß nicht, was du mit "intrinsische Symmetrie des Systems" und mit "kontextabhängig" meinst.
Wir betrachten einen "großen" Zustandsraum $\mathcal Z$, der Gleichgewichts- und Nichtgleichgewichtszustände umfasst. Die Gleichgewichtszustände bilden eine Unterraum $\mathcal G\subset\mathcal Z$ und für diesen Unterraum kann man irgendwelche Größen $G_i$ als Koordinaten verwenden. Wir gehen davon aus, dass sich die $G_i$ ebenso wie die Entropie $S$ als Funktionen auf ganz $\mathcal Z$ definieren lassen.
Wenn wir nun zu einem Gleichgewichtszustand $g\in\mathcal G$ den Unterraum $\mathcal Z(g)=\{z\in\mathcal Z:\forall i.G_i(z)=G_i(g)\}$ betrachten, dann ist die Aussage, dass $S$ auf $\mathcal Z(g)$ ein lokales Maximum an der Stelle $g$ hat.
PS Für mich möchte ich das Thema mit diesem Beitrag gerne als abgeschlossen betrachten.
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Seligman
Aktiv  Dabei seit: 11.01.2020 Mitteilungen: 217
 | Beitrag No.20, vom Themenstarter, eingetragen 2023-09-29
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\quoteon(2023-09-29 18:38 - zippy in Beitrag No. 19)
Wir betrachten einen "großen" Zustandsraum $\mathcal Z$, der Gleichgewichts- und Nichtgleichgewichtszustände umfasst. Die Gleichgewichtszustände bilden eine Unterraum $\mathcal G\subset\mathcal Z$ und für diesen Unterraum kann man irgendwelche Größen $G_i$ als Koordinaten verwenden. Wir gehen davon aus, dass sich die $G_i$ ebenso wie die Entropie $S$ als Funktionen auf ganz $\mathcal Z$ definieren lassen.
Wenn wir nun zu einem Gleichgewichtszustand $g\in\mathcal G$ den Unterraum $\mathcal Z(g)=\{z\in\mathcal Z:\forall i.G_i(z)=G_i(g)\}$ betrachten, dann ist die Aussage, dass $S$ auf $\mathcal Z(g)$ ein lokales Maximum an der Stelle $g$ hat.
PS Für mich möchte ich das Thema mit diesem Beitrag gerne als abgeschlossen betrachten.
\quoteoff
Ok, könntest du aber noch auf ein Paar Punkte eingehen, es scheint bei mir genau da der Denkfehler zu stecken das ganze Puzzle zusammenzufügen?
Zunächst, soweit ich richtig verstehe, entspricht dieses Kriterium $dS=0$ in diesem Bild ja genau der Überprüfung, dass $S$ entschränkt auf $\mathcal Z(g)$(!) in $g$ das Maximum annimmt, richtig?
Wenn ja, dann muss aber $S$ entgeschränkt auf $\mathcal Z(g)$ als Funktion in gewissen Variablen ausdrückt werden können, damit überhaupt das Differential $dS$ dort überhaupt Sinn ergibt und damit dort es als Extremalproblem formuliert werden kann.
Die zentrale Frage ist jetzt, was sind diese Variablen? ( das ist genau der Kern meines Verständnisproblems)
Ein Versuch es zu verstehen:
Kann man dann das so interpretieren, dass diese "gewisse Varablen" genau denjenigen entsprechen, die du im letzten Satz in #No 17 mit "übrig bleibenden Parametern" gemeint hast, nachdem man $g$ als "Kandidaten" fürs Gleichgewicht mehr oder weniger irgendwie geschafft hat zu erraten?
Dann sind diese "übrig bleibenden Parameter" - nennen wir die mal $X_1, X_2,..., X_n$ -genau diejenigen, nach den $S$ auf $\mathcal Z(g)$ eingeschränkt maximiert wird, bzweise das Differential $dS$ gebildet wird, oder?
