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Autor |
ART: Freier Fall in schwarzes Loch |
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Themenstart: 2023-10-04
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Es geht um den rechnerisch relativ einfach behandelbaren freien Fall eines Körpers aus dem Unendlichen in ein Schwarzschildloch. Die Interpretation verstehe ich aber nicht ganz.
Ein freies Teilchen, welches, aus dem Unendlichen kommend und radial mit $v_{\text{ini}}(\infty)=0$ in ein SL fällt, wird in einiger Entfernung vom Schwarzschildradius wieder langsamer und erreicht diesen nur asymptotisch in der Zeit.
Wie ist das bitte zu verstehen? Denn inwiefern könnten SL dann in, von uns aus gesehen, endlicher (Koordinaten-)Zeit Masse ansammeln bzw. wie sollten sie überhaupt eigentlich entstehen?
Im $\text{Fließbach}$ steht dazu nur, das sei ein Problem, aber man könne es irgendwie lösen.
Könnte mir jemand dazu bitte einen Hinweis geben? Bzw. habe ich etwas missverstanden?
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AnnaKath
Senior  Dabei seit: 18.12.2006 Mitteilungen: 3858
Wohnort: hier und dort (s. Beruf)
 | Beitrag No.1, eingetragen 2023-10-04
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Huhu cisfinite,
meinem Verständnis nach benutzt "Du" einfach eine sehr seltsame "Uhr".
Ja, die (äussere) Schwarzschild-Metrik hat eine Koordinatensingularität am Ereignishorizont. Diese kann man so interpretieren, dass jedes einfallende Objekt in dieser Koordinatenzeit (von einem unendlich weit entfernten Beobachter aus gesehen, versteht sich) unendlich lange braucht, den Horizont zu erreichen (es also nie tut...).
Dies ist aber in meinem Verständnis im wesentlichen ein mathematisches Artefakt und keine physikalische Realität. In der Eigenzeit eines einfallenden Objekts braucht es natürlich ohnehin nur eine endliche Zeit; aber auch für entfernte Beobachter kann man Koordinaten wählen (wie etwa die Kruskal-Koordinaten), in denen Objekte in endlicher Koordinatenzeit in das Loch einfallen.
lg, AK
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DrStupid
Senior  Dabei seit: 07.03.2011 Mitteilungen: 947
 | Beitrag No.2, eingetragen 2023-10-04
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\quoteon(2023-10-04 20:44 - AnnaKath in Beitrag No. 1)
Diese kann man so interpretieren, dass jedes einfalle Objekt in dieser Koordinatenzeit (von einem unendlich weit entfernten Beobachter aus gesehen, versteht sich) unendlich lange braucht, den Horizont zu erreichen (es also nie tut...).
\quoteoff
Selbst bei dieser Interpretation fällt das Objekt ins Schwarze Loch, weil es sich dem Horizont nur bis auf seinen eigenen Schwarzschildradius nähern muss. Die vermeintlich unendliche Zeit ist auch hier nur ein Artefakt, das aus der als statisch angenommenen Raumzeit resultiert.
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Beitrag No.3, vom Themenstarter, eingetragen 2023-10-05
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Hallo AK
Die Koordinatenzeituhr ist eigentlich nichts besonderes. Sie ist nichts anderes, als eine ruhende Uhr im Inertialsystem des $\infty$-weit entfernten Beobachters, also sozusagen seine Eigenzeituhr. Aber in dieser Lage finden wir uns ja, wenn wir astronomische Beobachtungen an SL vornehmen.
Hallo DrStupid: Die Formulierung:
\quoteon[...] weil es sich dem Horizont nur bis auf seinen eigenen [sic ?] Schwarzschildradius nähern muss.
\quoteoff
verstehe ich nicht. Welche Rolle spielt der eigene SL-Radius des Objekts, das selber kein SL ist? Ich denke einmal, Verschmelzung zweier SL wäre noch ein ganz anderes Problemkaliber.
Aber, danke an beide.
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DrStupid
Senior  Dabei seit: 07.03.2011 Mitteilungen: 947
 | Beitrag No.4, eingetragen 2023-10-05
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\quoteon(2023-10-05 11:33 - cisfinite in Beitrag No. 3)
Welche Rolle spielt der eigene SL-Radius des Objekts, das selber kein SL ist?
\quoteoff
Der Ereignishorizont des Schwarzen Loches ist nicht statisch. Er wird durch die Gezeitenkraft des hineinfallenden Objektes so deformiert, dass er ihm entgegen kommt. Deshalb muss das Objekt nicht den kompletten Weg bis zum ursprünglichen Ereignishorizont zurück legen. Spätestens wenn es sich der Singulatität bis auf die Summe beider Schwarzschilradien genähert hat, verschwindet es hinter dem Ereignishorizont des um die Masse des hineinfallenden Objektes schwerweren Schwarzen Loches.
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PhysikRabe
Senior  Dabei seit: 21.12.2009 Mitteilungen: 2946
Wohnort: Rabennest
 | Beitrag No.5, eingetragen 2023-10-05
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\quoteon(2023-10-05 11:33 - cisfinite in Beitrag No. 3)
Die Koordinatenzeituhr ist eigentlich nichts besonderes. Sie ist nichts anderes, als eine ruhende Uhr im Inertialsystem des $\infty$-weit entfernten Beobachters, also sozusagen seine Eigenzeituhr. Aber in dieser Lage finden wir uns ja, wenn wir astronomische Beobachtungen an SL vornehmen.
\quoteoff
Schon, aber für ein Objekt, das in das schwarze Loch fällt, ist das dann eben keine sinnvolle Zeitkoordinate, da sie eine Singularität besitzt. Das Objekt fällt dennoch in endlicher Zeit hinein.
Zur Ergänzung, da du "schwarzes Loch" mit "SL" abzukürzen scheinst:
\quoteon(2023-10-05 11:33 - cisfinite in Beitrag No. 3)
Welche Rolle spielt der eigene SL-Radius des Objekts, das selber kein SL ist?
\quoteoff
Es gibt keinen "SL-Radius" oder "Schwarzlochradius". Die Rede ist vom Schwarzschild-Radius. Das ist dir vermutlich klar, ich wollte es nur betonen, um etwaige Missverständnisse auszuräumen.
Grüße,
PhysikRabe
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Beitrag No.6, vom Themenstarter, eingetragen 2023-10-05
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Hallo DrStupid, das liest sich aber leider nicht so, als sei das "einfach" zu rechnen! Kann man evtl. wenigstens eine typische Verschmelzungszeit schätzen?
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cisfinite
Aktiv  Dabei seit: 31.01.2023 Mitteilungen: 102
 | Beitrag No.7, vom Themenstarter, eingetragen 2023-10-05
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Hallo PhysikRabe,
sicher fällt das Objekt in endlicher Eigenzeit hinein. Das ist aber nicht meine Zeit als Astronom, der sehr weit entfernt ist. Ich sehe nur wie das Objekt immer langsamer und "röter" wird, erlebe aber nie den (imaginierten) "Plopp" beim Erreichen des Schwarzschildradius.
Die Frage, die für mich dahinter steht, ist, wieso man das Wachsen SL durch Massenakkretion eigentlich beobachtet. Oder beobachtet man genau genommen nur, wie sich die einfallende Materie immer näher an den Schwarzschildradius annähert, was für den weit entfernten Beobachter wahrscheinlich weder optisch noch gravitativ einen beobachtbaren Unterschied machen würde, zu dem Fall, dass die Materie den Schwarzschildradius überschreitet, zumal dieser ja nichts "physikalisches" im engeren Sinne bedeutet.
Es sei denn, so wie es DrStupid andeutet, unmittelbar in der Nähe des Schwarzschildradius passiert etwas neues, was meine einfache Überlegung ersetzen würde.
Zu meiner Abkürzung "SL-Radius", die war ungeschickt. Ich hatte mir dabei zwar etwas gedacht, was es aber scheint's nicht besser gemacht hat.
Viele Grüße
c-is-finite
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DrStupid
Senior  Dabei seit: 07.03.2011 Mitteilungen: 947
 | Beitrag No.8, eingetragen 2023-10-05
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\quoteon(2023-10-05 16:29 - cisfinite in Beitrag No. 6)
das liest sich aber leider nicht so, als sei das "einfach" zu rechnen!
\quoteoff
Ja, das ist leider sehr kompliziert. Das Problem fängt ja schon damit an, dass man gar nicht so einfach definieren kann, wann das Objekt aus Sicht des externen Beobachters im Schwarzen Loch verschwindet. Im Grunde müsste man dafür berechnen, wann es die letzte Information vom Objekt zum Beobachter schafft. Das ist alles andere als trivial.
Man kann aber abschätzen, wie lange es dauert, bis sich das Objekt einem als statisch angenommenen Schwarzen Loch bis auf seinen eigenen Schwarzschildradius nähert. Dann müsste es bei einem realen Schwarzen Loch hinter dem neuen Ereignishorizont verschwunden sein. Wenn das Objekt im Abstand von x Schwarzschildradien (des Schwarzen Loches) startet, dann gilt für x<<1
\(
\Delta t \approx \frac{{2 \cdot G \cdot M}}{{c^3 }} \cdot \ln \left( {x \cdot \frac{M}{m}} \right)
\)
wobei M und m die Masse des SL und des Objektes sind.
Wenn beispielsweise ein Mensch mit 80 kg in 100 Meter Entfernung vom Ereignishorizont eines Schwarzen Loches mit der Masse der Sonne startet, dann wird er in 0,6 Millisekunden verschluckt. Das geht also ziemlich schnell.
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cisfinite hat die Antworten auf ihre/seine Frage gesehen. cisfinite hat selbst das Ok-Häkchen gesetzt. |
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