Wenn ja, dann sind diese $X_i$ übrigens genau was ich in #No 18 mit "von intrinsischer Symmetrie des Systems kommend" bzw "kontextabhängig" gemeint habe. "Kontextabhängig", da zB für einen anderen Gleichgewichtszustand $g' \neq g$ der Teilraum $\mathcal Z(g')$ durch einen anderen Variablensatz parametrisiert werden müsste.
Wenn das was ich ab "Ein Versuch..." geschrieben habe falsch ist, dann wäre die Frage wie sollte man sonst das Maximalproblem für $S$ auf $\mathcal Z(g)$ überhaupt formulieren können? Bezüglich welcher Variablen, wenn nicht denjenigen, die ich zuvon beschrieben habe?
Die müssen ja dann die Eigenschaft erfüllen $\mathcal Z(g)$ als Raum zu parametrisieren, damit dort überhaupt das Maximalproblemals $dS=0$ formuliert werden kann.
Der zweite Punkt: Verstehe ich es richtig, dass mit $G_i$ die natürlichen Variablen gemeint sind? Also deren Kenntnis nur ausreicht um den Zustand eindeutig zu bestimmen, wenn das System bereits im Gleichgewicht ist. Mathematisch also bijektiv nur auf $G$ als quasistatischen"Zustandsraum"?
Könntest du dir vielleicht noch einmaldie Zeit nehmen die Fragen durchzugehen? Denke, dass die im Grunde alle wesentlichen noch vorhandenen Verständnislücken zu der Anfangsfrage füllen sollten.
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 5147
 | Beitrag No.21, eingetragen 2023-09-29
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\quoteon(2023-09-29 22:20 - Seligman in Beitrag No. 20)
Die zentrale Frage ist jetzt, was sind diese Variablen?
\quoteoff
Aber das ist doch völlig egal. Wichtig ist nur, dass $S\colon\mathcal Z\to\mathbb R$ und die Einschränkung $S|_{\mathcal Z(g)}$ differenzierbar sind. Ob und welche Variablen du einführst, um $\mathrm dS$ auszurechnen, spielt doch keine Rolle.
\quoteon(2023-09-29 22:20 - Seligman in Beitrag No. 20)
Der zweite Punkt: Verstehe ich es richtig, dass mit $G_i$ die natürlichen Variablen gemeint sind?
\quoteoff
Der Begriff "natürliche Variablen" bezieht sich auf ein thermodynamisches Potential. An welches denkst du denn hier?
\quoteon(2023-09-29 22:20 - Seligman in Beitrag No. 20)
Also deren Kenntnis nur ausreicht um den Zustand eindeutig zu bestimmen, wenn das System bereits im Gleichgewicht ist.
\quoteoff
Ja, das hatte ich doch schon geschrieben:
\quoteon(2023-09-29 18:38 - zippy in Beitrag No. 19)
Die Gleichgewichtszustände bilden einen Unterraum $\mathcal G\subset\mathcal Z$ und für diesen Unterraum kann man irgendwelche Größen $G_i$ als Koordinaten verwenden.
\quoteoff
Damit diese Eigenschaft erfüllt ist, müssen wir soviele $G_i$ betrachten, wie die Dimension von $\mathcal G$ vorgibt. Außerdem müssen wir die "richtigen" $G_i$ betrachten, nämlich die, die wir als Randbedingungen für die betrachteten Nichtgleichgewichtszustände vorgeben.
Gehen wir nochmal zum Beispiel aus Beitrag Nr. 12: Hier ist $\mathcal G$ vierdimensional, wir betrachten also vier $G_i$. Vorgegeben wird die Energie, das Volumen, und die Teilchenzahlen. Also sind $U$, $V$, $N_1$, $N_2$ unsere vier $G_i$.
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Seligman hat die Antworten auf ihre/seine Frage gesehen. Seligman hat selbst das Ok-Häkchen gesetzt. |
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